Alles begann mit zwei Frauen: die eine Gisela, die Tochter eines bayerischen Herzogs, die andere Gunderada, die Tochter des Burgherrn Mangold aus Donauwörth.
995 heiratet die bayerische Prinzessin Gisela den ungarischen Fürsten Stephan, der kurz zuvor erst Christ geworden war. Im Gefolge der erst zehnjährigen Prinzessin befi nden sich zahlreiche bayerische Adelige, die im Reich Stephans, der im Jahr 1000 zum König von Ungarn gekrönt wurde, eine Verwaltung aufbauen sollen. Um verstärkt Westeuropäer ins Land zu holen, lockt König Stephan viele Pilger mit der Garantie eines sicheren Pilgerwegs entlang der Donau zu den heiligen Stätten in Jerusalem nach Ungarn.
Er hofft, dass sich einige der Pilger, wie zum Beispiel der Heilige Gerhard, auf dem Rückweg in Ungarn niederlassen. Seit dem Jahr 1026 sind 700 Adelige, Bischöfe, Äbte und einfache Gläubige aus ganz Frankreich unterwegs, um ins Heilige Land zu pilgern. Sie benutzen die alten Heerstraßen, bei Worms über den Rhein, am Main entlang, nach Süden durch das Wörnitztal bis nach Donauwörth. Von hier aus führt der Weg an der Donau entlang durch Ungarn über Konstantinopel ins Heilige Land.
Der Donauwörther Burgherr Mangold – vermutlich reiste er mit dem Straßburger Bischof Wernher – bricht 1028 im Auftrag Kaiser Konrads II. in diplomatischer Mission nach Konstantinopel auf und kehrt vermutlich 1029 mit einem Kreuzpartikel, einem Teil des Kreuzes Christi, heim. In dem von ihm gegründeten Frauenkloster in seiner Burg – seine Tochter Gunderada ist erste Äbtissin des Klosters – wird die Reliquie aufbewahrt und verehrt. Zwanzig Jahre später, im Dezember 1049, also genau vor 970 Jahren, wird auf der Mangoldsburg ein hoher Gast begrüßt: Papst Leo IX.
Papst Leo, mit bürgerlichem Namen Bruno von Egisheim aus dem Elsass, wird als Wunschkandidat Kaiser Heinrichs III. vom römischen Stadtpatriziat zum Papst gewählt. Unterstützt durch die militärische Macht des Kaisers geht er sofort im Rahmen einer „Pastoralreise“ gegen Simonie, den Ämterkauf, vor. Er lässt alle kirchlichen Würdenträger, Bischöfe und Äbte schwören, dass sie frei gewählt wurden und ihre Ämter nicht gekauft haben. Auf der Synode in Mainz im Oktober 1049 wird Papst Leo vom Donauwörther Burgherrn Mangold in das neugegründete Kloster eingeladen. Aber Papst Leo kommt nicht sofort nach Donauwörth, wie man meinen könnte, sondern zieht rheinaufwärts in das Elsass.
Hier weiht er das Frauenkloster in Woffenheim, eine Gründung seiner Eltern, der Grafen von Egisheim, und stellt der Äbtissin eine Urkunde aus. Dann besucht er das Kloster auf der Insel Reichenau im Bodensee. Von der Reichenau aus bricht er mitten im Winter nach Donauwörth auf. Eine gefährliche Reise, die sechs Tage dauerte. Noch bemerkenswerter ist, dass Papst Leo in seinem ersten Pontifi kaljahr den Beginn des neuen Kirchenjahres, es ist der erste Adventssonntag, auf der Mangoldsburg in Donauwörth feiert! Ebenso spektakulär ist die Papsturkunde, die für die Äbtissin Gunderada ausgestellt wurde und die vor allem weltliche Rechte regelt.
„Dich hochgeschätzte Gunderada ...“ so beginnt der Text der Urkunde des Papstes aus dem Jahr 1049. Das Kloster wird unter den Schutz des Papstes gestellt und der nahe Bischof von Augsburg wird ausdrücklich von jeglichem Recht an dem Kloster ausgenommen. In der Urkunde wird den Nonnen neben der freien Wahl der Äbtissin, die freie Wahl des Advokaten, des Schutzherrn des Klosters, zugesichert. Wenn die Klosterfrauen mit dem Advokaten nicht zufrieden sind, dürfen sie sich direkt beim Papst über den Advokaten beschweren. Besonders bemerkenswert ist folgender Paragraph der Urkunde:
„Wir (Papst Leo IX.) wollen, dass dieser Teil (Kreuzpartikel) immer gerade hierbleibt (Kloster Heilig Kreuz), wir verlangen und wünschen, dass er von niemanden weggetragen wird, zugleich setzen wir durch die Aufsicht des Apostolischen Stuhls unter Berufung des göttlichen Gerichts fest, dass kein Kaiser, kein König, kein Bischof, keine Macht, keine große und geringere Person es wagen möge, diesen Teil des wahren Kreuzes von diesem Kloster auf irgendeine Weise wegzunehmen....“
Mit dieser Urkunde vom 3. Dezember 1049 hat Papst Leo den Kreuzpartikel geschützt, so dass er auch nach 970 Jahren immer noch im Kloster Heilig-Kreuz in Donauwörth verehrt werden kann.