Auf dem Fränkischen Jakobusweg von Maihingen nach Wallerstein Teil 2

Wer den gesamten Pilgerweg läuft, bekommt im Kloster Maihingen einen Pilgerstempel. Bild: Verena Gerber-Hügele
Im ersten Teil dieses Pilgerabschnittes wanderte unsere Kollegin mit der erfahrenen Pilgerin Brigitte Tanneberger von Maihingen aus los. Auf ihrem Weg Richtung  Wallerstein sahen sie die Kirche Mariä Himmelfahrt und den Gnadenbrunnen. Auch an der Kapelle zum Guten Hirten kamen sie vorbei. Wie es weiter geht lest ihr nun im zweiten Teil.
„Pilgern fängt vor der Haustür an. Es muss ja nicht gleich Santiago de Compostela sein. Wir haben hier in unserer Region und in Schwaben ganz allgemein tolle Pilgerwege und vor allem auch eine gute Infrastruktur rund ums Pilgern, es gibt sogar immer mehr offizielle Pilgerunterkünfte. Mit dem „soMit“ Programm machen wir eine Wanderung zum Thema Pilgern rund um Kaisheim, die sehr gut angenommen wird. Wichtig ist vor allem auch zu wissen, was und wieviel man sich zutrauen kann und will“, erzählt Brigitte Tanneberger. Während wir laufen und uns unterhalten, schauen wir immer wieder die Landschaft entlang des Weges an. Am Wegrand entdecken wir an einem Pfosten einen interessanten blau-gelben Aufkleber mit Jakobsmuschel. Das macht uns neugierig und wir schauen uns das einmal näher an. Auf dem Aufkleber steht „Martins long way 2017“. Dazu viele Wegstationen von Frankfurt an der Oder bis nach Santiago de Compostela. Auf seinem langen Weg kam dieser Martin auf seiner Pilgertour offensichtlich auch hier entlang und hat anderen Pilgern und Wanderern mit dem Aufkleber eine kleine Botschaft hinterlassen, die vielleicht als Gruß oder auch als Aufmunterung verstanden werden darf. Die Idee gefällt uns.
Bei einer Baumgruppe biegt unser Weg nun ab und führt uns nach Birkhausen, einem kleinen Ortsteil von Wallerstein. Im Zentrum steht die Kirche St. Vitus. Wir folgen der wirklich sehr guten Wegbeschilderung durch den Ort und wieder hinaus auf weite Flur. „Eine gute Beschilderung ist toll für uns Pilger, ich finde es klasse, dass es in den Vereinen so viele Menschen gibt, die sich freiwillig engagieren und zum Beispiel die Wegkennzeichnung pflegen. Verlaufen hat man sich schnell mal, auch ich habe mich schon öfter verlaufen. Einmal sogar um ganze 16 Kilometer, das ist schon ein ziemliches Stück! Zum Glück habe ich nette Menschen getroffen, die mich mit dem Auto wieder dort abgesetzt haben, wo ich eigentlich hin wollte. Aber das Interessante ist, dass man genau diese Episoden
im Gedächtnis behält und hinterher immer wieder erzählt“, lacht Brigitte Tanneberger.
Den Burgberg von Wallerstein im Blick   
Unser Ziel, der Burgfelsen von Wallerstein, erhebt sich schon sichtbar in der Landschaft. Auf dem weiteren Weg erfahre ich mehr über Brigitte Tannebergers Pilgerleidenschaft. Sie erzählt: „Wenn ich unterwegs bin, dann immer alleine. Ich pilgere generell alleine, das liegt mir. Anderen ist das Pilgern in der Gruppe lieber. Ich rate immer, jeder sollte so laufen, wie es sich für ihn am besten anfühlt. Auch muss jeder in seinem eigenen Rhythmus laufen und in seiner eigenen Geschwindigkeit. Ich zum Beispiel laufe im Vergleich eher langsam. Alleine laufen, das muss man aushalten können. Dennoch ermutige ich Menschen, vor allem Frauen, gerne dazu, sich einmal alleine auf den Weg zu machen. Gerade dafür sind die bekannten Pilgerwege in Spanien wie zum Beispiel der Jakobsweg Camino Francés oder der Jakobsweg Küstenweg ideal. Hier gibt es eine enge Infrastruktur, gute Herbergen und für den Fall der Fälle fi ndet man immer Hilfe.“ Brigitte Tanneberger fragt mich, ob ich auch schon einmal eine längere Strecke gepilgert oder gewandert bin oder ob ich es mir vorstellen könnte. Ich denke kurz darüber nach. Bisher habe ich immer nur Tageswanderungen gemacht. Doch eine mehrtägige oder gar mehrwöchige Tour kann ich mir durchaus gut vorstellen. Mich alleine auf den Weg zu machen, würde mich auch nicht schrecken. Während wir uns noch angeregt unterhalten, laufen wir schon nach Wallerstein hinein. Der Ort Wallerstein wird im Jahr 1238 erstmals schriftlich erwähnt, allerdings noch unter dem Namen Steinheim.
Die Siedlung war verkehrstechnisch günstig an einem Fernweg von Italien nach Frankfurt am Main entstanden. Auf diesem Fernweg waren damals Kaufleute, Soldaten und natürlich auch Pilger unterwegs. Im 15. Jahrhundert wurde der Ort nach der Burg Wallerstein benannt. Wir laufen zum Parkplatz an der Mehrzweckhalle, steigen ins Auto und fahren die eben gelaufene Strecke zurück nach Maihingen.
Einkehren gehört auch dazu   
Brigitte Tanneberger hat noch einiges zu erzählen und auch viel Anschauungsmaterial dabei, das sie mir noch zeigen möchte. Daher kehren wir auf eine heiße Tasse Tee und eine heiße Schokolade in einen Gasthof ein. „Das Einkehren ist für mich ein wichtiger Teil der Pilgererfahrung. Den Tag über laufe ich wie gesagt gerne alleine, aber am Abend genieße ich es, in Gesellschaft zu Essen, gemeinsam etwas zu trinken und mich mit anderen Pilgern auszutauschen und Geschichten zu erzählen. Ich finde es auch schön, nach einigen Tagen am Abend in den Pilgerpass zu schauen und die vielen Stempel zu sehen. Das sind alles gelaufene Kilometer. Manchmal hast du einige Tage lang ein Gebirge vor dir und schon einige Tage später liegt es hinter dir. Auch im Nachhinein ist mir der Pilgerpass mit den Stempeln wichtiger als die Compostela, also die Urkunde, die man als Pilger in Santiago überreicht bekommt. Wenn ich auf die Stempel im Pilgerpass schaue, erinnere ich mich an jeden einzelnen, weiß, wo ich war, wie es dort ausgesehen hat und was ich erlebt habe. Und ich finde es immer wieder erstaunlich, was man leisten kann“, freut sich Brigitte Tanneberger. Wir haben an diesem Vormittag gerade mal sechs Kilometer zurückgelegt, dennoch freuen wir uns über den gemeinsam gelaufenen Weg und finden, dass es ein schönes Erlebnis war. Mit vielen neuen Eindrücken und vor allem vielen neuen Informationen rund ums Pilgern versorgt, verabschiede mich dankbar von Brigitte Tanneberger und schaue bereits dem nächsten Pilgererlebnis entgegen.