Bild: Thomas Oesterer
In Nördlingen und Donauwörth fanden am Montag zwei Kundgebungen des BBV und des LSV Nordschwaben statt. Insgesamt waren während der Protestaktionen der Landwirtschaft weit über 1500 Traktoren auf den Straßen und sorgten dabei für viel Chaos.

Was bereits seit Weihnachten angekündigt wurde, wurde am heutigen Montag bereits seit den frühen Morgenstunden umgesetzt - auch hier im Donau-Ries. Hunderte Traktoren blockierten gemeinsam die Hauptverkehrswege des Landkreises. In den Schleppern saßen Landwirte und Landwirtinnen, um zu protestieren. Zunächst in ihren Fahrzeugen und später dann auf Kundgebungen in Nördlingen und Donauwörth. Adressat dieser Proteste war demnach die deutsche Bundesregierung - genauer gesagt die viel kritisierte Ampelkoalition, bestehend aus SPD, Grünen und FDP. Gerichtet haben sich die Proteste dabei genauer gesagt gegen das Vorhaben der Bundesregierung, die Subventionen beim Agrardiesel - die sogenannte Agradieselrückvergütung - schrittweise abzuschaffen. Dabei konnten die protestierenden Landwirte bereits jetzt einen kleinen Teilerfolg für sich verbuchen. So ist die ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaft und Forst mittlerweile kein Thema mehr. Ein Kompromiss, der im ersten Moment zwar vielversprechend klingt, für die Landwirte allerdings keine echte Option darstellt. "Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass wir zeitnah eine Lösung finden werden, die keine Kompromisslösung ist. Man kann nicht ignorieren, wenn tausende Bauern in ganz Deutschland auf die Straße gehen. Unser Präsident hat gegenüber Berlin klipp und klar formuliert, dass die Maßnahmen komplett gestrichen werden müssen und dafür werden wir auch weiterhin kämpfen", erklärt entsprechend BBV-Kreisobmann Karlheinz Götz.

Rund 2300 Personen protestieren in Nördlingen

Er war es auch, der innerhalb kürzester Zeit und gemeinsam mit zahlreichen Helfer*innen eine entsprechende Kundgebung auf der Kaiserwiese in Nördlingen organisiert hatte. Wie wichtig das Thema nicht nur für die Landwirte selbst ist, sondern auch für Funktionäre aus Politik, Landwirtschaft und Gastronomie, zeigte auch die Liste der Redner*innen, die nach Nördlingen gekommen waren, um sich dort dem Unmut der versammelten Menge zu stellen. Hier hatten sich laut Schätzungen des Polizeipräsidiums Schwaben Nord rund 2300 Personen mit 1400 Fahrzeugen versammelt. Darunter nicht nur Landwirte und Landwirtinnen mit ihren Gefährten, sondern auch viele weitere Interessierte, die sich mit der Landwirtschaft und deren Anliegen solidarisierten. Während der Kundgebung wurde schnell klar, dass die jüngsten Entscheidungen der Bundesregierung nicht allein für die aktuellen Protestaktionen verantwortlich sind. Diese seien vielmehr der viel zitierte "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat". Die einhellige Meinung der Organisatoren: Die Landwirtschaft ist nicht nur im Landkreis Donau-Ries, sondern in ganz Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der für viele Arbeitsplätze und Wertschöpfung sorgt. Leider fehle jedoch seit vielen Jahrzehnten die Wertschätzung der Politik, besonders in finanzieller Hinsicht. Dieser negative Trend habe sich in den vergangenen Jahren noch einmal verschärft, wirtschaftliches Arbeiten werde immer schwieriger - ja sogar fast unmöglich. Dies liege u.a. an gestiegenen Energiepreise, hohen Anschaffungskosten, der Flächenstilllegung von vier Prozent, die ab 2024 gilt und viele weitere Regularien, die seitens der Bundesregierung getroffen wurden.

Ein passender Vergleich aus Sicht des Bauernverbandes: Warum wird weiterhin an der Dienstwagenprivilegierung und an steuerfreiem Flugdiesel festgehalten, nicht aber an der Teilrückvergütung von Agrardiesel. Ein Kraftstoff, der laut Kreisbäuerin Nicole Binger "absolut alternativlos und lebensnotwendig" für die Landwirtschaft sei und ein Wegfall der Rückvergütung dazu führe, dass landwirtschaftlichen Betrieben ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.

