Seit der Gründung von Benc im Jahr 1999, hat es sich Paul Schweihofer aus Mertingen zur Aufgabe gemacht in seiner Biogasanlage Strom aus Bioabfall zu erzeugen. Schweihofer tut mit seiner Anlage also das, was auch alle anderen Betreiber solcher Anlagen tun. Der feine Unterschied: Bei Benc werden ausschließlich pflanzliche Reststoffe und keine nachwachsenden Feldfrüchte wie etwa Mais zur Gewinnung von Strom und Wärme genutzt. Die nach der Energiegewinnung entstandenen Gärprodukte werden ebenfalls weiterverwendet und zusammen mit Landschaftspflegegras und Grüngut kompostiert, um daraus Biodünger und -kompost zu gewinnen. Dieser wird dann in der Landwirtschaft oder in Gärtnereien eingesetzt.
Einmalig in Deutschland
In der Sitzung am vergangenen Dienstagabend stellte Reinhard Walk (Rovi Energie AG), der für die Planung der Erweiterung zuständig ist, den aktuellen Planungsstand vor. Die bestehende Anlage soll um drei Bausteine erweitert werden und wäre nach der Erweiterung in dieser Kombination ein in Deutschland "einmaliges Projekt", erklärte Walk. Bisher gäbe es solche Anlagen nur in Italien und Frankreich, informierte der Planer.
Neben einer Humusanlage und einer Biomasseverkohlungsanlage soll zudem eine Anlage errichtet werden, in der Biogas zu Biomethan aufbereitet wird und dann ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. In der Humusanlage soll Landschafspflegegras, dass es in der Mertinger Höll in nicht unerheblicher Menge gibt, in Humus verwandelt werden. In der Biomasseverkohlungsanlage soll durch Pyrolyse, auch Carbonisierung genannt, naturbelassenes Holz in sauerstofflimitierter Umgebung erhitzt werden. Der Sauerstoffmangel führt dazu, dass sich der Kohlenstoff aus dem Holz nicht mit Sauerstoff zu Kohlenstoffdioxid verbinden kann und so kein CO2 entsteht. Der Kohlenstoff liegt nach der Carbonisierung in nahezu reiner Form vor. Es entsteht also Pflanzenkohle als Nebenprodukt und vor allem Wärme, die dann in das Mertinger Fernwärmenetz eingespeist werden kann.
Einstimmiger Beschluss
Auf Nachfrage aus dem Mertinger Gremium erläuterte Reinhard Walk, welchen Verwendungszwecken die Kohle zugeführt werden könne. Unter anderem bestünde die Möglichkeit der Rückführung zum Humus, da die Kohle die Fähigkeit besitze Nährstoffe zu binden und diese dann langsam wieder in den Boden abzugeben. Auch eine Verwendung in der Zementherstellung oder als Aktivkohlefilter sei denkbar. Die Frage, ob durch die Humusanlage Geruchsprobleme für die Anwohner zu erwarten seien, verneinte Walk. Bei eventuellen zukünftigen Starkregenereignissen so der Planer, sei nicht auszuschließen, dass ein Teil aus dem Humussilo "ausgeschwemmt werde", sollten die Bedachung, die Regenrinnen und das vorgesehene Kanalsystem das Wasser nicht mehr abführen können.
Im Anschluss an die Vorstellung und die Diskussion beschloss der Mertinger Gemeinderat einstimmig die Einleitung der Verfahrensschritte zur Änderung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans im Parallelverfahren, um keine zeitlichen Verzögerungen zu verursachen. "Ich bin gespannt auf diese Geschichte, denn ich finde das einen unglaublich innovativen Ansatz", so der Mertinger Bürgermeister Veit Meggle. Als Kunde, die Gemeinde Mertingen bezieht Fernwärme aus der Biogasanlage, sei die Gemeinde Mertingen natürlich daran interessiert, dass es auch in Zukunft "schön warm" bleibe, so Meggle.
Auch wenn der Mertinger Gemeinderat einstimmig für die Aufstellung des Bebauungsplanes und die Änderung des Flächennutzungsplanes gestimmt hat, wird das Thema das Gremium noch weiter beschäftigen.
Ein Meilenstein für Benc
Für das Unternehmen sei die Entscheidung ein weiterer Meilenstein, betont Anja Jung, Assistentin der Geschäftsführung bei Benc, gegenüber unserer Redaktion. Man werde nun von Seiten des Unternehmens die Planungen weiter vorantrieben und sich intensiv auf die kommende Bauphase vorbereiten. Wenn alles glattläuft, könnte dann Anfang 2026 der Spatenstich für die Anlage erfolgen, so Anja Jung.