Die Corona-Krise hat die Wirtschaft in Bayerisch-Schwaben gespalten. Das zeigt die IHK-Konjunkturumfrage zum Frühjahr 2021 deutlich. Während viele unmittelbar vom Lockdown betroffene Unternehmen weiter um ihre Existenz kämpfen, sind andere Branchen auf Wachstumskurs. Insgesamt ist die regionale Wirtschaft nach dem massiven Einbruch zu Beginn der Corona-Krise aber wieder zuversichtlicher. „Um diesen Aufwärtstrend zu verstetigen, braucht die Wirtschaft neben unmittelbaren Hilfen für das Reise- und Gastgewerbe sowie den Einzelhandel ein nachhaltiges Konjunkturprogramm. Nur so können die Unternehmen vorhandene Wachstumspotenziale entfalten und langfristig international wettbewerbsfähig bleiben“, sagt Dr. Andreas Kopton, Präsident der IHK Schwaben.
Zur Jahreswende hatte das Wiederaufflammen der Corona-Pandemie viele Unternehmen im Handel, der Produktion und den Dienstleistungen tief verunsichert. Nun setzt sich der im vergangenen Sommer eingeleitete Aufwärtstrend wieder fort. Der IHK-Konjunkturindex, der neben der aktuellen auch die künftige Geschäftslage abbildet, erreicht in der Mai-Umfrage einen Wert von 115 Punkten. Er liegt damit sechs Punkte über dem Ergebnis aus der Herbstumfrage und nur noch drei Punkte entfernt vom Wert vor der Corona-Krise. 42 Prozent aller Unternehmen beurteilen die aktuelle Geschäftslage mit gut, die Zahl der kritischen Stimmen ist leicht zurückgegangen.
Reise- und Gastrobranche sowie Teile des Einzelhandels sind massiv getroffen
„Dieses Bild darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Konjunktur aktuell zwei Gesichter hat“, sagt Kopton. „Während die Industrie an Kraft gewinnt, stehen Teile des stationären Einzelhandels und das Reise- und Gastgewerbe vor akuten existenziellen Problemen.“ So beurteilen 95 Prozent der Unternehmen aus dem Reise- und Gastgewerbe ihre Geschäftslage als schlecht. Im Einzelhandel sind es rund 41 Prozent. Auch wenn sich abzeichnet, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen zunehmen wird, ist eine branchenübergreifende Insolvenzwelle derzeit nicht in Sicht. Die von der Politik in Aussicht gestellten Öffnungsschritte geben Anlass zur Hoffnung. „Jetzt muss die schnelle und konsequente Umsetzung der angekündigten Öffnungsstrategie erfolgen“, fordert Kopton. „Wir brauchen ein Ende der ewigen Lockdown-Dauerschleife, die einzig auf die Inzidenzwerte der letzten sieben Tage setzt. Schnell Impfen, regelmäßiges Testen und digitales Nachverfolgen – das sind auch die Voraussetzungen für wirtschaftliche Erholung“, so der IHK-Präsident. Zwingend notwendig dafür ist eine konsequente Digitalisierungsstrategie. „Die Unternehmen haben es in der Krise vorgemacht und einen enormen Digitalisierungsschub erzeugt. Warum sollte das nicht auch im öffentlichen Sektor funktionieren“, fragt Kopton.
Exportwirtschaft ist Motor der konjunkturellen Entwicklung
Motor der aktuellen konjunkturellen Erholung ist die Industrie. Vor allem die heimische Exportwirtschaft profitiert vom Aufschwung in den USA und der stark steigenden Nachfrage aus China. Beinahe jedes zweite bayerisch-schwäbische Industrieunternehmen beurteilt die aktuelle Geschäftslage als gut – das ist ein höherer Anteil als direkt vor der Corona-Krise. Jeder dritte Betrieb rechnet sogar mit einer weiteren Verbesserung der Konjunktur. Allerdings sind die Aussichten nicht ungetrübt. „Die Sorge vor weiter steigenden Energie- und Rohstoffpreisen und instabilen Lieferketten wächst täglich “, berichtet IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Marc Lucassen. Auch der Fachkräftemangel wird wieder verstärkt als Risiko wahrgenommen. „Qualifizierte Mitarbeiter sind für die Unternehmen eine zentrale Voraussetzung für weiteres Wachstum. Dementsprechend gut sind die Ausbildungs- und Beschäftigungsperspektiven für junge Menschen in Bayerisch-Schwaben auch in diesem Jahr“ sagt Lucassen. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen geht von gleichbleibenden Beschäftigtenzahlen aus, 16 Prozent planen sogar, Personal aufzustocken, was sich ebenso an der Zahl angebotener Ausbildungsplätze in der Region ablesen lässt. So finden sich allein in der digitalen IHK-Lehrstellenbörse aktuell rund 1.600 offene Ausbildungsplätze.
Zuversicht unter den Unternehmen wächst wieder
Die Aussichten für die kommenden Monate sind über alle Branchen hinweg gesehen vorsichtig optimistisch. 28 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sich ihre Geschäftslage weiter verbessert, 17 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Das spiegelt sich auch in den Umsatzerwartungen für das Jahr 2021 wider. 63 Prozent der Unternehmen rechnen damit, einen ähnlichen Jahresumsatz wie 2020 zu erreichen. Angesichts einer industriellen Exportquote von annähernd die Hälfte wird dem Außenhandel eine entscheidende Rolle zukommen. Wichtig ist es, in diesem Kontext bestehende Unsicherheiten abzubauen, fordert Kopton abschließend. „Die regionalen, nationalen und internationalen Wirtschaftsbeziehungen müssen flexibler und resilienter werden, besonders im Verhältnis der Europäischen Union zu den USA und China, also in den Kraftzentren der globalen Wirtschaft.“ (pm)