Lettenbauer und Funke-Kaiser von Protestierenden ausgebuht

Als Vertreter*innen der viel kritisierten Ampelkoalition stellten sich vor Ort auch MdB Maximilian Funke-Kaiser (FDP) und die Grünen-Landesvorsitzende Eva Lettenbauer, der lautstarken Kritik und den Pfiffen der Anwesenden. Die Unmutsbekundungen galten dabei nicht nur den beiden jungen Politikern aus der Region, sondern zudem vor allem Cem Özdemir (Grünen), aktueller Landwirtschaftsminister der Bundesregierung. Lettenbauer versuchte zu beruhigen udn erklärte: "Wir Grüne in Bayern haben schon Mitte Dezember, direkt nachdem ein neuer Haushaltsentwurf vorgestellt worden ist, gesagt, dass im Entwurf überproportional hohe Kürzungen für die Landwirtschaft stehen. Ich bin froh, dass dieser erste Entwurf mittlerweile angepasst wurde." Demnach bleibe die Befreiung von der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Maschinen erhalten und die Agrardieselrückvergütung werde dieses Jahr unverändert ausgezahlt. Für die protestierenden Landwirte allerdings nicht genug und so musste die Landtagsabgeordnete während der weiteren Ausführungen gegen ein gellendes Pfeifkonzert ankämpfen.

Bei allem Verständnis für die Anliegen der Landwirtschaft waren sich alle anwesenden Politiker*innen parteiübergreifend einig. Kritik an einer demokratisch gewählten Regierung dürfe nie Mord-Symbolik mit Galgen verwenden. Hier sei eine Grenze überschritten worden, die so nicht im Verhältnis stehe. Dabei spielten Funke-Kaiser, Lettenbauer, Fackler, Rößle und Wittner auf Galgen an, die als Zeichen des Protestes gut sichtbar im Vorfeld auf mehreren Kreisverkehren angebracht wurden.

Über 1000 Traktoren sorgen in Donauwörth für Verkehrschaos

Unabhängig von dieser durchaus berechtigen Kritik bestätigten sowohl Stadtverwaltung als auch Polizei, wie friedlich und gut organisiert die Kundgebung in Nördlingen vonstattenging. Gleiches gilt auch für die Kundgebung in Donauwörth, die dort nur 1 1/2 Stunden später - gegen 13:30 Uhr auf dem Festplatz startete. Hier zählte die Polizei etwa 1.700 Teilnehmer*innen und rund 1.500 Fahrzeuge. Organisiert wurde die Veranstaltung von Mitgliedern des LSV Nordschwaben. Anders als in Nördlingen kamen in Donauwörth vor allem Landwirte und Vertreter aus der Gastronomie und dem Transportwesen zu Wort. Der Tenor blieb allerdings der gleiche. "Grundsätzlich kamen die aktuellen Demos und Kundgebungen durch den Vorschlag, die Befreiung der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Zugmaschinen und die Teilrückerstattung der Steuer auf den Agrardiesel abzuschaffen, zustande. Hierbei will aber gesagt sein, dass dies lediglich die Themen sind, die das Fass letztendlich zum Überlaufen brachten", fasste Johannes Nagler, AD-Nagler GmbH & Co. KG, entsprechend zusammen. Viel mehr Unverständnis habe er allerdings persönlich für die generelle Flächenstilllegung von gutem Ackerland in Höhe von vier Prozent und gesetzliche Rahmenbedingungen, die so komplex seien, dass selbst diejenigen, die sie beschlossen haben, sich nicht mehr auskenne würden.  Ähnliches wusste auch Robert Sapper, Wirt des Biergartens "Beim Lagoi" zu berichten. So sprach Sapper von viel Unmut seitens der Gastronomie und vom größten Landgasthofsterben jemals. Bei erhöhten Preisen wolle man als Gastronom niemand ausbeuten. Die Preise seien lediglich die Konsequenz aus den steigenden Einkaufspreisen und der Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen auf nunmehr 19 Prozent.

Insgesamt verlief auch die Kundgebung in Donauwörth äußerst friedlich ab. Wie bereits im Vorfeld angekündigt, sorgten über 1000 Traktoren im Anschluss an die Veranstaltung bis in die Abendstunde für Verkehrschaos in Donauwörth - lange Wartezeiten im Stau während des Feierabendverkehrs inklusive. Darunter auch einige Schlepper, die direkt von Nördlingen nach Donauwörth gekommen waren, um die dortige Protestaktion aktiv zu unterstützen. Weitere Kundgebungen in der Region finden in den kommenden Tagen u.a. in Augsburg und Dillingen statt. Der heutige Montag gilt dabei erst als Start in eine echte "Protest-Woche" mit dem Finale in Berlin am 15. Januar. Dann wird sich zeigen, ob und inwiefern die Protestaktion seinen Zweck erfüllt hat. Karlheinz Götz gibt zumindest zu bedenken: "Wir Landwirte haben jetzt Zeit. Wir befinden uns in einem Zeitfenster, in dem keine Ernte und keine Aussaat stattfindet. Wir werden die aktuelle Situation auf keinen Fall akzeptieren."