Während man sich um den hochpreisigen Immobilienmarkt wohl keine großen Sorgen machen muss und auch im sozialen Wohnungsbau aktuell einiges passiert (siehe ehemaliges Baywa-Gelände), ist es zunehmend die sogenannte Mitte der Bevölkerung, die mit dem Problem von finanzierbarem Wohneigentum zu kämpfen hat. Zahlreiche Wohnbauprojekte wurden kürzlich realisiert, oder sind konkret geplant und werfen zugleich Fragen auf: Ist der zusätzliche Bedarf an Wohnungen tatsächlich immer noch so groß? Wie sieht es mit Einfamilienhäusern aus? Und nicht zuletzt die soziale „Gretchenfrage“: Wer kann sich diesen Wohnraum noch leisten? War doch auch das einzige in den letzten Jahren in der Kernstadt neu ausgewiesene Baugebiet am Nähermemminger Weg für eine breite Mehrheit nicht unbedingt erschwinglich. Diese Sorge brachten auch die Besucher der Zukunftswerkstatt zum Ausdruck. Immerhin zwei Drittel der Anwesenden sahen bei der Umfrage ihren Wohn- und Lebensstandard durch die aktuelle Entwicklung des Immobilienmarktes bereits heute oder in absehbarer Zeit gefährdet.
Innenentwicklung vorantreiben
Mit den Potentialen der Nachverdichtung und Aktivierung von Brachflächen sowie der Entwicklung neuer Baugebiete (beispielsweise „Wohnpark Ost“) steht grundsätzlich genug Fläche zur Verfügung, um im Laufe der kommenden Jahre neuen Wohnraum für mehrere tausend Bürger zu schaffen. Um Flächenfraß und Zersiedelung entgegenzuwirken, ist nach Meinung der Parteifreien jedoch die Innenentwicklung zu priorisieren. Hier setzt auch der Landkreis Donau-Ries an. Wie Konversionsmanagerin Barbara Wunder im Rahmen der Zukunftswerkstatt eindrucksvoll aufzeigte, hat hier die Stadt Nördlingen mit ihren Stadtteilen durchaus Potential.
Erbbau neu denken
Welche weiteren Stellschrauben aber hat die Stadt? Auf die vom niedrigen Leitzins getriebene Gesamtentwicklung des Marktes kann sie ähnlich wenig Einfluss nehmen wie auf die Baukosten. Neben den in engen rechtlichen Rahmenbedingungen Möglichkeiten sozialgerechter Bodennutzung und sogenannter Einheimischenmodelle hat sich in Nördlingen das Prinzip des Erbbaurechts bewährt. Bereits in der frühen Neuzeit konnten sich Bürger Grundstücke an der Innenseite der Stadtmauer pachten, um sich hier ein Haus zu errichten – heute noch sichtbar und bekannt als Kasarmen. Und auch in der wirtschaftlich schwierigen Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde weniger betuchten Bürgern gegen einen vertretbaren jährlichen Mietzins langfristig ein zu bebauendes Grundstück zur Verfügung gestellt. Das Prinzip hat sich bewährt. Und so sind seit damals bis in die 1990er Jahre über 400 Erbbauverträge entstanden. Neu ist das Prinzip der Dynamisierung. „Aktuell zehren wir beim Erbbau von der Substanz, ohne dass neues Wohneigentum entsteht,“ so PWG-Stadtrat Alexander Deffner. Geht es nach den Parteifreien, so wird künftig ein zweckgebundener Kapitalstock gebildet. Den Erbbaurechtsinhabern wird grundsätzlich ein Wahlrecht eingeräumt, ob sie ihr Grundstück zu einem gewissen Zeitpunkt erwerben, oder das Pachtverhältnis fortsetzen möchten. Der Erlös der verkauften Grundstücke fließt zum Erwerb neuer Flächen zurück in den Kapitalstock.
Wohneigentum für breite Schichten der Gesellschaft ermöglichen
„Um denjenigen, die Grundstückskauf und Baukosten nicht auf einmal stemmen können, eine gewisse Starthilfe zu geben, ist es wichtig, dass die Stadt alle verfügbaren Stellschrauben nutzt,“ meint dazu auch der designierte OB-Kandidat David Wittner. „Der in der Privatwirtschaft legitime Gedanke der Gewinnmaximierung darf für die Stadt nicht die ausschlaggebende Rolle spielen. Mit der Dynamisierung des Erbbaus können die ursprünglichen Ziele auch in Zukunft verwirklicht werden. Nämlich einer möglichst breiten Bevölkerungsschicht den Erwerb von angemessenem Wohnraum zu ermöglichen.“ (pm)