Der Landrat dankte den Projektleitern der Ausstellung Jakob Fischer und Christian Sprenger für die Organisation dieser interessanten und lehrreichen Ausstellung. Noch immer werden die Spätaussiedler mit Vorurteilen konfrontiert, wie z. B. sie würden die Sowjetunion aus rein wirtschaftlichen Umständen verlassen.
Doch die Gründe waren wesentlich vielseitiger: Zahlreiche Deutsche aus Russland wurden ab ihrem ersten Ausreiseantrag in der Sowjetunion schikaniert, sie verloren ihren Beruf und somit die Grundlage ihrer Existenz oder es stand häufig auch nur der einfache und nachvollziehbare Wunsch nach Familienzusammenführung im Raum.
An dieser Stelle begrüßte Landrat Rößle den anwesenden Jörg Fischer. Herr Fischer und sein Team vom Donauwörther Quartiersmanagement haben in den 90er Jahren, als es galt, Spätaussiedler in Donauwörth aufzunehmen, Großes geleistet: „Dank der Tatkraft von Herrn Fischer wurde die Parkstadt zur Sozialen Stadt in der Stadt“, so Landrat Rößle. Er versicherte den anwesenden Gästen, dass es ihm ein wichtiges Anliegen ist, ein gutes menschliches Miteinander zu schaffen und unseren Bewohnern zu zeigen, dass verschiedene Lebensweisen in unserem Landkreis ihren Platz finden.
4,5 Mio. Russlanddeutsche leben in der Bundesrepublik
Wie der Projektleiter der Ausstellung Jakob Fischer informierte, leben insgesamt 4,5 Mio. Russlanddeutsche in der Bundesrepublik, was einen Anteil von 5 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmacht. In den Jahren von 1951 bis Ende 2001 sind rund 2,4 Mio. Russlanddeutsche aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten nach Deutschland zurückgekehrt.
Nach wie vor haben die Aussiedler und Spätaussiedler mit großen Vorurteilen zu kämpfen, was wiederum die Notwendigkeit entsprechender Aufklärungsarbeit unterstreicht. Die Wanderausstellung der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, die seit über 25 Jahren bundesweit unterwegs ist und nun Station im Landkreis Donau-Ries macht, ist laut Herrn Fischer ein wichtiger Baustein im Rahmen dieses Aufklärungsprozesses.
Informieren, aufklären, Wissen vermitteln – und dadurch Vorurteile abbauen
Christian Sprenger, ebenfalls Projektleiter der Ausstellung, informierte anschließend über die Geschichte der Russlanddeutschen und musste hierzu bis ins 18. Jahrhundert zurückblenden. Ausgelöst worden war die große Welle der Auswanderung von Deutschen nach Russland am 22. Juli 1763 durch ein Manifest der deutschstämmigen Zarin Katharina der Großen, die den deutschen Einwanderern Privilegien, wie eine eigenständige deutsche Verwaltung, Glaubensfreiheit, Befreiung vom Wehrdienst, Steuerbefreiung und bis zu 30 Hektar Land für jede Familie versprach. Viele folgten diesem Ruf, zumal in Deutschland nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) große Not und Armut herrschte.
Die Folgen zweier blutiger Weltkriege und die daraus resultierenden Konflikte mit Deutschland trafen die Nachfahren der deutschen Auswanderer in der späteren Sowjetunion hart. Es kam zu Pogromen und Deportationen, Enteignungen, Repressalien und dem Verbot der deutschen Sprache. So ist es kein Wunder, dass in der Folge viele Deutsche die Sowjetunion bzw. später deren Nachfolgestaaten verlassen haben und ins Land ihrer Ahnen zurückgekehrt sind.
Auch wenn die Mehrheit der Russlanddeutschen inzwischen gut integriert ist, müssen weiterhin Vorurteile abgebaut und die Akzeptanz russlanddeutscher Spätaussiedler in der deutschen Gesellschaft verbessert werden. Das Ziel der Ausstellung lässt sich laut Herrn Sprenger daher auch wie folgt zusammenfassen: informieren, aufklären, Wissen vermitteln.
Die Ausstellungseröffnung wurde von Lina Neuwirt, selbst Russlanddeutsche, musikalisch umrahmt. Mit selbst komponierten und getexteten Liedern besang sie, von ihrem Akkordeonspiel begleitet, in eindrucksvoller Weise den Begriff „Heimat“. Sie begann mit dem Leben und der Gefühle der Deutschen in Russland und spann mit ihrem letzten Lied „Die Schönheit Bayerns“ den Bogen bis ins hier und jetzt. Die Gäste der Ausstellungseröffnung, darunter auch der Bundestagsabgeordnete Christoph Schmid und die stellvertretende Landrätin Ursula Kneißl-Eder, bedachten Frau Neuwirt mit anerkennendem Applaus. (pm)
Die Ausstellung ist noch bis 27. März 2023 im Landratsamt Donau Ries, Pflegstr. 2 in Donauwörth während der allgemeinen Öffnungszeiten zu sehen. Der Eintritt ist frei. Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sowie Schulklassen und Gruppen sind herzlich eingeladen.