Anfang Juli tagte der Kreisverkehrsausschuss. Ein großer Punkt auf der Tagesordnung: die Anpassung des Nahverkehrsplans. Denn dieser dient als Grundlage, um den ÖPNV im Donau-Ries flexibler zu gestalten. Im Kreisausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie (AWVT) wurden diese Anpassungen, es handelt sich um die Einführung von landkreisweiten "on-demand Verkehren" in Form von flächendeckenden MobilBussen nach dem Vorbild von NöMobil, vorberaten. Auch über die dann notwendigen Grundsätze wie die Anpassung des Lechbusses, sowie die Kosten der MobilBusse, die vom Landkreis und den Kommunen je zur Hälfte getragen werden sollen, besprochen. (wir berichteten)
Keine finanzielle Beteiligung der Kommunen
In der jüngsten Sitzung des Kreistages wurden die notwendigen Änderungen dem gesamten Gremium vorgestellt. Während sich die Fraktionen von CSU/Al-JB, Grüne/Frauen/Linke, PWG/ÖDP/FDP und Freie Wähler über die Fraktionen hinweg mit dem Beschluss und dem damit verbundenen weiteren Vorgehen einverstanden zeigten, folgte beim Statement der SPD durch den Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Christoph Schmid ein Paukenschlag, mit dem wohl niemand außerhalb der SPD-Fraktion gerechnet hatte und viele Kreisräte und Kreisrätinnen, allen voran Landrat Stefan Rößle, irritiert dreinblicken ließ.
Schmid bedankte sich zunächst für die Arbeit der vergangenen Monate und Jahre und die Bereitschaft "Mobilität neu zu denken". Man sei sich einig, dass man den bedarfsorientierten Verkehr im ländlichen Raum brauche, um ein besseres Angebot und auch eine bessere Nachfrage zu schaffen. "Die Harmonisierung der Laufzeiten, Gemeinwohlorientierung das fordern wir schon sehr lange, deshalb freuen wir uns natürlich auch sehr über diesen Schritt", so Schmid. Dann kam Schmid zum Kernpunkt seines Statements: "Wir beantragen schon jetzt, dass abweichend zur Diskussion im AWVT als Grundlage für die zukünftigen bedarfsorientierten Verkehre nicht das Finanzierungsmodell NöMobil herangezogen wird, sondern sich die Finanzierung am bisherigen Modell des Lechbusses, ohne Beteiligung der Städte und Gemeinden, orientiert", forderte Christoph Schmid für die SPD-Fraktion. Den Standpunkt der Fraktion begründete Schmid damit, dass die SPD in der Vergangenheit oft einen besseren ÖPNV gefordert habe und mit Blick auf den Lechbus betont habe, welches Potenzial bedarfsorientierte Verkehre haben. Die Richtungsänderung, die der Landkreis in Sachen ÖPNV nun hinlege, wolle sich dieser jetzt dauerhaft von den Städten und Gemeinden kofinanzieren lassen, so der Bundestagsabgeordnete. Es werde aus Sicht der SPD "eine Grenze" überschritten, wenn man dieses Finanzierungsmodell stillschweigend hinnehme.
In Richtung Stefan Rößle, sagte Schmid: "Gerade von Ihnen, Herr Landrat, haben wir sowohl bei den Diskussionen um die Hallenbäder sowie bei allen Debatten zur Schaffung von Wohnraum gehört, dass dies allein die Zuständigkeit der Städte und Gemeinden sei und dem Landkreis die Hände gebunden seien. Selbst wenn der Landkreis sich in diesen Bereichen engagieren wolle, so Ihre viel bemühte Aussage, müsse er damit rechnen, dass das aus rechtlichen Gründen nicht haltbar wäre." Die Sicherstellung des ÖPNV sei nun aber eine originäre Aufgabe und Zuständigkeit des Landkreises Donau-Ries. Kaum sei die Zuständigkeit beim Kreis, sei eine Beteiligung der anderen Ebene doch nicht mehr so schwierig, so Schmid weiter. Der Änderung des Nahverkehrsplanes wolle man aber zustimmen, so Schmid.
Landrat: "Diese Vorgehensweise ist nicht kollegial"
"Da muss ich mich jetzt mehr als wundern, ich verstehe es überhaupt nicht. Diese Vorgehensweise ist nicht kollegial. Wir haben hier einen langen Prozess hinter uns mit vielen, vielen Vorberatungen, Unterausschuss, AWVT. Es gibt einen einstimmigen empfehlenden Beschluss, dass wir dieses Projekt auch so einführen und wir werden heute auch darüber abstimmen", erwiderte ein sichtlich um Fassung ringender Landrat. Der Wunsch nach Aufteilung der Finanzierung sei zudem aus den Gemeinden gekommen, um den Sonderwünschen vorzubeugen, so Rößle. "Den Weg werde ich nicht mitgehen, dass wir das wieder groß in die Diskussion geben. Ich kann nur meine Verwunderung und meine Enttäuschung zum Ausdruck bringen, über die Handlung der SPD-Fraktion an dieser Stelle und zu diesem Punkt", so Landrat Stefan Rößle.
