Heimat

Unterwegs in Ehingen am Ries

Die Kegelbahn ist mit Originalkugeln und Kegeln aus der Zeit ausgestattet. Bild: Alexander Michel
Kurioses und Sehenswertes aus Ehingen am Ries: Unser Autor hat sich auf Entdeckungstour begeben – und ist dabei auf eine liebevoll rekonstruierte Kegelbahn, preisgekrönte Dorfjugend und internationale Pferdeprominenz gestoßen.

Eine Kegelbahn nach historischem Vorbild

Wenn man von Ehingen kommend nach Belzheim fährt und zur Antoniuskapelle abbiegt, fällt direkt auf der linken Seite ein ungewöhnliches Holzgebäude ins Auge. Wie über der Tür geschrieben steht, handelt es sich dabei um eine Faßremise mit Kegelbahn.

Zu Füßen eines historischen Burgstalls – eine der frühesten Burgformen hierzulande, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreichen können – hat sich Familie Michel hier einen Traum erfüllt. Auf dem Grundstück, das bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vom Uropa erworben wurde, stand in früherer Zeit ein Bierkeller mit Kegelbahn und Hopfengarten. Alexander Michels Vater konnte sich noch an das Restgebäude der verfallenen Kegelbahn erinnern, Alexander Michel selbst hatte diesen allerdings nicht mehr erlebt. „Das wollten wir aber wieder aufleben lassen“, erklärt er den Ursprungsgedanken des Projekts. Dabei stieß er jedoch auf einige Hindernisse. Bilder habe es fast gar nicht mehr gegeben, weswegen er sich durch verschiedene Archive arbeiten musste. Mit Erfolg! Beim Vermessungsamt wurden alte Pläne in bayerischem Fuß – entspricht knapp 30 cm – entdeckt. Als großes Familienprojekt wurde das Gebäude dann auf den alten Fundamenten wiederaufgebaut. Das Prunkstück ist dabei die alte Kegelbahn, die mit historischen Kegeln und Kugeln, die zum Teil noch aus dem Besitz des Opas stammen, ausgestattet ist. Zusammen mit dem alten Bierkeller, der auch ohne Strom im Sommer eine Kühlmöglichkeit bietet, ist die Faßremise mit Kegelbahn mittlerweile ein schöner Anlaufpunkt für die ganze Familie. 

Die Kegelbahn ist mit Originalkugeln und Kegeln aus der Zeit ausgestattet. Bild: Alexander Michel

Gekörte Pferde aus Belzheim

Pferde kommen einem vielleicht nicht als Erstes in den Kopf, wenn man an Ehingen am Ries denkt. Aber doch hat dort – genauer gesagt im Ehinger Gemeindeteil Belzheim – die Sportpferdezucht Lanzinner ihr Zuhause. Früher ein landwirtschaftlicher Betrieb entschied sich Karl-Heinz Lanzinner, auf einen Pferdepensionsstall und besagte Sportpferdezucht umzusatteln.

 Der Erfolg gibt ihm recht. So wurden auf dem Pferdehof Weihermühle bereits zwei gekörte Hengste hervorgebracht – sprich: Sie wurden von einer Expertenkommission als für die Zucht geeignet ausgewählt. Der erste Hengst aus Belzheim war „Franklin Delano“, der 2019 gekört wurde, 2024 folgte „Fandango Fabuloso“, derzudem Bayerischer DSP-Champion der dreijährigen Hengste sowie Süddeutscher Vizechampion wurde. Damit qualifizierte sich der Hengst auch für das Bundeschampionat. Bei den Stuten hat der Weiherhof ebenfalls bereits einen Erfolg vorzuweisen. Die Stute „Rauhnacht“ wurde 2019 zur Staatsprämienstute ernannt. Darunter versteht man eine Fördermaßnahme für hochklassige Stuten, mit der die jeweiligen Landesregierungen sicherstellen wollen, dass mit bestimmten Stuten weitergezüchtet wird. 

Die Qualität der Pferde aus Belzheim hat sich mittlerweile herumgesprochen. Die auf dem Weiherhof gezüchtete Stute „Fee“ war Teil der Deutschen Mannschaft der Vierspänner mit Michael Brauchle, die bei der Weltmeisterschaft 2024 die Silbermedaille gewonnen hat. Und selbst ein Olympiateilnehmer war bereits in Belzheim. Der Spanier Severo Jurado Lopez, der unter anderem bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro den fünften Rang in der Dressur belegte, holte 2020 persönlich ein Fohlen auf dem Pferdehof Weihermühle ab.

Der Hengst Fandango Fabuloso wurde offiziell als Zuchthengst eingetragen. Bild: Karl-Heinz Lanzinner

Der Nebelsturer – eine besondere Jahreschronik

Oftmals wird der Jugend vorgeworfen, die Vergangenheit und damit die eigenen Wurzeln zu vernachlässigen. Nicht so in Ehingen am Ries: Dort hat es sich die Dorfjugend zur Aufgabe gemacht, die Vergangenheit zu bewahren. Dafür wird jedes Jahr der Nebelsturer herausgebracht – eine Art Jahreschronik, in der die Vereine die letzten zwölf Monate Revue passieren lassen können, private Berichte Einzug finden, aber auch an Geburten und Todesfälle erinnert wird.

Herausgeber des Nebelsturer ist seit 29 Jahren der Bauwagen Broidaloch e.V., wobei die Verantwortung hier bei den jüngeren Mitgliedern des Dorfjugendvereins liegt. „Bereits die 16-Jährigen werden schon eingebunden und machen im Verkauf ihre ersten Erfahrungen“, erklärt Luise Bühler, die in diesem Jahr mit Johanna Bühler, die Leitung übernommen hat. Dass diese Jahreschronik in der Gemeinde ankommt, zeigen die Verkaufszahlen. Verteilt zu einem Selbstkostenpreis von fünf Euro ist die Auflage von 200 Stück in diesem Jahr komplett vergriffen. Bei knapp 800 Einwohner*innen könne man davon ausgehen, dass in so ziemlich jedem Haushalt ein Exemplar zu finden sein dürfte, schätzt Luise Bühler. 

Und nicht nur in Ehingen am Ries kommt der Nebelsturer gut an, im Jahr 2021 wurde das Jahresheft beim Donau-Rieser-Heimatpreis mit dem ersten Platz in der Kategorie „Junges Donau-Ries“ ausgezeichnet. Eine große Motivation, den Nebelsturer noch viele Jahre weiterzuführen – zumal in diesem Jahr mit dem 30-jährigen Jubiläum eine besondere Ausgabe ansteht. Der Name kommt übrigens von einer lokalen Legende. Demnach herrschte einmal so dichter Nebel, dass die Ehinger den Kirchturm nicht mehr sehen konnten. Aus Angst, er könnte verschwunden sein, stiegen sie auf Leitern und stocherten mit langen Stöcken nach dem Kirchturm. Seitdem nennt man sie die Nebelsturer. Mit der Jahreschronik wird der Name nun jedes Jahr aufs Neue mit Leben gefüllt.

Luisa Bühler (l.) und Hannah Leberle präsentieren stolz die bisherigen Ausgaben des Nebelsturers. Bild: Manuel Habermeier

Redakteur. Unterwegs für blättle und online. Geboren in Augsburg ist er über Freiburg, Wien und München endlich im schönen Donau-Ries angekommen. Hier hat er besonders die Themen Kunst, Kultur, Geschichte und Sport im Blick.

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