Ein seit Jahren uneingelöstes politisches Versprechen sei so ein Zentrum, sagte Oberbürgermeister David Wittner am Donnerstagabend im Stadtrat. Das Quartierszentrum, das die Katholische Kirchenstiftung St. Josef Nördlingen bauen will, ist Teil eines ganzes Areals, das um die Katholische Kirche St. Josef in der Kerschensteinerstraße herum geplant ist (mehr dazu hier).
Im Weg steht dem Neubau das bestehende Pfarrheim, ein zweigeschossiger Satteldachbau nach Entwurf von Hansjakob Lill von 1960. Zu erkennen, dass dieses tatsächlich unter Denkmalschutz steht, dafür „hat der ein oder andere etwas Fantasie gebraucht“, so Wittner. Der Stadtrat kann jedoch entscheiden, dass die Verwaltung die denkmalfachliche Erlaubnis für den Abbruch gibt, wenn das öffentliche Interesse die Belange des Denkmalschutzes überwiege. Seitens der Urheberrechtsinhaber, der Nachkommen des Architekten, sei der Weg frei, so Wittner.
Vieles spricht für den Abriss
Thorsten Vogelgsang vom Stadtbauamt stellte Argumente für und gegen die Beseitigung des Pfarrheims vor. Für den Abbruch spreche, dass der Bau nicht barrierefrei und nicht separat veräußerbar sei, außerdem seien die Kellerräume wegen der geringen Raumhöhe von 2,13 Meter nur eingeschränkt nutzbar. Darüber hinaus müsse man befürchten, dass der Bau schadstoffbelastet sei. Außerdem sei der Denkmalschutz auf die Verbindung von sakralem Bau und Pfarrheim mit Versammlungsstätte und Pfarrwohnung für die Seelsorge zurückzuführen, das sei auch beim Nachfolgebau gegeben.
Gegen den Abbruch spreche die Denkmaleigenschaft an sich, sowie die Tatsache, dass durch den Abriss auch die Bedeutung der Kirche als Einzeldenkmal beeinträchtigt wäre. Zudem stehe, so die Stellungnahme von Stadtheimatpfleger Dr. Wilfried Sponsel, mittlerweile auch die Architektursprache und Bauästhetik der 50er- und 60er-Jahre zunehmend im Interesse des Denkmalschutzes.
Aus städtebaulicher Sicht sei der Neubau der Anlage für kirchliche und soziale Zwecke zu begrüßen, so Vogelgsang. Auch im Hinblick auf die erwartete Erhöhung der Bevölkerungszahl mit der „Gartenstadt“ werde das Bestandsgebäude die Quartiersfunktion nur unzureichend erfüllen können.
Sanierung findet nur wenige Fürsprecher
Von den Stadtratsmitgliedern wurde mehrheitlich die Neubaulösung bevorzugt, z.B. von Jörg Schwarzer (CSU), der sagte, dass der Denkmalstatus subjektiv nicht nachvollziehbar sei. Thomas Mittring (Stadtteilliste) sagte ebenfalls, dass vieles für den Abbruch spreche, seine Fraktion sei mehrheitlich dafür. Helmut Beyschlag (PWG) gab zu bedenken, dass die Entscheidung, ein denkmalgeschütztes Gebäude einzureißen, manch privatem Bürger nicht erlaubt würde. Im vorliegenden Fall gebe es aber ein starkes öffentliches Interesse, „mehr geht eigentlich nicht mehr“, so der PWG-Stadtrat. Die PWG sei eindeutig für den Abriss, ansonsten vertue man eine große Chance. Ähnlich äußerte sich Gabriele Fograscher (SPD), das neue Quartierszentrum bezeichnete sie als Gewinn. Eine Sanierung im Bestand könne dagegen die Mängel bei der Nutzung nicht beheben.
Anderer Meinung war Wolfgang Mussgnug (Grüne-Frauenliste). Seine Fraktion sei für das Quartierszentrum und Denkmalschutz gleichermaßen und präferiere eine Sanierung. Es gebe Möglichkeiten, das Pfarrheim zu erhalten und zu nutzen, außerdem werde mit dem Abbruch ein Präzedenzfall geschaffen. „Damit tun wir uns keinen Gefallen“, stimmte Mussgnugs Fraktionskollege Rudi Koukol zu. Auch Dr. Heinrich Richter (CSU) pflichtete Mussgnug bei. Markus Hager (Stadtteilliste) stimmte mit ein und widersprach Frau Fograscher: Auch aus so einem Gebäude könne man noch etwas machen.
Zur Frage der Sanierung konnte der anwesende Architekt Anton Ziegelbauer sagen, dass man lange an dem Projekt gearbeitet und sich mit der Möglichkeit einer Sanierung beschäftigt habe. Es spreche dagegen, dass der Bau mit seiner Tiefe von nur zehn Metern nur schlecht einen Saal fassen könne. Außerdem sei das Erdgeschoss nicht ebenerdig, ein Saal hätte damit keine Verbindung zum Außenraum, es bräuchte also einen Anbau. Ob das einem Denkmalbau guttue, sei aber fraglich. „Mit vielen Zwängen wäre es vielleicht irgendwie gegangen“, so der Architekt zu einer Sanierung.
Mit 20 zu 9 Stimmen erlaubte der Stadtrat im Anschluss den Abriss des alten Pfarrheims – laut OB Wittner eine Chance und ein Aufbruchssignal für das Areal St. Josef.
Bauherr, Kosten und Zeitplan
Das Quartierszentrum wird von der Katholischen Kirchenstiftung St. Josef gebaut und soll insgesamt 3,5 Millionen Euro kosten. Dafür gibt es von der Stadt Nördlingen kommunale Zuschussmittel in Höhe von 2,26 Millionen Euro, wobei bis zu eine Million Euro an Fördergeldern vom Bund an die Stadt Nördlingen gehen, die die Summe an die Kirchenstiftung weitergibt. Der Restbetrag von 1,24 Millionen Euro wird von der Kirchenstiftung bzw. der Diözese Augsburg übernommen.
Baubeginn ist nach aktuellem Stand der 1. September 2023, Fertigstellung der 1. September 2025.