Auf das Statement von Schmid und die Antwort von Rößle eingehend sagte Gerhard Martin (SPD), dass die Finanzierung in der Vergangenheit bereits Thema war und es schon so sei, dass der Verwaltung im März dieses Jahres der Auftrag erteilt wurde, unter der Beteiligung der Gemeinden weiter zu planen. Allerdings gäbe es beim Lechbus seit zehn Jahren eine andere Vorgehensweise des Landkreises bei der Finanzierung. Das solle nun ja auch aufgegeben und entsprechende Beiträge verhängt werden. "Da würde mich sehr interessieren, wie das den beteiligten Gemeinden im Lechbus-Gebiet kommuniziert wurde", so Martin. Davon abgesehen sei es nach den Gesetzen des Freistaates Bayern so, dass der Landkreis in diesem Fall der Aufgabenträger sei. Darauf hinzuweisen sei durchaus richtig und habe auch nicht die Absicht "irgendwelche Menschen zu ärgern".
Peter Schiele (CSU/AL-JB) warf ein, dass es seiner Meinung nach gerechter sei, die Gemeinden zu beteiligen, dann aber "Zellenscharf", also je nach Frequentierung der einzelnen Zellen abzurechnen. Er appellierte an seine Kolleg*innen es bei einer Beteiligung der Kommunen zu belassen, so wie man es "gut und mühsam" erarbeitet habe.
Es sei richtig, dass die Kostenaufteilung nicht explizit im Beschluss stünde, allerdings sei die Aufteilung eine Grundlage all dessen gewesen, was man initiiert habe, betonte Rößle. Für ihn, so der Landrat weiter, käme der Antrag am Tag der Kreistagssitzung aus "heiterem Himmel" und sei "völlig unangebracht". "Warum machen wir diesen ganzen Prozess? Dann können wir den Unterausschuss und alles aufheben", so Rößle merklich aufgebracht. Seit dem einstimmigen Beschluss im AWVT am 8. März dieses Jahres hätte die Fraktion durchaus Zeit gehabt, sich darüber zu unterhalten, sagte der Landrat weiter. Es sei "unmöglich", dass alles, was auf dieser Basis erarbeitet wurde, nun nicht mehr gelten solle und der Landkreis alles alleine finanzieren solle. Man habe alle Bürgermeister beteiligt und habe diesen alle Grundsätze vorgestellt.
Neuer Nahverkehrsplan einstimmig beschlossen
Nach der intensiven Diskussion sah sich Rößle "dazu gezwungen", einen Antrag zu stellen, dass über die Kostenaufteilung, nach der diese unter dem Landkreis und den Kommunen hälftig aufgeteilt werden, abgestimmt wird, ansonsten sei eine Abstimmung über den Nahverkehrsplan "unangebracht".
Nico Ach (Grüne) sprang der SPD zur Seite und meinte nun auch, dass eine Diskussion über die Finanzen im Kreisausschuss zu führen sei. Prinzipiell gebe er seinen Kollegen von der SPD Recht, diese hätten in den vergangenen Jahren oft gesagt, dass der ÖPNV die Pflichtaufgabe des Landkreises sei und man dies nochmal hätte behandeln müssen.
"Dann hätte das auch mal jemand bringen müssen", wurde Rößle deutlich und ergänzte: "Basis dieses Grundsatzbeschlusses war eine hälftige Aufteilung der Kosten. Ich finde es völlig unangemessen, wie hier vorgegangen wird. Man soll hier als Landkreisverwaltung wohl vorgeführt werden", so der Landrat sichtlich aufgebracht.
Von der Fraktion CSU/AL-JB folgte daraufhin ein Antrag zur Geschäftsordnung, damit über den Antrag des Landrats abgestimmt werden konnte. Diesem gab Rößle nun Vorrang vor weiteren Wortmeldungen und dem Wunsch nach Sitzungsunterbrechung. Der Antrag zur Geschäftsordnung wurde vom Gremium mehrheitlich angenommen. Anschließend konnte über den Antrag von Rößle, dass die Kosten je zur Hälfte zwischen Landkreis und den Kommunen aufgeteilt werden, abgestimmt werden. Dieser Antrag wurde mit 31 Ja-Stimmen und 15 Gegenstimmen angenommen.
Trotz der vorangegangenen, teils hitzigen Diskussion wurde der Beschluss, um den es eigentlich ging, nämlich die Abänderung des Nahverkehrsplanes, um den Weg frei für die MobilBusse zu machen, einstimmig angenommen.