Wo kommen Sie gerade her, und was hat Sie heute schon beschäftigt?
Mein Arbeitstag beginnt meist zwischen 6:00 und 7:00 Uhr. Um 7:30 Uhr beginnen am Dienstag die wöchentlichen Besprechungen mit unseren verschiedenen Abteilungsleitern.
Trinken Sie lieber Kaffee oder Tee?
Im Sommer trinke ich gerne Kaffee, im Winter bevorzuge ich Tee.
Frühaufsteher oder Langschläfer?
Eindeutig Frühaufsteher. Es ist mir sehr wichtig, frühzeitig im Betrieb zu sein.
Lieber eine Reise in die Ferne oder Urlaub auf Balkonien?
Urlaub zuhause funktioniert bei mir nicht so, dann bin ich gedanklich immer bei der Arbeit oder kommunalpolitisch aktiv. Ich mache gerne Fernreisen, sehr gerne auch auf eigene Faust. Natürlich bin ich aber auch gerne in Deutschland oder Österreich zum Beispiel mit dem Rad unterwegs.
Beschreiben Sie sich doch einfach mal selbst.
Teamfähigkeit ist eine Stärke von mir. Außerdem würde ich mich als verantwortungsvoll, verlässlich, spontan und gesellig beschreiben.
Sie haben im Jahr 1987 die Geschäfte von ihrem Vater Leonhard Taglieber übernommen. War schon immer klar, dass Sie das Familienunternehmen weiterführen?
Das war eigentlich nicht vorgesehen. Wir sind vier Geschwister, ich bin der Jüngste. Mein großer Bruder hat sich damals dafür entschieden, beruflich einen anderen Weg einzuschlagen und mein anderer Bruder hat die Landwirtschaft übernommen.
Was wollten Sie eigentlich als Kind werden?
Ich bin in der Landwirtschaft auf-gewachsen, daher wollte ich als Kind immer Landwirt werden. Zur Zimmerei bin ich dann natürlich durch meinen Vater, der auch Zimmerer war, gekommen.
Wie ist Ihr beruflicher Werdegang?
Nachdem ich den Betrieb eigentlich nicht übernehmen sollte, habe ich nach meiner Schulzeit KFZ-Mechaniker gelernt. Dieser Beruf hat mich schon immer sehr interessiert, zumal ich damals auch Autorennen gefahren bin. Später habe ich dann noch eine zweite Lehre zum Zimmermann gemacht. Anschließend habe ich 1986 die Meisterschule absolviert und 1987 die Geschäfte übernommen.
Was waren Ihre Visionen für das Unternehmen zur Zeit der Übernahme?
Unser Betrieb war zur Zeit meiner Übernahme sehr klein. Wir hatten gerade einmal 1 800 Quadratmeter Gewerbefläche in Schwörsheim. Eine Erweiterung war nicht möglich. Daher war sehr schnell klar, dass ich mich nach einem anderen Grundstück umschauen muss. In Schwörsheim gab es damals keine verfügbaren Gewerbeflächen, daher ist 1990 die Idee entstanden, dass wir mit unserem Betrieb nach Oettingen gehen. 1991 konnten wir in Oettingen auf dem 7 000 Quadratmeter großen Areal mit dem Bau beginnen und sind schließlich 1992 ins neue Betriebsgelände umgezogen.
Beschreiben Sie doch einfach mal ganz kurz für unsere Leser*innen, was die Taglieber Holzbau GmbH in Oettingen macht.
Mittlerweile arbeiten circa 200 Mitarbeiter*innen für die Taglieber Holzbau GmbH. Es gibt vier Bereiche, in denen wir tätig sind. Der Bereich Holzhausbau bildet den größten Sektor. Wir übernehmen für die Kund*innen alle Arbeiten vom Ausbauhaus mit viel Eigenleistung bis zum schlüsselfertigen Holzhaus. Den zweiten Bereich bilden die Zimmerei und Altbausanierung. Da kommen wir eigentlich her, das haben mein Vater und Großvater gemacht. Den dritten Bereich bildet der Gewerbebau. Wir bauen Schulen, Kindergärten oder mehrgeschossige Bauten für Wohnbaugesellschaften. Der vierte Bereich ist die Schreinerei mit Treppenbau, in der wir individuell auf die Kund*innen zugeschnittene Möbel und Treppen herstellen. Im Jahr 2006 habe ich dann eine weitere Firma gegründet. Die T-Remosan GmbH hat sich darauf spezialisiert, alte Fertighäuser energetisch zu sanieren. 2013 habe ich gemeinsam mit vier Kollegen die Holzunion Deutschland gegründet.
Das Thema Nachhaltigkeit ist seit einigen Jahren in aller Munde. Wie viel Wert wird bei Taglieber Holzbau darauf gelegt?
