Es war ein Ruf von Gott, der Sylvia und Norbert Hill nach Südamerika gebracht hat. Eine Predigt in einem Gottesdienst überzeugte die gläubigen Christen, ihr Hab und Gut in einen Container zu packen und mit dem damals zweijährigen Sohn Michael und der vier Monate alten Tochter Rebekka in das fremde Paraguay aufzubrechen. Sie haben sich in Limpio, einem Vorort der Hauptstadt Asunción, niedergelassen. Norbert Hill war in den ersten Jahren als Lehrer beschäftigt und verdiente so Geld für die Familie.
Er erinnert sich: „Für mich erfüllte sich in gewisser Weise schon damals ein Lebenstraum, da ich arme Kinder unterrichten konnte. Niemand dachte zu diesem Zeitpunkt an ein Nähprojekt.“
Erst ein Zufall brachte Sylvia Hill und eine amerikanische Hilfsorganisation zusammen. Die Chefin der Organisation suchte jemanden, der ein dreimonatiges Nähprojekt betreuen konnte. Sie kannte zwar die Hills, ahnte aber noch nichts davon, dass Sylvia Hill hervorragend nähen kann und aus einer Ahnenreihe von Schneidern abstammt. Ihr Bruder Christof Werani ist heute noch einer der wenigen Damenschneidermeister in Deutschland mit Atelier in Donauwörth.
Und so kam das eine zum anderen. Sylvia Hill fing 2008 an, zwei Frauengruppen Nähunterricht zu geben. „Zehn Maschinen kamen mit einem Container gespendeter Krankenhauskleidung in Paraguay an. Es gab kein Geld, um Stoffe kaufen zu können. Wir mussten alte Kleidung zerschneiden und zusammenpatchen“, erzählt sie.
Arbeitsplätze für Frauen aus schwierigen Verhältnissen
Heute arbeiten die Hills mit über 250 Maschinen und mindestens genauso vielen Frauen und Mädchen an über 40 Kursorten bei indigenen Völkergruppen und Landfrauen, in Kinderheimen, Schulen und Gefängnissen. Sie haben 25 Lehrerinnen ausbilden können, die nun wiederum anderen Frauen das Handwerk an der Nähmaschine beibringen.
Die Frauen in Paraguay haben meist keine Ausbildung – von Studium ganz zu schweigen. Die Fähigkeiten mit Nadel, Faden, Stoffen und den Nähmaschinen umzugehen ist für sie eine sinnvolle Aufgabe und im besten Fall können die Frauen aus ärmlichen Verhältnissen so noch für ein kleines Einkommen sorgen. Genäht werden Bettwäsche, Kleidung und Taschen, die zum Teil auch in Deutschland in Eine-Welt-Läden, beispielsweise in Donauwörth, verkauft werden.
Für ihre Arbeit sind Norbert und Sylvia Hill vor allem auf Spenden aus der Heimat angewiesen. Alle Nähmaschinen sind ausrangierte Modelle, die sie bei Heimatbesuchen einsammeln und mit dem Container nach Südamerika verschiffen. „Für uns ist das ein Wunder. Wir haben uns das überhaupt nicht so ausgedacht und geplant. Es freut uns sehr, dass wir so vielen Familien helfen können und Teil von Gottes gutem Plan sein dürfen“, erzählen die Hills stolz von ihrer Arbeit.
Von Rückschlägen, wie zuletzt der Corona-Krise, lassen sich die Auswanderer nicht unterkriegen, wenn sie feststellen: „Die Pandemie hat die Armen ärmer gemacht“. Gerade deshalb setzen sie sich in dem südamerikanischen Entwicklungsland noch stärker für die gute Sache ein. Über ihre Arbeit bloggen die Hills in unregelmäßigen Abständen auch online, erzählen über ihre Arbeit, rufen zu Spenden auf und lassen Menschen aus der fränkisch-schwäbischen Heimat ein Stückchen teilhaben an ihrem Projekt.
Nach Deutschland kommen die Hills nur alle zwei Jahre – meist um Vorträge über ihre Arbeit zu halten und Spenden zu sammeln. Von der Hilfeleistung, die sie aus Deutschland für ihr Projekt erhalten, sind sie jedes Mal aufs Neue tief beeindruckt.