In der ganzen Republik gehen Landwirt zurzeit auf die Straßen. Sie werfen der Politik zu strenge Regularien vor, zum Beispiel in Sachen Düngeverordnungen. Als Kreisbäuerin Ruth Meißler beim diesjährigen Landfrauentag des Bayerischen Bauernverbandes Donau-Ries die „Schlepperdemos“, wie sie zuletzt auch in Nördlingen und Möttingen stattgefunden haben, erwähnt, erntet sie Applaus. Dass hochwertige Lebensmittel in Supermärkten werbewirksam „verramscht“ werden, sei skandalös, so Meißler. Die Landwirtschaft sei laut der Kreisbäuerin keineswegs das Problem, sondern Teil der Lösung. Meißler appelliert an alle Beteiligten nun mit einer gemeinsamen Stimme zu sprechen und gemeinschaftlich zusammenzuhalten.
Die „schwierige Phase für die Landwirtschaft“ spricht auch Landrat Stefan Rößle in seinen Grußworten in der vollbesetzten Wörnitzhalle. Um bei der Bevölkerung wieder ein Bewusstsein für die regionale Landwirtschaft zu erzeugen, plane der Kreis eine Imagekampagne. Diese soll die Leistungen der Bäuerinnen und Bauern in den Bereichen Umweltschutz, Erneuerbare Energien und Lebensmittelproduktion aufzeigen und bewerben. Außerdem sollen zukünftig in den landkreiseigenen Kantinen und Küchen, beispielsweise in Krankenhäusern und Pflegeheimen, mindesten 50 Prozent der Lebensmittel aus der Region stammen oder biologisch erzeugt sein. Ein gutes Beispiel auch für Kantinen in großen Wirtschaftsbetrieben, so der Landrat.
Landesbischof: Die Pflege von Traditionen ist heute wichtiger denn je
Nach einer ökumenischen Andacht mit Dekan Robert Neuner und Dekan Johannes Heidecker stand ebenfalls eine religiöse Persönlichkeit im Vordergrund. Als Festredner war der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm zu Gast beim Landfrauentag. Landwirte und Landwirtinnen leisten einen wesentlichen Beitrag für die Kultur, in der wir leben, stellte Bedford-Strohm gleich zu Beginn seiner Rede fest. Doch diese Kultur und die Gesellschaft habe sich verändert. Individualisierung und Pluralisierung sind zwei Begriffe, die der Landesbischof nennt, wenn er darüber spricht, wie junge Menschen heutzutage entscheiden wie und wo sie leben und welcher Tätigkeit sie beruflich nachgehen. Dass es in der modernen Gesellschaft vielfältige und mehrere Gemeinschaften gäbe, zu der sich Einzelne zugehörig fühlen, sei auch eine Herausforderung für die Kirche. Diese dürfe sich nicht abkapseln, sondern müsse überall in der Gesellschaft präsent sein.
Bedford-Strohm spricht fast völlig frei, zieht die Zuhörer in den Bann und gibt immer wieder wichtige Denkanstöße. Zum Beispiel wenn er sagt, dass es gerade in der Zeit der Digitalisierung umso wichtiger sei lokale Traditionen und Bräuche zu pflegen, statt eine globale Einheitskultur zu schaffen. Oder wenn er dem Publikum zu ruft: „Ihr seid alle ‚god made men and women‘“ (zu deutsch: von Gott gemachte Männer und Frauen). Vom Neudeutschen Begriff „selfmademen“ hält der Landesbischof nicht viel. Dass es auf jedem Lebensweg Menschen gibt, die einem begleiten und zu dem machen was man ist, dafür sollten wir alle dankbarer sein. Denn auch Glückforscher sagten: Wer dankbar ist, ist zufriedener und kann sich selbst lieben.
Nach einem gemeinsamen Mittagessen klang der Nachmittag mit „Lustiges aus dem Alltag“ mit der Allgäuer Mundart-Poetin Waltraud Maier, bekannt als „Meichslböcks Zenta“ beim Schwäbischen Fasching in Memmingen aus.