Seit nunmehr zwei Jahren gibt es das Studienmodell „Digital und Regional“ der Hochschule Augsburg. Dadurch ist es möglich, am Nördlinger Hochschulzentrum „Systems Engineering“ zu studieren. Im zweiten Semester sind nun 34 Studierende, davon 17 in Nördlingen.
Beim Semesterstart im März war unser Kollege Matthias Stark dabei und hat sich angeschaut, wie Studieren in Nördlingen funktioniert:
Theorie: Am 15. März um 08:30 Uhr sitze ich mit siebzehn Studenten und Studentinnen im Vorlesungssaal des Hochschulzentrums. An diesem Vormittag stehen zwei Vorlesungen Ingenieurmathematik auf dem Stundenplan. Der Seminarraum befindet sich im Erdgeschoss. Hier stehen zwölf Rechner, eine digitale Tafel und mehrere Kameras und Lautsprecher. Aufgrund der parallelen Vorlesungen in Nördlingen und Memmingen befindet sich an diesem Tag kein Dozent in Nördlingen. Dr. Andreas Hiemer wird durch die Kameras in den Vorlesungsaal nach Nördlingen gebracht. Die Studenten können über die Mikrofone Fragen an den Dozenten stellen. Was der Dozent auf die digitale Tafel in Memmingen schreibt, wird auch auf die Bildschirme der Studenten projiziert.
Nach der Begrüßung der Studierenden stellte Dr. Andreas Hiemer die großen Themenblöcke des Semesters vor: Integralrechnungen, Folgen und Reihen und Mehrdimensionale Funktionen. Anschließend geht es direkt in den Unterrichtsstoff. Unser Dozent schreibt an das Smartboard, das die Aufgaben direkt auf unsere Bildschirme überträgt. Er erklärt im ersten Schritt die Bedeutung der Integralrechnung und steigt weiter in die Materie ein.
Währenddessen sitzen wir in unserem Seminarraum und lauschen gespannt dem Dozenten. Dieser wird auch durch die im Raum verbauten Lautsprecher übertragen. Auch die Nutzung eines Headsets über den PC ist möglich, um den Dozenten noch besser zu verstehen. Neben den Rechnern der Hochschule nutzen die Studenten auch ihre eigenen Laptops, um sich weitergehende Informationen zu holen. Bereits nach kurzer Zeit hat man sich als Außenstehender an den technischen Ablauf gewöhnt. Dass der Dozent nicht im Raum ist, hat auf das Verhalten der Studenten keine Auswirkungen. Es herrscht Ruhe und Aufmerksamkeit unter den Studierenden, die in der Mehrzahl Anfang zwanzig und in der Region verwurzelt sind.
Das Studium am Hochschulzentrum fi ndet in Teilzeit (als Duales Studium) statt. Immer am Donnerstag und Freitag sind die Vorlesungen, an den anderen Tagen in der Woche sind die Studenten in ihren Betrieben. Dazu gehören Firmen wie Grenzebach, Valeo, Gropper und viele weitere bekannte Namen aus der Region. Der Teilzeitstudiengang ist damit ein wichtiger Faktor, um Fachkräfte in der Region auszubilden und anschließend auch zu halten.
Neben Mathematik gehören auch Elektrotechnik und Informatik zu dem Studiengang. Außerdem wird in jedem Semester an einem Projekt gearbeitet, welches die Studenten das ganze Semester über begleiten. Die Dozenten wechseln sich ab. Sie halten eine Vorlesung in Nördlingen und in der folgenden Woche dann in Memmingen. Am Nachmittag sind Lehrbeauftragte vor Ort, um den Studierenden zu helfen.
Neben den Studenten sind auch Mitarbeiter der Hochschule Augsburg am Standort Nördlingen anwesend. Hier im rechten Teil des Erdgeschosses des TCW hat die Hochschule nicht nur zwei Vorlesungsräume, sondern auch zwei Labore, welche für die Projekte benötigt werden. Des Weiteren dürfen die Studenten auch die Robotikhalle des TCW nutzen. Das ganze Semester begleitet die Studenten außerdem ein Projekt. Im vergangenen Semester war die Aufgabenstellung, ein motorisiertes Fahrzeug zu bauen, das einer Aufgabe nachgeht.
Praxis: Auch den praktischen Teil des dualen Studiums schaue ich mir im TCW an. Die Einrichtung beschäftigt im Moment mit Richard Haas und Florian Knie zwei Duale Studenten. Den Nachmittag verbringe ich mit Richard Haas.
Nach seiner Ausbildung machte er die Technikerschule in Nördlingen und ergatterte einen der begehrten Plätze für das Duale Studium. „Ich kann das im Studium Gelernte direkt in die Praxis umsetzen. Das ist natürlich
ideal,“ erzählt mir Richard Haas, der an diesem Tag an einem gemeinsamen Projekt mit Stefan Wieser arbeitet. Ein Kunde aus der Automobilbranche hat dem TCW einen Forschungsauftrag erteilt. Ein Roboter soll Klebstoff auftragen, um zwei Teile miteinander zu verbinden.
„Wir haben bereits an einigem getüftelt“, erklärt mir Richard Haas. Mittlerweile funktioniert es ganz gut, nachdem in über 100 Versuchen der richtige Fahrtweg, der Druck und die Dosierung angepasst wurden. „Nach dem Abschluss des Projekts geben wir die Ergebnisse an die Industrie weiter, wo diese eingesetzt werden.“
Natürlich muss man zum Abschluss festhalten, dass jeder Betrieb im Dualen Studium andere Maßstäbe anlegt und Aufgaben zuteilt. „Mit meiner Wahl für das TCW bin ich aber sehr zufrieden“, erzählt mir Richard Haas, als ich mich verabschiede und mich für die beiden Schnuppertage als Dualer Student bedanke.