Nachruf

Ein erfülltes Forscherleben

Hartmut Steger Bild: Fotohaus Finck
Am 21. Oktober 2024 konnte Hartmut Steger noch seinen 90. Geburtstag begehen, am 21. Januar 2025 ist er im Kreis seiner Familie verstorben.

Im Trauergottesdienst fand Pfarrer Klaus Haimböck, Wallerstein, in seiner einfühlsamen Predigt nicht nur Worte des Trostes, sondern führte auch den Lebensweg des Verstorbenen anschaulich vor Augen. Hartmut Steger wurde im Familiengrab auf dem auf dem Nördlinger Friedhof beigesetzt. 

Hartmut Steger wurde am 21. Oktober 1934 in Weilheim (Obb.) als Letztes von vier Geschwistern der Pfarrerseheleute Gustav und Erika Steger geboren. Mit der Versetzung des Vaters 1939 auf die Pfarrstelle in Grosselfingen kam die Familie ins Ries. Das dortige Pfarrhaus wurde nun Hartmuts neues Zuhause. Hier in Grosselfingen besuchte er in den Jahren 1941 bis 1944 die Volksschule, um 1944 auf die Oberschule in Nördlingen zu wechseln. An der hiesigen Oberrealschule mit Gymnasium machte Hartmut dann sein Abitur. Es folgten in den Jahren 1955 bis 1960 das Diplom-Studium der Lebensmittelchemie in Tübingen und Erlangen und 1961 der Eintritt in die Firma Piper-Fleming in Wallerstein. 

Zwei Jahre später ging Hartmut Steger mit Magda, geborene Schneider, die Ehe ein, aus der die Tochter Gudrun und die Söhne Friedrich und Gernot hervorgingen. Von 1983 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 1997 arbeitete Hartmut Steger in der Firma Kurt Kitzing (Nachfolge der Firma Fleming), nur einen Steinwurf von seinem Wohnhaus in Wallerstein entfernt. 

Seine Leidenschaft war die Forschung

Zu Hartmut Stegers Leidenschaften gehörten die Musik, die Dialektforschung, die historische Forschung in den Archiven und das Engagement für die Natur. Nicht zu vergessen ist sein stetes Interesse an der Geologie. All das belegt die Vielseitigkeit des leidenschaftlichen Forschers Hartmut Steger. Einer breiten Öffentlichkeit wurde er bekannt durch seine Vorträge, seine musikalischen Auftritte, seine Lesungen und Führungen. Er spielte nicht nur Gitarre und Kontrabass, sondern gründete auch die „Wallersteiner Hausmusik“, die zusammen mit den „Wallersteiner Nachtwächtern“, deren Mitglied Hartmut Steger ebenfalls war, ein viel gebuchter musikalischer Botschafter des Rieses war. Das Ende dieser Institutionen hinterließ eine große Lücke im kulturellen Angebot des Rieses. 

Hartmut Steger war aber auch Initiator und Gründungsmitglied des 1956 ins Leben gerufenen Grosselfinger Posaunenchors und 1992 zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Internationalen Rosetti-Gesellschaft, deren erweitertem Vorstand er zwischen 2006 und 2017 als Beisitzer angehörte. An der einstigen Antonio-Rosetti-Musikschule Wallerstein gab Steger viele Jahre lang Gitarreunterricht. Und nicht zuletzt war er auch maßgeblich am Zustandekommen der Partnerschaft zwischen den Gemeinden Wallerstein und Couches in Frankreich beteiligt. Für sein so vielfältiges Engagement wurde Hartmut 1992 die Sieben-Schwaben-Medaille des Bezirks verliehen. 

Verleihung des Rieser Kulturpreises im Jahr 2005

Wie groß mag seine Freude gewesen sein, als er einen in die Musikgeschichte des Rieses eingegangenen Notenfund auf dem Dachboden des Wallersteiner Rathauses gemacht hat. Im Rahmen zweier Veranstaltungen der Rieser Kulturtage konnte dieser Fund einer interessierten Öffentlichkeit präsentiert werden. Der Verein Rieser Kulturtage würdigte Stegers Verdienste mit der Verleihung des Rieser Kulturpreises im Jahre 2005. 

