Für das erste große Teilstück des Alfred-Delp-Quartiers ist die Erstellung des Bebauungsplans inzwischen weit fortgeschritten und soll baldmöglichst in die voraussichtlich letzte Auslegung gehen. Auf rund 23 Hektar werden dann im ersten Bauabschnitt Einfamilienhäuser und mehrgeschossige Wohnbauten entstehen, ebenso wie Sportanlagen und Grünflächen, insbesondere im südlichen Bereich des Areals. Obwohl noch keine Straße, Grundstücke, etc. erschlossen wurden, hat der Stadtrat in seiner Sitzung vom 28. Oktober bereits die Straßennamen für diesen Bauabschnitt festgelegt. Dabei wurden zehn Straßen komplett neu benannt. Eine Ausnahmestellung genießt die große Ringstraße, die als Hauptstraße des neuen Alfred-Delp-Quartiers fungieren soll. In der vorherigen Wahlperiode wurde bereits vom Stadtrat beschlossen, dass diese Dr.-Alfred-Böswald-Ring heißen soll - eine Hommage an den langjährigen Oberbürgermeister der Stadt Donauwörth.
Dr. Alfred-Böswald-Ring als Hauptverbindungsstraße
Viele Donauwörther*innen kennen nur die Hauptpforte direkt gegenüber vom Donauwörther Freibad als Eingang zur ehemaligen Alfred-Delp-Kaserne. Weil dort aber erst in einem zweiten Teilabschnitt gebaut werden wird, verläuft der neue Zugang zum Alfred-Delp-Quartier künftig über den Dr. Alfred-Böswald-Ring. Diese Straße beginnt am neugebauten Wasserhochbehälter und trennt dann nach Norden verlaufend den ersten vom zweiten Bauabschnitt. Dort soll sie künftig alle wichtigen Straßen verbinden. Sie endet knapp unterhalb der Tankstelle Oberholzner.
Im Südlichen Teil des neuen Alfred-Delp-Quartiers sollen neben einigen Stadtvillen, Wohnblocks und Mehrfamilienhäusern auch große Grünflächen entstehen. Außerdem werden dort künftig die Europastraße, die Bayernstraße und die Manfred-Wegenast-Straße verlaufen. Manfred Wegenast stammt aus Riedlingen und war Pilot bei der Bundeswehr. Er verhinderte im Jahr 1984 den Absturz eines Tornados über einem Dorf in der Nähe von München und kam dabei selbst ums Leben.
Alois Barthelme - erster Bürgermeister der Nachkriegszeit
Im Areal direkt hinter dem Teilabschnitt 2 sind dann die Schwabenstraße, der Donau-Ries-Weg, und die Alois-Barthelme-Straße geplant. Mit der Alois-Barthelme-Straße führt die Stadt Donauwörth die Tradition fort, Verkehrsflächen nach ehemaligen Bürgermeistern zu benennen. Alois Barthelme nimmt dabei eine sehr bedeutende Rolle in der Nachkriegsgeschichte Donauwörths ein. Er war der erste Bürgermeister, der von der US-Militärregierung eingesetzt wurde. "Unter schwersten Bedingungen musste er in einer weitgehend zerstörten Stadt eine neue Stadtverwaltung aufbauen und für die Versorgung der Bevölkerung sowie die Beseitigung der Kriegsschäden sorgen", erklärt die Stadt Donauwörth ihre Entscheidung.
Erinnerung an die Grauen der NS-Zeit
Neben Wohnungen und Häusern sollen im nördlichen Teil des Quartiers auch verschieden Freizeitmöglichkeiten in Form von Sportplätzen installiert werden. Außerdem werden dort in Zukunft die Prochkownik-Straße, die Ilse-Seeliger-Straße, die Emil-Büge-Straße und die Josef-Blank-Straße verlaufen. Alle vier Persönlichkeiten sollen mit ihren Einzelschicksalen an die Schrecken der NS-Zeit erinnern. Sie alle lebten oder arbeiteten während dieser Zeit in und um Donauwörth. Durch ihre jüdische Herkunft oder politische Haltung waren sie Repressionen und Verfolgung ausgesetzt.
Emil Büge war einer von ihnen. Als KZ-Funktionshäftling gelang es Büge heimlich Aktenabschriften und Notizen zu erstellen und sie später mithilfe von Mithäftlingen aus dem KZ Sachsenhausen zu schmuggeln. Er konnte so die unmenschlichen Haftbedingungen als auch Einzelschicksale im Konzentrationslager dokumentieren. Zudem sicherte er durch die Abschriften Nachweise zur Vernichtung ganzer Häftlingsgruppen. Weil es ihm im Anschluss nicht möglich war, seine Aufzeichnungen an die Alliierten zu übergeben, blieben die noch heute bedeutenden Dokumente lange der Öffentlichkeit verborgen.
Eine weitere Straße ist nach der Donauwörther Familie Prochownik benannt. Sie wurde während der NS-Zeit aufgrund ihrer Herkunft verfolgt, obwohl Familienoberhaupt Julius Prochownik während seines Jura-Studiums vom Judentum zum Protestantismus konvertierte. Seine katholische Ehefrau Maria Prochownik, geborene Loibl, galt als "arisch". In Donauwörth betrieb Julius Prochownik zeitweise die größte Rechtsanwaltspraxis im Landgerichtsbezirk München. Während des Nationalsozialismus wurde er Anfeindungen und rechtlichen Einschränkungen ausgesetzt, in deren Folge er psychisch erkrankte. Er beanspruchte in der Folge ärztliche Hilfe, wurde entmündigt und sogar zwangsweise sterilisiert. Nach dem Umzug nach Berlin konnte ihn seine Frau aufgrund der sogenannten "Mischehe" vor der Deportation bewahren. Kurze Zeit nach Kriegsende starb Julius Prochownik im Juni 1945 an Entkräftung.
Ilse Seeliger hingegen konnte nicht vor der Deportation bewahrt werden. Nachdem Tod ihres Vaters zog die in Donauwörth geborene Seeliger (geborene Hirsch) nach Köln, wo sie ihren Mann Walter Seeliger heiratete. 1941 wurden beide in das Ghetto Riga deportiert und kamen dort ums Leben. Die weiteren Mitglieder der Familien Hirsch und Seeliger überlebten die NS-Diktatur.
Josef Blank war während des 2. Weltkriegs selbst Fallschirmjäger. Er überzog einen Genesungsurlaub, um seine Eltern in Bäumenheim zu besuchen und wurde dabei erwischt. Ein Gericht verurteilte Blank daraufhin im April 1945 wegen Fahnenflucht zum Tode. Das Todesurteil wurde am 16. April vor dem heutigen Donauwörther Stadtteil Berg vollstreckt.