"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt." Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und insbesondere der erste Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" gilt heute als der wohl bekannteste Auszug aus unserem Verfassungstext. Einem Text, der dieses Jahr sein 75-jähriges Jubiläum feiern darf und bereits Ende Mai 2024 mit einem dreitägigen Demokratiefest in Berlin begangen wurde. Um die Bedeutung dieses Jubiläums noch einmal herauszustellen, fand am Freitagabend im Genosaal der Raiffeisen-Volksbank in Nördlingen eine dezentrale Festveranstaltung statt. Organisiert wurde der Abend vom CSU-Ortsverband und der Hanns-Seidel-Stiftung. Als besonderer Ehrengast war Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts der Bundesrepublik Deutschland, nach Nördlingen gekommen, um in seiner Festrede über die Erfolgsgeschichte Grundgesetz zu referieren.
Mensch steht im Mittelpunkt des Grundgesetzes
Dabei wurde schnell klar, dass es sich keineswegs um eine lineare Erfolgsgeschichte handelte. Zahlreiche Höhen und Tiefen prägten die vergangenen 75 Jahre seit der Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949. Was heute als "unverzichtbarer Kompass für unserer Gesellschaft" gilt, entstand damals in einer Zeit der Unsicherheit und Zukunftsangst. Die Auswirkungen des 2. Weltkriegs warfen noch immer ihre Schatten auf ein durch die Besatzungsmächte geteiltes Deutschland. Bezeichnend dafür: 1951 - also zwei Jahre nach der Entstehung - kannten laut einer Umfrage 51 Prozent der deutschen Bürger*innen das Grundgesetz nicht. Dies sollte sich laut Stephan Harbarth in den Folgejahren allerdings schnell ändern. "Das deutsche Grundgesetz ein einzigartiger Glücksfall. Dabei gelten die 70er Jahre bis heute als Quelle des deutschen Patriotismus." Nur 20 Jahre später also hatte sich das Grundgesetz seinen Weg in die deutsche Gesellschaft gebahnt. Besonders auffällig dabei laut des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts: Im Vergleich zu anderen Europäischen Ländern sei der Inhalt des Grundgesetzes stets vom Menschen her Gedacht worden. Dieser stehe damit stets im Mittelpunkt des Grundgesetzes.
Stephan Harbarth trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein
Ein Ansatz der bis heute große Relevanz und Aktualität genießt - insbesondere in einer Zeit, in der die Gesellschaft durch Krieg, Klimawandel, Integrationspolitik , etc. vor großen Herausforderungen steht. "Wir spüren auch einen Klimawandel im Inneren unserer Gesellschaft", so Stefan Harbarth. Deshalb sei es von größter Wichtigkeit, dass Auftrag der Verfassung mit Leben gefüllt wird. Dazu bedarf es allerdings auch Menschen, die sich für das Grundgesetz und ihre Ideen einsetzen. Denn "die Demokratie lebt vom Mitmachen mündiger Bürger", erklärte diesbezüglich auch Dr. Josef Widmann, Generalsekretär der Hanns-Seidel-Stiftung in seinen Ausführungen.
Bereits vor dem Festakt im Innenhof der Raiffeisen-Volksbank Ries hatte sich Stephan Harbarth ins Goldene Buch der Stadt Nördlingen eingetragen und dabei auch Fragen der geladenen Gäste beantwortet. Dabei stellte er in Bezug auf aktuelle Entwicklungen und Ereignisse klar: "Wenn der Gedanke an Demokratie fehlt, wird dies auch kein Verfassungstext der Welt retten."