Im Stadtrat ist es üblich, dass die größte Fraktion einen Vorschlag für den ersten Stellvertreter des Bürgermeisters abgibt. In Nördlingen ist die CSU nach der Kommunalwahl - ebenso wie schon zuvor - die größte Gruppierung, und es war damit zu rechnen, dass sie wieder den in allen Fraktionen geschätzten Markus Landenberger-Schneider aus den eigenen Reihen für das Amt empfiehlt. Doch es kam anders.
In der konstituierenden Sitzung des Nördlinger Stadtrats schlug Fraktionsvorsitzender Steffen Höhn stattdessen CSU-Stadträtin Maximiliane Böckh als 2. Bürgermeisterin vor. Höhn dankte zwar Landenberger-Schneider für seinen bisherigen Einsatz, er habe sein Amt hervorragend ausgeführt, "wirklich mit Bravour". Trotzdem solle mit Böckh neben dem neuen Oberbürgermeister David Wittner ein weiteres neues Gesicht die Stadt vertreten. Man wolle ein "klares Signal in die Stadt" senden, für mehr Frauen in der Politik. Höhn sagte, er sei überzeugt, dass es nur so gelingen könne, mehr Frauen zu motivieren, den Schritt in die Kommunalpolitik zu wagen.
Die anderen Fraktionen spielen nicht mit
Den weiteren Fraktionen im Nördlinger Stadtrat war das Vorhaben der CSU im Vorfeld der Sitzung schon bekannt - aber zum Leidwesen der Christsozialen spielten PWG, Stadtteilliste, Grüne-Frauenliste und SPD nicht mit. Gabriele Fograscher, Fraktionsvorsitzende der SPD, sagte, man sei davon ausgegangen, dass es bei den bisherigen Amtsinhabern bleibe. Von der CSU sei man außerdem vorher nicht gefragt worden, ob man eine 2. Bürgermeisterin Böckh denn mittragen wolle. Stattdessen schlug die frühere Bundestagsabgeordnete ihre Parteifreundin Rita Ortler vor. "Sie genießt das Vertrauen vieler Bürgerinnen und Bürger", so Fograscher. Außerdem sei Ortler bei der Kommunalwahl Stimmenkönigin geworden, und mit ihrer Wahl zur 2. Bürgermeisterin könne man dem Wählerwillen Rechnung tragen.
Dem schloss sich das Gremium bei der anschließenden Wahl an: 23 von 31 Stimmen entfielen in geheimer Wahl auf Rita Ortler als erste Stellvertreterin von David Wittner, für Maximiliane Böckh stimmten sieben Mitglieder. Dabei hält die CSU acht Sitze im Stadtrat. Was ist da los?
Das Tischtuch ist scheinbar zerschnitten
Man darf annehmen, dass die fehlende Stimme dem bisherigen Amtsinhaber gehört. Wie am Rande der Sitzung von verschiedener Seite zu hören war, hat sich die Nördlinger CSU nämlich mit Markus Landenberger-Schneider überworfen. Er wurde wohl gegen seinen Willen aufs Abstellgleis geschickt. Das Zerwürfnis soll dermaßen heftig sein, dass bereits über einen Fraktionswechsel des Ausgeboteten spekuliert wird. Fakt ist jedenfalls, dass die CSU ihren Zugriff auf ein repräsentatives städtisches Amt ohne Not aufgegeben hat.