Stadtgeschichte

Ein Rückblick auf die Geschichte der Hochwasserfreilegung von Donauwörth

Weihnachtshochwasser 1919 in Donauwörth Bild: Stadtarchiv Donauwörth
Was wäre, wenn…? Was wäre in diesen Tagen in Donauwörth geschehen, wenn nicht am 27. Juli 1989 ein Spatenstich getätigt worden wäre, mit dem die Große Kreisstadt vor einer Jahrhunderte waltenden „Geißel“ – nämlich dem Hochwasser – geschützt werden sollte.
Ein Gastartikel von Paul Soldner

Dr. Alfred Böswald, der in 32 Jahren als Erster Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister Meilenstein um Meilenstein für den Fortschritt Donauwörths setzte, hat damit aus meiner Sicht – und ich hatte dies auch mehrmals als Journalist geäußert – das bedeutendste Vorhaben seiner Amtszeit der Realisierung zugeführt. Überzeugt von der Richtigkeit seines Tuns, gepaart mit Hartnäckigkeit und Ausdauer. Und gegen anfängliche Bedenken/Widerstände von Stadtrat, Bürgerschaft und Geschäftswelt.

Böswald hatte sich bereits Mitte der 1970er Jahre mit dem Thema intensiv beschäftigt. Dafür wurde ein Modellversuch an der Technischen Universität München in Obernach in Auftrag gegeben. Ende 1979 wurde bei einem Bürgerforum der Bauentwurf des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth vorgestellt. 250 Besucher waren damals im Sitzungssaal des Rathauses anwesend. Kurz darauf wurde gegen die Pläne Stimmung gemacht: Mit Plakaten in Schaufenstern und 92 Unterschriften von Gegnern. Im Februar 1981 beschloss der Stadtrat mehrheitlich, dass wegen der Finanzierung des Projekt neue Verhandlungen mit dem Freistaat aufgenommen werden sollten.

(Als 1981 der Stadtrat erneut in Obernach war, war ich als Journalist mit vor Ort. Seit ich 1980 nach Donauwörth gekommen war, hatte ich meist die mediale Berichterstattung für dieses Großprojekt inne. In Gesprächen hatte mir Böswald später gesagt, dass er ob der Gesamtsituation manchmal schier am verzweifeln war bzw. sogar ans Aufgeben gedacht habe).

Die Stimmung kippte nach einem Hochwasser 1982

Als im Februar 1982 das Ried von Hochwasser heimgesucht wurde – dort mussten sogar Stege für die Fußgänger aufgebaut werden – kippte die Stimmung. Im Mai jenes Jahres wurde beschlossen, dass die rechte Wörnitzseite als erste Baustufe realisiert werden sollte. Es bildete sich eine zweite Bürgerinitiative – nun pro Hochwasserfreilegung der gesamten Altstadtinsel Ried. Nach mühsamen Verhandlungen erreichte Dr. Böswald Anfang 1983, dass die Kommune sich nur mit 23 Prozent an den vom Freistaats zu tragenden Baukosten beteiligen müsse. Der Lärm der Rammungen und die „hässliche Metallwand“ wurden dabei lautstark kritisiert. Als 1987 beim erneuten Hochwasser die Keller rechts der Wörnitzbrücke trocken blieben, ebbte der Widerstand merklich ab.

Parallel dazu liefen seit Anfang der 1980er Jahre die Bemühungen um die Höherlegung der Westspange, was für die Wirkung des Gesamtpaketes enorme Bedeutung hatte. Streit entwickelte sich dann aber über die lichte Weite der zu errichtenden Brücke. Mehrere Tekturpläne wurden ausgearbeitet und nach Stadtratsentscheidungen erfolgte schließlich am 27. Juli 1989 der eingangs erwähnte erste Spatenstich für die Höherlegung der wichtigen Verbindungsstraße, die einmal – an das Jahr erinnere ich mich nicht mehr genau – für 30 Tage gesperrt war. Und es war gleichzeitig ein Anschub für den sich artikulierenden Stimmungsumschwung.

„Ist das End‘ gut, war nichts vergeblich.“

Hochwasser im Ried im Jahr 1955. Bild: Stadtarchiv Donauwörth

Der im März 1985 vom Magistrat gefasste Beschluss „verkehrsberuhigte Zone Ried“ sah dann mit vor, dass das Rieder Tor für den Autoverkehr geschlossen wird. Aber es gab immer wieder Verzögerungen für den Hochwasserschutz der Insel Ried. Doch mit einem maschinellen „Spatenstich“ durch Böswald am 4. November 1992 ging das Projekt in seine letzte, erfolgreiche Runde. Am 25. Oktober 1995 fand ein Festakt zur Übergabe des Jahrhundertwerks statt.

An Gesamtkosten fielen 16,357 Millionen Mark an, davon 8,3 Mio. für die Insel Ried, rechte Wörnitzseite und linke Donauseite zusammen 8,0 Mio. Mark. Verbaut wurden u.a. 2000 m Deiche und 1590 m Schutzmauern einschließlich Spundwände. Der Eigenanteil an den Gesamtkosten betrug für die Stadt Donauwörth 3,762 Millionen Mark.

Einige Jahre danach erfolgte noch die Hochwasserfreilegung des Areals Erlen-/Pappelweg. Beim offiziellen Abschluss am 22. November 2001 zitierte dort OB Dr. Alfred Böswald den Humanisten und Freidenker Sebastian Frank mit den Worten: „Ist das End‘ gut, war nichts vergeblich.“

Gastautor: Paul Soldner