Zwei Betriebe, das Dominikus-Ringeisen-Werk aus Ursberg und die Stiftung Sankt Johannes aus Marxheim-Schweinspoint, unternehmen gemeinsam mit der Arbeitsagentur aktiv etwas, um dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Sie bieten Bewerbern aus der Europäischen Union (EU) die Chance, sich in den beiden Einrichtungen zur/zum Heilerziehungspfleger/in ausbilden zu lassen.
Damit Arbeitgeber und Bewerber zusammenkommen, hat Anja Coenen, EURES-Beraterin bei der Agentur für Arbeit Donauwörth, in Kooperation mit dem Internationalen Personalservice (IPS) der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung zwei Bewerbertage organisiert. Damit ging ein bundesweites Pilotprojekt im Beruf Heilerziehungspflege an den Start.
Insgesamt neun Teilnehmer/innen aus Italien, Spanien, Slowenien und der Slowakei nahmen das Angebot an und trafen sich mit den Personalverantwortlichen der beiden Einrichtungen. Der erste der beiden Bewerbertage stand im Zeichen des Kennenlernens. Charlotte Glötzner vom IPS informierte über die EU-Fördermittel, die im Zusammenhang mit der Bewerbung (z.B. Hotel- und Reisekosten zum Vorstellungsgespräch) und dem Beginn der Ausbildung (z. B. die Kosten für einen Sprachkurs im Heimatland bei Einstellungszusage oder auch eine Unterstützung bei den Umzugskosten) übernommen werden können. Neben Informationen zum Ablauf der Ausbildung zum/zur Heilerziehungspfleger/in und einer Vorstellung der beiden Einrichtungen wurden mit jedem Bewerber Vorstellungsgespräche geführt. Für jede Sprache standen Dolmetscher bereit, damit alle Informationen zu verstehen waren.
Tag 2 der beiden Bewerbertage wurde für die Fahrt zu den Arbeitgebern genutzt. Auf dem Programm standen eine Hospitation bei der täglichen Arbeit, die künftigen Kollegen konnten sich Kennenlernen und der Ausbildungsort und die Wohnmöglichkeiten wurden besichtigt. Das Ende des Tages wurde von den angereisten Bewerbern mit Spannung erwartet, denn dann wurde das Ergebnis der Bewerbungen bekannt gegeben. Die Freude war riesengroß, dann alle neun bekamen eine Einstellungszusage!
Eine Bewerberin hat ein wenig aus ihrem Berufsleben erzählt und schildert auch die Gründe, warum sie sich für einen Neuanfang fern der Heimat entschieden hat:
Alessandria Grossi ist 46 Jahre alt und wohnt mit ihrer Familie im Großraum Rom. Sie spricht sehr gut Deutsch, weil sie in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Bis zu ihrem 13. Lebensjahr hat sie in Rottweil, Baden-Württemberg, die Schule besucht, dann sind die Eltern mit der gesamten Familie wieder nach Italien zurückgezogen. Die quirlige Italienerin hat drei Berufe – Buchhalterin, Friseurin und Kosmetikerin – und hält sich seit sechs Jahren mit verschiedenen befristeten Stellen und Nebenjobs über Wasser. Damals schloss die Firma, bei der sie 18 Jahre als Sachbearbeiterin beschäftigt war. Jetzt erhofft sie sich durch das EURES-Programm die Chance auf einen Beruf, den sie dauerhaft und den Rest ihres Berufslebens ausüben kann. Ihre beiden Kinder (10 und 12 Jahre alt), die während der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin vom Ehemann, den Großeltern und Verwandten in Italien betreut werden, würde sie irgendwann gerne nach Deutschland holen. Der sozial-pflegerische Bereich, in dem sie künftig arbeiten möchte, ist nichts Unbekanntes für Alessandria. Ihre Mutter ist Krankenschwester und selbst begleitet sie seit einigen Jahren behinderte Kinder auf ihrem Schulweg.
Und wie geht es jetzt weiter?
Im Mai 2020 startet für alle ein sechsmonatiger Vorkurs, bei dem Grundkompetenzen vermittelt werden und ein Augenmerk auch auf Deutschkenntnisse gelegt wird, um die Teilnehmer auf die Anforderungen in der Ausbildung vorzubereiten. Gleichzeitig werden die Teilnehmer bei ihrem Arbeitgeber auf Helferbasis eingestellt, um eine entsprechende Berufserfahrung im sozialen Bereich zu sammeln, bevor die Ausbildung im September 2021 startet. Nach einem Jahr ist man dann Heilerziehungspflegehelfer/in und bei Eignung wird die Ausbildung bis zum Heilerziehungspfleger/in weitergeführt, was ja das eigentliche Ziel des Projekts ist.
Anja Coenen von der Donauwörther Arbeitsagentur berichtet vom großen Engagement, welches die Arbeitgeber bei der Einstellung der künftigen Fachkräfte zeigen. Sie unterstützen ihre Beschäftigten z. B. bei der Erledigung der schriftlichen Angelegenheiten, bei Behördengängen oder auch Wohnraumbeschaffung um sicherzustellen, dass das Ziel der Ausbildung – ein erfolgreicher Berufsabschluss für den Arbeitnehmer und Fachpersonal für den Arbeitgeber – nicht gefährdet wird.
Für die EURES-Beraterin war das nicht die erste Aktion dieser Art. Sie hat in den vergangenen Jahren bereits drei solcher Bewerbertage organisiert. Zweimal wurden Bewerber für die Ausbildung in der Altenpflege gesucht und einmal zum Anlagenmechaniker - Heizung/Sanitär/Klimatechnik. Aktuell befinden sich in unserer Region bereits 11 EU-Bürger/innen in der Ausbildung zum/zur Altenpflegehelfer/in bzw. Altenpfleger/in und zwei werden Anlagenmechaniker.
Und das nächste Projekt ist auch schon wieder in Vorbereitung. Dann werden Bewerber für die Ausbildung zum Pflegefachmann/frau mit Start im September 2021 gesucht. (pm)