Am Reichenbach in Tapfheim wurden im Februar Bäume und Sträucher entfernt. Zu viele, wenn es nach dem Bund Naturschutz (BN) geht. Deshalb kritisiert der BN das Vorgehen der Gemeinde scharf und spricht von einem „unrechtmäßigen Kahlschlag“ entlang des Gewässers: „Dieser massive Eingriff in die Aue des Reichenbachs ist weder fachlich begründbar noch notwendig,“ so Alexander Helber, Kreisvorsitzender des BN.
„Die Gehölze am Ufer sind Bestandteil des natürlichen Hochwasserschutzes und bieten Tieren wie Vögeln, Amphibien und Insekten wertvolle Rückzugsorte“, erklärt Josef Fröhlich, stellvertretender Ortsvorsitzender. Zudem verhindern die Wurzeln der Sträucher und Bäume Erosion und stabilisieren das Ufer. Der von den Bäumen geworfene Schatten reduziert die Erwärmung des Bachwassers. Nicht nur Weiden, Pfaffenhütchen und Hasel, sondern auch größere Erlen, Birken, Kirsche und Eschen sind den Rodungsarbeiten der Gemeinde zum Opfer gefallen. Auch wertvolle Biotopbäume mit Spechthöhlen seien umgeschnitten worden.
Kurz nach dem Bekanntwerden des Vorgangs beim Landratsamt Donau-Ries sei die Untere Naturschutzbehörde eingeschritten und habe die Rodungsarbeiten gestoppt, um Schlimmeres zu verhindern, teilt der BN in seiner Pressemitteilung mit.
Angesichts des aktuellen Vorfalls erwartet der BN nun Wiedergutmachung in Form von Ersatzpflanzungen. Vorsitzender Helber fordert: „So ein Vorgang darf sich nicht mehr wiederholen. Pflegearbeiten müssen grundsätzlich abgestimmt werden und sind von Baumpflegern und Fachpersonal durchzuführen. Endlich muss auch, wie vom Bürgermeister versprochen, ein Baumkataster erstellt werden.“
Untere Naturschutzbehörde und Gemeinde sind im Austausch
"Grundsätzlich können wir die in der Pressemitteilung des Bund Naturschutz beschriebenen Arbeiten bestätigen. Die Arbeiten wurden durch unsere Untere Naturschutzbehörde eingestellt und werden nach Rücksprache mit der Gemeinde auch Ersatzpflanzungen nach sich ziehen", heißt es von Seiten der Unteren Naturschutzbehörde Donau-Ries.
"Dem Grunde nach sind reguläre Unterhaltsmaßnahmen, die einen nicht erheblichen Eingriff darstellen, genehmigungsfrei. Vorliegend wurde diese Erheblichkeitsschwelle jedoch überschritten. Wir stehen in der Angelegenheit mit der Gemeinde Tapfheim in einem konstruktiven Austausch. So kann bei künftigen geplanten Maßnahmen die Untere Naturschutzbehörde frühzeitig beteiligt und das Personal entsprechend sensibilisiert werden", heißt es im Statement abschließend.
Bürgermeister betont Handlungsbedarf
Tapfheims Bürgermeister Marcus Späth verteidigt die Maßnahme und betont, dass Handlungsbedarf bestanden habe: "Die Gemeinde Tapfheim hat immer noch mit den Auswirkungen und Schäden der Hochwasserkatastrophe vom Juni 2024 und den Starkregenereignissen der letzten zwei Jahre zu kämpfen. Wir sind dabei die Problemstellen und entstandenen Schäden zu beheben. Große Probleme wurden uns bei diesen Ereignissen aufgezeigt, weil durch Verwachsungen und auch Biberbauten in einigen Bachläufen der Ablauf des Wassers nicht mehr gewährleistet war. Dies war auch im Beispiel des Reichenbachs sehr extrem. Was hier noch erschwerend hinzu kam, war der Rückstau des Regenwassers in das örtliche Kanalnetz. Hier hatten Anlieger Rückstauungen von Abwasser und Regenwasser bis in ihre Häuser und ein großer Teil des Regenwassers wurde durch das Überlaufen der Bäche über unser Kanalnetz abgeführt und über die kommunale Kläranlage gepumpt. Um den Abfluss des Regenwassers wieder zu gewährleisten war es dringend nötig Bachläufe frei zu schneiden und zu reinigen. Im angesprochenen Fall Reichenbach sah die Gemeinde und ich als Bürgermeister besonderen Handlungsbedarf zum Schutze unserer Bürgerinnen und Bürger und aus diesem Grund wurde diese Arbeit auch an eine Fachfirma vergeben und von dieser ausgeführt."
Weil der Reichenbach die Gräben bis aus den Wäldern Richtung Dettenhart entwässere, führe dieser bei entsprechenden Niederschlägen entsprechend viel Abflusswasser. Da der Reichenbach in dem besagten Ablaufgraben seit Jahren nicht mehr gereinigt wurde, hatte man sich entschieden den Bachlauf zu reinigen, damit die Wassermassen abfließen können und sich nicht ständig Rückstauungen bilden, erklärt Marcus Späth den Grund für die Arbeiten. Aus Kostengründen, der Gemeindebereich habe insgesamt über 80 Kilometer Gräben dieser Einstufung, seien an dieser Stelle in den letzten 15 Jahren keine derartigen Arbeiten durchgeführt worden, informiert der Bürgermeister. Die Arbeiten, so Marcus Späth weiter, seien rechtmäßig und zwingend gewesen.
Um die Reinigung nach ökologischen Vorgaben mit einem Mähkorb, montiert an einem Kettenbagger, ausführen zu können, habe der seit Jahren nicht entfernte Wildwuchs und das angefallene Totholz entfernt werden müssen, so der Bürgermeister weiter. Entgegen der Behauptung des Bund Naturschutz, dass die Arbeiten noch am selben Tag eingestellt wurden, habe man sich mit den Vertretern der unteren Naturschutzbehörde am 19.02.2025 dahingehend abgestimmt, dass die Arbeiten ab dem Zeitpunkt von der nördlichen Grabenseite erfolgen sollen, betont der Tapfheimer Rathauschef. Dies sei aus logistischen Gründen jedoch nicht möglich, da auf der Nordseite nur ein nicht durchgängiger, gemeindlicher Feldweg vorhanden ist. Zudem seien auf der Nordseite das Sportgelände und ein Wall, der nicht mit einem Kettenbagger befahrbar ist.
Wie geht es weiter?
"Das weitere Vorgehen ist mit der Unteren Naturschutzbehörde abgesprochen, hier stehen wir in einem guten intensiven und konstruktiven Austausch. Des Weiteren sind aktuell in unserem Gemeindegebiet über 60 Bäume zur Nachpflanzung in Auftrag gegeben, welche in den nächsten Wochen gepflanzt werden sollen. Sonstiger Baumrückschnitt wird in unserem Gemeindegebiet von Fachfirmen oder Fachkräften durchgeführt und immer nach Bedarf beauftragt", erklärt der Bürgermeister das weitere Vorgehen in dieser Sache.
"Zum Schluss will ich betonen, dass der Gemeinde Tapfheim und mir als Bürgermeister der Naturschutz sehr wichtig ist, aber gewisse Maßnahmen zum Schutze unserer Bürgerinnen und Bürger und unserer Infrastruktur einfach nötig sind!", so Marcus Späth abschließend. (dh/pm)