Mir war das Thema Nachhaltigkeit immer schon sehr wichtig. Wir sind schon im Jahr 2000 dem „Umweltpakt Bayern“ beigetreten. Wichtig ist nicht nur über Nachhaltigkeit zu reden, sondern es im eigenen Betrieb vorzuleben.
Worauf sind Sie rückblickend beruflich gesehen besonders stolz?
Besonders stolz bin ich auf alle Mitarbeiter*innen und dass wir trotz unserer großen Größe ein gutes Miteinander haben. Wir bezeichnen uns immer als eine große Familie. Mich freut auch besonders, dass meine Kinder ins Unternehmen miteingestiegen sind. Ich habe ihnen immer gesagt, dass sie nicht einsteigen müssen, aber drei von Ihnen haben es trotzdem gemacht. (lacht)
Zum 1. Januar 2021 sind Ihre Kinder Franziska, Christine und Stefan in die Geschäftsleitung eingestiegen. Ein von langer Hand geplanter Schritt?
Die Übergabe ist von langer Hand geplant und hat vor acht Jahren begonnen und endet im Jahr 2023. Meine Kinder übernehmen Schritt für Schritt meine Aufgaben in der Geschäftsführung. Ende 2023 werde ich schließlich aus der operativen Geschäftsführung aussteigen. Meine Tochter Christine ist für die Bereiche Nachhaltigkeit, Marketing und Vertrieb zuständig. Franziska ist schon am längsten im Betrieb, nämlich seit 2009. Sie hat eine Lehre zur Bankkauffrau abgeschlossen und anschließend noch ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert. Sie kümmert sich um den Bereich Finanzen und Personal. Mein Sohn ist unser Praktiker, er hat die Produktion und Montage unter sich.
Was ist das ausschlaggebende Argument für den Bau eines Holzhauses?
Bauen mit Holz ist Klimaschutz! Die Baubranche verbraucht sehr viel Energie und ist maßgeblich an der Abfallproduktion beteiligt. Man muss auch immer den gesamten Lebenszyklus eines Hauses betrachten, es gibt zwischen dem Holzhausbau und einem konventionellen Bau große Unterschiede. Ein Holzhaus verbraucht beim Bau viel weniger CO2 und die Recyclingfähigkeit ist sehr gut. Wenn man das Haus dann nach Jahren saniert, kann man das Holz eins zu eins wieder verwerten. Außerdem ist Holz viel nachhaltiger fürs Klima.
Sowohl auf dem Land als auch im städtischen Umfeld fehlt es derzeit nahezu überall an ausgewiesenem Bauland. Muss es ein Umdenken bei den Wohnformen geben?
Eins ist klar, wir müssen mit dem Flächenverbrauch in Deutschland und auf der Welt sorgsamer umgehen. Es wird natürlich auch in Zukunft Ein- und Zweifamilienhäuser geben. Das sollte man auch nicht verbieten, jedoch muss die Baubranche nachhaltiger sein. Große Bauflächen, wie wir sie in der Vergangenheit verbraucht haben, sind nicht notwendig. Wir müssen die Planungen so gestalten, dass der Wohnkomfort trotz geringerer Fläche da ist. Wahnsinniges Potenzial sehe ich auch in der Nachverdichtung. Große Häuser könnten in Zweifamilienhäuser umgebaut werden. In große Gärten könnten weitere kleinere Häuser gebaut werden.
Besonders in der Corona-Krise sind die Preise für Stahl, Glas und vor allem für Holz stark angestiegen. Kann sich der Mittelstand überhaupt noch ein Einfamilienhaus leisten?
Die Preise sind enorm gestiegen, was auch für uns ein riesiges Problem ist. Das ist die größte Krise, die die Bauwirtschaft je erfahren hat. Die Preise von Holz waren aber in der Vergangenheit einfach zu günstig, momentan sind sie aber wirklich zu hoch. Ich bin sicher, dass sich der Markt Anfang 2022 normalisieren wird. Die Holzpreise werden dann auf einem vernünftigen Niveau sein, sodass Waldwirtschaft vernünftig betrieben werden kann. Ich bin überzeugt, dass sich der Mittelstand dennoch auch in Zukunft ein Einfamilienhaus leisten kann. Wenn die Grundstücke und die Häuser ein wenig kleiner werden und wir das Niveau ein wenig zurückfahren, dann kann sich der Mittelstand das leisten.
Sie sind auch politisch aktiv und sitzen seit fast 25 Jahren für die CSU im Kreistag und sind seit 2002 Mitglied des Oettinger Stadtrats.
Erinnern Sie sich noch an Ihre Anfangszeit in der Politik?
