„Lustig ist die Fasenacht...“
„1922 nach Christus: Während das ganze Ries im Faschingsschlaf verharrt... das ganze Ries? Nein, denn in einem kleinen spitzbübischen Dorf probt ein Einzelner den Faschingsaufstand.“ In Anlehnung an Asterix erzählte Kunzmann, wie der damals 15-jährige Franz Rauwolf, ausgestattet mit Strohhut und einem Gedicht, von Haus zu Haus zog und um Guazle (Süßigkeiten) bettelte. 1928 gab es dann den ersten Umzug mit nur einem Wagen. Doch dieser war bereits sensationell: ein Pfugkarren, umgebaut zu einem Flugzeug. Langsam wurde es zur Tradition, in kleinen Gruppen mit 10 bis 15 Maskierten, an Fasnacht von Haus zu Haus zu ziehen, um dort einzukehren. Statt Krapfen gab es damals Schneckennudeln. Am Faschingsdienstag fand um 14 Uhr der Gottesdienst statt und anschließend der Umzug, bei dem auf mannshohen Bildtafeln, ähnlich denen der Moritaten-Sänger, auf die ein oder andere Begebenheit im Dorf, auf spöttische Weise, aufmerksam gemacht wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg inszenierte der Singkreis 1954 wieder einen Umzug mit dem Thema „Zirkus“.
Umzug nur für Einheimische
Bis Ende der 1970er Jahre gab es so gut wie keine Zuschauer, mit Ausnahme der Megesheimer selber. Dann jedoch stiegen die Zuschauerzahlen in 1000er-Schritten, wobei man anmerken muss, dass der „Wilde Haufen“ weder organisiert noch gelenkt geschweige denn versichert war. Wie Kunzmann weiter erläuterte, habe Lorenz Lechner per Unterschrift beim Landratsamt die persönliche und private Haftung übernommen. Am 7. Januar 1987 trafen sich dann 70 Faschingsverrückte zur Vereinsgründung. Allerdings dauerte es noch zwei weitere Jahre bis Megesheim mit einer eigenen Garde aufwarten konnte. Am 29. September fand unter Jacqueline Noe das erste Training der 14 Mädels statt, die sich noch ganz genau daran erinnerten, dass sie anfangs nur marschieren mussten. Nachdem sämtliche der typischen Farbkombinationen „rot-weiß“, „blau-weiß“ und „grün-weiß“ schon vergeben waren, entschied man sich für „lila-weiß“, das die Megesheimer Garde auch heute noch unverwechselbar macht. Die Kostüme für den Showtanz wurden selbst genäht. Seit 1994 gibt es das Männerballet.
„Oh“ und „Ah“ und „Weißt Du noch“
Nicht nur ein Raunen ging durch die Menge und viele Erinnerungen wurden wach, als auf der Leinwand die vielen Bilder der Umzüge gezeigt wurden. Viele erkannten sich wieder. Und man hörte nicht nur ein Mal „Ach, das war doch damals als...“, denn die Faschingsfreunde Megesheim überraschen jeder Jahr mit einem neuen Motto. Viele Anspielungen wurden jedoch von den auswärtigen Zuschauern nicht verstanden. Deshalb gab es die 5-seitige Faschingszeitung, in der Kunzmann die Wagen erklärte. Ab 1990 erschien dann „Dr Rupfr“. Der Titel geht natürlich auf den Schlachtruf der Megesheimer „Ho Ho Ho – Rupfido“ zurück. Dessen Ursprungsgeschichte wird im Buch ebenso nachzulesen sein, wie die zahlreichen Anekdoten. Der Autor hat im Vorfeld viele Zeitzeugen interviewt und diese Gespräche auf Kassette aufgezeichnet. Eigentlich schade, dass diese jetzt nur in gedruckter Form erscheinen werden, denn die Aufnahmen, die im Rahmen der Präsentation eingespielt wurden, sind selbstverständlich unvergleichbar in ihrer Authentizität.
Jeder kommt dran
Wer nicht schon beim Umzug veräppelt wurde, kam spätestens beim legendären „Kischtle“ am Kehraus dran. Wie Kunzmann erläuterte, dachte er beim „Kischtle“ an die „Speaker“ im Londoner Hide Park. Dort kann sich jeder auf eine Holzkiste stellen und ungestraft seine Meinung sagen. Auch diese „Büttenreden“ werden erstmals in Schriftform erscheinen. Sein Talent des Reimens nutze Kunzmann auch bei der Sponsorensuche. Für jedes Unternehmen in Megesheim, Oettingen und Hainsfarth schrieb er eine Werbebotschaft in Form eines kleinen Gedichtes. Abgelöst wurde das „Kischtle“ von „Waltraud und Mariechen“. „Man kann in Megesheim nichts tun, was nicht irgendwie spätestens an Fasching ans Licht kommt“, so Kunzmann. Es gebe aber auch Leute, die diesen Spaß nicht verstünden, nicht mehr grüßen und sogar die Straßenseite wechseln würden.
Kuriositäten
Eines der zehn Kapitel ist dem Thema „Fundstücke“ gewidmet. So findet sich dort der Brief der Gemeinde Hainsfarth, die seinerzeit bei der Grundstückssuche des Vereines nicht nur den passenden Grund und Boden zur Verfügung stellen wollte. Auch der Umzug sollte nach Hainsfarth verlegt werden, einhergehend mit der entsprechenden Namensänderung des Vereines. Das war nicht notwendig, denn seit 2006 haben die Faschingsfreunde ihr Vereinsheim über dem Dorfladen. Auch dort soll die Chronik noch vor dem Umzug am Sonntag, 19. Februar, für 25 Euro zu haben sein. Bestellen kann man es außerdem unter: info@faschingsfreunde-megesheim.de.