Hartmut Steger verfasste mehrere Bücher

Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen gehörte das mit seinen Jugendfreunden aus Grosselfingen erarbeitete Grundlagenwerk „Wörterbuch der Rieser Mundarten“, das längst zu einem Standardwerk geworden ist. Das von ihm als Mitautor verfasste Buch „Vergangene Burgen und Herrensitze. Eine Spurensuche im Blickfeld des Rieses“ ist zu einem Klassiker geworden, große Beachtung fand sein Werk „Der Felsen – Das Wahrzeichen von Wallerstein. Entstehung und Geschichte.“ Viele weitere Bücher zu historischen und kulturgeschichtlichen Themen ließen sich anführen. 

Hartmut Steger veröffentlichte aber auch zahlreiche Beiträge in den Dokumentationsbänden der Rieser Kulturtage, in den Jahrbüchern des Historischen Vereins für Nördlingen und das Ries sowie in der (1992 leider eingestellten) Zeitschrift Der Daniel (Nordschwaben). 

Berufliche Tätigkeit auf der Harburg

Zwischen 2000 bis 2013 betreute er die beiden fürstlich oettingischen Archive auf der Harburg. In dieser Zeit stand er zahlreichen Forscherinnen und Forschern hilfsbereit und sachkundig zur Seite, führte aber auch so manche Ordnungs- und Verzeichnungsarbeit durch. Auch in der Zeit danach war Hartmut Steger ein gern gesehener Gast auf der Harburg. Äußerst hilfreich sind die von ihm erarbeiteten Repertorien als wichtige Hilfsmittel zum Auffinden der in den Publikationsreihen der Rieser Kulturtage, des Rieser Heimatboten und des Rieser Geschichtsfreundes veröffentlichten Aufsätze. In seinem Heimatort Wallerstein ordnete und verzeichnete er das Gemeindearchiv und schuf so die Grundlage für historische Forschungsarbeiten und für Recherchen der Verwaltung. 

Seine im Rahmen des Neujahrsempfangs der Marktgemeinde gehaltenen Vorträge zur Geschichte des Marktortes und des Fürstlichen Hauses haben stets neue Forschungsergebnisse gebracht. Und nicht zuletzt übertrug er im Auftrag der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft über 4000 von Gustav Wulz erarbeitete Urkundenregesten aus dem Urkundenbestand des Nördlinger Stadtarchivs in eine Datei, um sie so für weitere Forschungen zur Verfügung zu stellen. 

Wer Hartmut kannte, wird sich auch an seine Bescheidenheit, seinen Humor, seine stete Hilfsbereitschaft und sein großes handwerkliches Können erinnern. Mit großer Freude hat er zum Beispiel den Künstler und Bildhauer Sebastian Fink (1933-2010) an die Orte seines Kunstschaffens gefahren, als es diesem nicht mehr möglich war, größere Strecken mit dem Auto zurückzulegen. Hartmut half, wo er konnte. Nicht nur im kulturellen Bereich, sondern zusammen mit seiner Frau Magda auch bei den Rieser Naturschutzverbänden, denen er ebenso fehlen wird wie dem Historischen Verein und dem Verein Rieser Kulturtage. 

Als er 2005 den Kulturpreis des Vereins Rieser Kulturtage erhielt, da war es ihm wichtig, zuallererst seiner Frau Magda zu danken, die ihm den Freiraum gab, seinen Leidenschaften nachgehen zu können. Bernd Schied meinte in seinem Nachruf auf Hartmut Steger völlig zu Recht: „Mit seinem Tod verliert die Region eine Persönlichkeit, die nicht nur in der historischen Forschung fehlen wird.“

Text: Dr. Wilfried Sponsel