Ein großes Thema im Kreistag war damals die Müllentsorgung im Landkreis. Gott sei Dank haben wir die Entscheidung getroffen, keine Mülldeponie in Deiningen zu bauen. Auch der Bau des Landratsamtes war ein großes Thema in meiner Anfangszeit. Sehr gut erinnern kann ich mich auch noch an den Bau der Sonderschule in Nördlingen. Die älteren Kreisräte haben damals gesagt, dass wir mit dem Thema Schulbau nun für die kommenden Jahrzehnte im Landkreis durch sind. (lacht) Mittlerweile werden jetzt die größten Ausgaben im Schulbereich getätigt. Im Oettinger Stadtrat war um die Jahrtausendwende die Entscheidung über die Zukunft des Kreiskrankenhauses sehr schwierig. Die Geburtshilfe und die Chirurgie standen auf der Kippe. Es stand die Frage im Raum, ob man daran festhalten oder einen Umbau machen will. Rückblickend hätten wir beides nie halten können. Hätten wir den Umbau nicht eingeleitet, würde es das Oettinger Krankenhaus nicht mehr geben. Meine größte Niederlage in meiner politischen Karriere war sicherlich der geplante Bau einer Westumgehung von Oettingen. Durch ein Bürgerbegehren wurde damals die Entscheidung aber gekippt. Im Nachhinein eine vertane Chance für Oettingen. So ist aber eben die Politik, das muss man akzeptieren und nach vorne schauen.
Welche politischen Themen liegen Ihnen besonders am Herzen?
Die Gewerbeentwicklung in Oettingen ist ein Thema, das wir angehen müssen. Hier brauchen wir dringend Erweiterung, denn das Potenzial ist da. In Sachen Kinderbetreuung ist großer Bedarf da, auch hier müssen wir ganz dringend aktiv werden. Ebenso muss das Thema nachhaltige Stadtentwicklung angegangen werden.
Im Mai 2021 haben Sie dem Oettinger Stadtrat das Bauprojekt Wohnpark „GrünerLeben“ vorgestellt. 32 Wohneinheiten sollen demnach auf dem Areal zwischen Ziegelgasse und Anton-Jaumann-Straße in Oettingen entstehen.
Können Sie das Projekt unseren Leser*innen kurz vorstellen?
Es soll ein Wohnungsmix auf diesem Areal entstehen. 22 Wohnungen in zwei Mehrfamilienhäusern, vier Einfamilienhäuser und sechs Reihenhäuser. Wir wollen hier ein Projekt verwirklichen, das mit den Umweltzielen einhergeht.
In der Vergangenheit konnte kein Konzept den Stadtrat nachhaltig überzeugen. Was macht das Projekt „GrünerLeben“ so besonders?
Nachhaltigkeit und Umweltschutz sollen mitunter im Vordergrund stehen. Ziel ist es auf weniger Fläche mehr Wohnraum zu schaffen und trotzdem eine hohe Aufenthaltsqualität zu garantieren. Anders als in der Vergangenheit soll hier nicht nur einfach Wohnraum entstehen, das ist glaube ich nicht die Zukunft.
Kommen wir nun zur Person Erwin Taglieber.
Was machen Sie am liebsten in Ihrer Freizeit?
Früher war ich leidenschaftlicher Fußballer, jetzt bin ich begeisterter Fahrradfahrer. Meine Fußballfreunde von früher leisten mir jetzt dabei Gesellschaft. (lacht) Außerdem gehe ich gerne Berg-steigen. Früher bin ich viel Ski-Abfahrt gefahren, mittlerweile lasse ich es aber gemütlicher angehen und gehe gerne Tourenski fahren im Winter.
Haben Sie einen Lieblingsort im Landkreis?
Unser Roßfeld in Oettingen. Es ist wunderschön, wenn man von oben ins Ries schauen kann. Ich bin auch gerne in der Nähe der Harburg mit meinem Rad unterwegs.
Haben Sie ein Lebensmotto oder einen Spruch, der zu Ihnen und Ihrem Leben passt?
„Lächle und die Welt verändert sich“ von Buddha. Darin steckt viel Wahrheit. Wenn man viel in der Welt herumkommt und sieht wie viel Armut es auf der Welt gibt, dann sieht man, wie gut es uns in Deutschland geht. Dann kann man manchmal gar nicht verstehen, warum hier keiner mehr lächeln kann.
Kommen wir zum Self-Rating Test. Schätzen Sie bitte Ihre Fähigkeiten von null Punkten – völlig unbegabt – bis zu zehn Punkten – maximale Begabung – ein:
Vervollständigen Sie bitte folgenden Satz: Typisch für mich ist ...
nie aufzugeben!
Abenteurer?
8 Punkte
Workaholic?
Von außen betrachtet, meinen das viele. Ich bin es aber eigentlich nicht, daher nur eine 2.
Visionär?
Ich bin immer von meinen Ideen getrieben und schaue nach vorne, das ist mein Antrieb, daher eine 9.
Genießer?
8 Punkte.
Vielen Dank, Herr Taglieber, für das freundliche und interessante Gespräch!