Im Jahr 2015 ist Mohammed Ishaq, den in Deutschland alle nur Mo nennen, von Ghana nach Deutschland geflüchtet. Aufgrund fehlender Papiere bei seiner Einreise wurde er von einem deutschen Gericht zu Sozialstunden verurteilt. Diese leistete der junge Mann vorbildlich im Nördlinger Tierheim bei Manuela Kaußen ab. Man könnte meinen, hier endet die gemeinsame Zeit der beiden. Doch eigentlich beginnt die gemeinsame Geschichte jetzt erst richtig.
Manuela Kaußen, die das Tierheim leitet, kann sich noch genau erinnern: „Mo hat damals seine Sozialstunden abgeschlossen, aber nur wenige Tage später stand er wieder vor unserer Tür. Er wollte weiterhin im Tierheim helfen.“ Von Beginn an, erzählt sie, habe Mo einen besonderen Draht zu den im Tierheim lebenden Katzen gehabt. Er habe sich in den kommenden Wochen und Monaten sehr gut eingearbeitet und hat auf der Katzenstation nahezu alle Aufgaben erlernt. Obwohl Mo für seine Arbeit keinen Lohn erhielt, kam er nahezu jeden Tag ins Nördlinger Tierheim. Schon damals sagte er: „Ich bin gerne mit Tieren zusammen und freue mich über eine Aufgabe, die meinem Tag Struktur gibt.“
Für den 23-jährigen Mann, der aus Kumasi, einer großen Stadt im Süden Ghanas stammt, findet Manuela Kaußen nur lobende Worte: „Mo nimmt sich Zeit für die Tiere und meistert seine Aufgaben immer sehr gut. Irgendwann stand dann die Frage im Raum, ob Mo bei uns eine Ausbildung zum Tierpfleger absolvieren möchte.“
Und, ja er wollte! So begann für Mo und Manuela eine wahre Odyssee. Auf dem Programm standen damals für beide zahlreiche Amtsbesuche. Die Mitarbeiter*innen des Tierheims wandten sich sogar an den Petitions-Ausschuss des Bayerischen Landtags. Knapp 7 000 Menschen unterschrieben die Online-Petition und versuchten mit ihrer Stimme Mo zu unterstützen. Da das Passverfahren schon zu weit fortgeschritten war, so lautete die Begründung, wurde der Petition durch den Landtag nicht stattgegeben. „Trotz der Ablehnung, sagte uns MdL Stephanie Schuhknecht ihre Unterstützung zu“, erinnert sich Manuela.
Nur kurze Zeit später stand fest: Erst wenn Mo wieder zurück nach Ghana reist und ein Ausbildungsvisum beantragt, darf er ganz legal in Deutschland bleiben.
„Wir standen dann vor der großen Frage, wie wir die Aus- und Einreise finanzieren sollen“, erzählt Manuela. Spontan hat ihre Tochter auf mehreren Online-Spendenplattformen wie betterplace.org eine Spendenaktion für Mo gestartet. „Es sind unglaubliche 12 000 Euro zusammengekommen. Ohne dieses Geld wäre das alles nicht möglich gewesen“, erklärt Manuela.
Am 28. Juni 2021 flog Mo gemeinsam mit einem Begleiter zurück nach Ghana. Im Nachhinein sagt Kaußen, seien sie sehr blauäugig an die Sache herangegangen. „Wir haben den Rückflug nach Deutschland für nur vier Wochen später geplant“, sagt sie. In Ghana hatte Mo vorerst einen straffen Zeitplan. Auf dem Programm standen wieder zahlreiche Amtsgänge, um Dokumente wie zum Beispiel seine Geburtsurkunde zu beantragen. Die Botschaft in Accra, rund sechs Stunden von Kumasi entfernt, stellte die Identität von Mo in Frage. „Er musste Zeichnungen anfertigen, wo er früher in Kumasi gelebt hat. Immer wieder musste er die mehrstündige Reise auf sich nehmen, um den Mitarbeitern über seine Wurzeln in Kumasi zu berichten“, erzählt die Leiterin des Tierheims.
Ein Auf und Ab der Gefühle
Die Wochen vergingen und Mos Begleiter musste ohne ihn zurück nach Deutschland fliegen. Immer wieder haben Mo und Manuela in der darauffolgenden Zeit die Botschaft in Accra kontaktiert – erhielten aber nahezu keine Rückmeldung. „Ich war von Beginn an wirklich positiv gestimmt und dachte das funktioniert schon alles. Als dann aber Monate vergingen fing ich wirklich an zu zweifeln“, erzählt Manuela.
Kurz vor Weihnachten, am 22. Dezember, kam endlich eine positive Nachricht von der Botschaft. Das Verfahren stünde kurz vor Abschluss und die Chancen stünden gut für eine Genehmigung. Schließlich wurde das Verfahren am 7. Januar 2022 abgeschlossen und Mo hatte endlich die Gewissheit, dass er legal nach Deutschland einreisen dürfe. „Am 14. Januar dieses Jahr konnte ich wieder zurück nach Deutschland“, sagt Mo mit einem großen Lachen im Gesicht. Pünktlich um 8.00 Uhr am nächsten Tag stand Mo wieder vor der Tür des Tierheims und hat seine Ausbildung zum Tierpfleger begonnen. Nur eines findet er schade, dass er lediglich an fünf Tagen in der Woche arbeiten dürfe.