Die LEW Wasserkraft GmbH, eine Tochtergesellschaft der Lechwerke, hat dafür auf dem Gelände des Laufwasserkraftwerks in Rain am Lech einen Hochleistungs-Batteriespeicher installiert und mit der Turbinensteuerung des Kraftwerks gekoppelt. Das Hybridsystem in Rain am Lech ist bayernweit das erste seiner Art. Bei Bedarf kann die Kraftwerk-Batteriespeicher-Einheit von LEW nun innerhalb von nur 30 Sekunden zusätzlichen Strom in das Netz einspeisen. Ebenso schnell reagiert das Hybridsystem bei Stromüberschuss – beispielsweise, wenn energieintensive Industrieprozesse unvermittelt abgeschaltet werden müssen oder bei unerwartet starker Sonneneinstrahlung auf die PV-Anlagen in der Region. In diesem Fall kann das System Strom aus dem Netz aufnehmen und in der Batterie speichern. Reicht die Batteriekapazität allein nicht aus, um die Netzfrequenz zu stabilisieren, kann die intelligente Steuerung des Hybridsystems zusätzlich die Stromerzeugung der Wasserkraftturbinen je nach Bedarf kurzzeitig drosseln oder erhöhen.
Diese sogenannte Primärregelleistung kann das Hybridsystem des Wasserkraftwerks Rain am Lech mindestens 15 Minuten lang ohne Unterbrechung bereitstellen und so einen Beitrag dazu leisten, Frequenzschwankungen im europäischen Stromverbundnetz kurzfristig auszugleichen. Das LEW-System übernimmt im Stromnetz damit die Funktion eines Ersthelfers, bis andere Energieerzeuger ihre Einspeiseleistung an den aktuellen Strombedarf der Verbraucher anpassen können.
Hybridsystem in Rain ist bayernweit einmalig
„Das Hybridsystem in Rain am Lech ist bayernweit das erste seiner Art. Die Lechwerke übernehmen damit eine Vorreiterrolle bei der Bereitstellung von Primärregelleistung in Verbindung mit regenerativem Strom aus Wasserkraft“, sagt LEWVorstandsmitglied Norbert Schürmann. Die Kopplung der Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von mehr als 1.600 Kilowattstunden mit dem Laufwasserkraftwerk in Rain am Lech ermöglicht aktuell eine Primärregelleistung von maximal drei Megawatt. Mit dieser Primärregelkapazität beteiligt sich LEW an den Ausschreibungen am Regelleistungsmarkt der deutschen Übertragungsnetzbetreiber.
„Der Anteil der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen ist in der Region bereits sehr hoch. Weil der Stromertrag aus Sonne und Wind aber laufend schwankt, kann das die Frequenzhaltung im europäischen Stromverbundnetz beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch vor Ort einen Beitrag zur Stabilisierung des Netzes leisten“, sagt Schürmann. „Unser Hybridsystem im Wasserkraftwerk Rain am Lech ermöglicht uns, die dafür benötigte Primärregelleistung schnell und flexibel bereitzustellen – und das aus erneuerbaren Energien.“
Regelenergie aus Wasserkraft
Grundsätzlich ist jedes Laufwasserkraftwerk technisch dazu in der Lage, Schwankungen im Stromangebot des Netzes auszugleichen. Durch Anpassung des Turbinendurchflusses lässt sich die Stromerzeugung jederzeit kurzfristig verringern oder erhöhen. Leistungsanbieter im Bereich der Primärregelung müssen auf Netzschwankungen allerdings innerhalb von 30 Sekunden reagieren und das variabel in sehr kurzen Zeitabständen. Wollte man dies ausschließlich mit den technischen Möglichkeiten eines Wasserkraftwerks erreichen, müsste die Steuerung des Kraftwerks seine Leistung immer wieder und schnell anpassen. Entsprechend hoch wäre der Verschleiß der Mechanik an den Turbinen. Genau hier setzt LEW mit der neuen Lösung an: Dank des von LEW entwickelten Hybridkonzepts kann das Wasserkraftwerk in Rain am Lech nun auch Primärregelleistung liefern, ohne die nachhaltige Funktionsfähigkeit des Kraftwerks zu gefährden. Die an das Kraftwerk gekoppelte Lithium-Ionen-Batterie wird mit dem Strom aus den Wasserkraftturbinen gespeist. So ist gewährleistet, dass das Hybridkraftwerk auf die regelmäßig auftretenden Frequenzschwankungen im Netz jederzeit regieren kann. Prof. Dr. Frank Pöhler, Geschäftsführer der LEW Wasserkraft GmbH, sieht darin einen großen Vorteil des Hybridsystems: „Der überwiegende Anteil der Primärregelleistung kann allein durch den Batteriespeicher erbracht werden. Eingriffe in die Turbinensteuerung und der damit verbundene Verschleiß der mechanischen Kraftwerkskomponenten werden weitgehend vermieden.“
Anbindung weiterer Stromerzeugungsanlagen
Die LEW-Systeme zur Steuerung und Vermarktung der Primärregelleistung sind bereits darauf ausgelegt, weitere Erzeugungsanlagen in der Region integrieren zu können. Die Anbindung der LEW-Wasserkraftwerke in Ellgau, Oberpeiching und Feldheim an den vorhandenen Batteriespeicher in Rain ist bereits in Vorbereitung. Zusätzlich bietet LEW auch externen Kunden die Möglichkeit, geeignete Stromerzeugungsanlagen in das LEW-Hybridsystem einzubinden. Kommunen und Unternehmen in der Region könnten dadurch beispielsweise mit einem Heizkraftwerk, einem Blockheizkraftwerk oder einer Biogasanlage am Markt für Primärregelleistung teilnehmen und entsprechende Zusatzerlöse erzielen.
Das Kraftwerk Rain gehört zu den vier leistungsstarken Lechkraftwerken der Rhein-Main-Donau GmbH (RMD) vor der Mündung des Lechs in die Donau. Die Wasserkraftwerke Ellgau, Oberpeiching, Rain und Feldheim erzeugen jährlich etwa 220 Millionen Kilowattstunden Strom aus erneuerbarer Energie. Mit dieser Menge können mehr als 80.000 Haushalte das ganze Jahr über mit elektrischer Energie versorgt werden. Die vier RMDKraftwerke am unteren Lech werden von der LEW Wasserkraft GmbH betrieben und von deren Zentralwarte in Gersthofen bei Augsburg aus überwacht und gesteuert. (pm)