Bei der Bewohnerfeier ist alles anders als normal: Der Termin steht lange im Voraus fest, es ist meistens um den 20. Dezember herum. Es werden auf diesen Tag keine weiteren Termine gelegt, um den Ablauf der Feier nicht zu stören. Die Gäste der Tagespflege kommen an diesem Tag dazu und feiern mit dem Personal und den Bewohner*innen der sechs Wohnbereiche. Auch Angehörige sind eingeladen teilzunehmen, zumindest in normalen Jahren. Während der Pandemie war das 2020 nicht möglich. Neben dem Sommerfest ist die Bewohnerfeier vor Weihnachten eines der jährlichen Hauptfeste im Kalender von St. Vinzenz.
Andrea Eireiner arbeitet seit 30 Jahren in der Altenpflege und seit circa 20 Jahren in St. Vinzenz. Die Bewohnerfeier habe es in dieser Zeit immer gegeben, berichtet sie. Für die Vorbereitung braucht das Team des Altenheims eine gewisse Zeit, es wird ein großer Aufwand betrieben – wie bei allen Festivitäten sind eine gute Planung und Vorbereitung der Garant für ein gelungenes Fest. Hierzu zählen unter anderem die Auswahl des Menüs, das festliche Eindecken der Tische, sowie die Programmgestaltung. Laut Andrea Eireiner merken die Mitarbeiter*innen jedoch immer, dass es sich lohnt, wenn sie die freudigen Reaktionen der Bewohner*innen sehen.
Licht, Gerüche und Stimmung sind von großer Bedeutung
Am Tag der Bewohnerfeier werden nachmittags zum Kaffee selbstgebackene Plätzchen gereicht. Diese werden den ganzen Advent über zusammen mit den Bewohnern*innen gebacken. Die Deko, der Duft und die Atmosphäre der Vorweihnachtszeit sind dabei wichtig und werden auch von dementen und sonst sehr in sich zurückgezogenen Bewohner*innen wahrgenommen. Sie merken: Etwas ist anders, es ist eine besondere Zeit. Der Festtag ist spürbar.
Der mehrere Meter hohe Weihnachtsbaum, der im Café des Altenheims steht, zieht die Blicke auf sich. Er wird vor Heiligabend nur zu diesem Fest beleuchtet. Insgesamt sind es elf Bäume, die wenige Tage vor dem Fest auf den Wohnbereichen aufgestellt werden. Der Baumschmuck wird ganz individuell von den Betreuungsmitarbeiter*innen unter Mithilfe von Bewohner* innen angebracht. Für die Deko gibt es im Haus einen großen Fundus und ein Budget, das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Neues ausgeben können. Um 16 Uhr findet in der hauseigenen Kapelle eine ökumenische Andacht statt. Anschließend geht es zurück auf die Wohnbereiche an eine festliche Tafel. Die weiße Tischwäsche, die Dekoration, der leuchtende Weihnachtsbaum, die stimmungsvolle Atmosphäre laden zum Fest ein. Das Personal feiert hier gemeinsam mit den Bewohner*innen. Wichtig ist es in einem christlichen Haus wie St. Vinzenz, dass die Feier adventlich gestaltet wird, ein Weihnachtsoratorium oder -evangelium gibt es nicht. Das bleibt dem Heiligabend und den Weihnachtstagen vorbehalten. Die Mitarbeiter*innen führen durch das Fest mit Geschichten, Gedichten, Liedern und Musik. Das jeweilige Programm in den Wohnbereichen wird immer ganz individuell gestaltet. Eines ist jedoch gleich: Alle kleinen „Feier-Inseln“ im Haus werden vom Flötenensemble von Elke Moll von der Rieser Musikschule besucht.
Die jungen Musiker*innen freuen sich jedes Jahr darauf, mit weißen Gewändern, auf den Rücken geschnallten Flügeln und Heiligenschein als Engelschar die Seniorinnen und Senioren zu besuchen.
Beim Auftritt der flötenden Engel wird gerne mitgesungen, manche der Kinder sind auch Enkelkinder von Bewohner*innen, man kennt sich und tauscht sich aus – es herrscht eine feierliche Stimmung. Ein Mitglied des Sozialdienstes begleitet die Flötengruppe durch das ganze Haus zu allen Festgesellschaften. Für die jungen Musiker*innen der Rieser Musikschule ist die Bewohnerfeier auch eine Art interne Weihnachtsfeier, die Jugendlichen sind ebenfalls zum Abendessen im Haus eingeladen.
Festessen zum Abschluss
Um 17:30 Uhr ist dann Zeit für das Abendessen. Serviert wird ein Festtagsmenü mit Vorspeise, Hauptgang und Dessert. Dazu genießen alle, die wollen bzw. können, ein wenig Wein. Das Essen dauert bis circa 18 Uhr oder 18:30 Uhr, danach sind die meisten der Bewohner*innen auch erschöpft, glücklich und zufrieden und ziehen sich zurück. Einzelne sitzen aber auch noch länger in ihren Tischgemeinschaften beisammen und lassen den Abend entspannt ausklingen. „Sie lassen sich gerne treiben und genießen“, weiß Andrea Eireiner. Auch für das Personal ist die Feier stets etwas besonders, die Erlebnisse rühren manchmal sogar zu Tränen. Kindheitserlebnisse und Erinnerungen werden geweckt. Stark kognitiv beeinträchtige Bewohner*innen stimmen plötzlich in die vertrauten Lieder ein.
Heiligabend selbst ist stiller
Auch am 24. Dezember wird natürlich gefeiert. Viele der Bewohner*innen werden an diesem Tag für den Heiligabend nach Hause geholt, andere erhalten Besuche von der Familie. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen. Am Spätnachmittag wird es ruhiger und besinnlich, Weihnachtslieder werden angestimmt. Der Dienst am Heiligen Abend ist für das Personal kein gewöhnlicher, es herrscht eine besondere Stimmung. Zum Abendessen gibt es traditionell eine Fischplatte und dazu Weißwein (bzw. Schorle). Am Heiligen Abend wird in der Hauskapelle St. Vinzenz die Christmette gefeiert und am 25.12. findet der Weihnachtsgottesdienst statt. Zudem haben alle Bewohner*innen die Möglichkeit die Gottesdienste von St. Salvator per Livestream mitzuverfolgen.
In jedem Fall ist die Weihnachtszeit etwas, auf das sich alle im Altenheim St. Vinzenz freuen. Ihren heimlichen Höhepunkt findet sie jedoch schon vor dem Heiligabend.