Dieter Trauner ist 47 Jahre alt. Er arbeitet seit 20 Jahren als Justizvollzugsbeamter in der JVA Kaisheim. Diesen Beruf hat er sich nicht von Anfang an ausgesucht, eigentlich ist er gelernter Kfz-Mechaniker. „Die Verdienstmöglichkeiten als Mechaniker waren nicht so rosig. Da habe ich mich umgehört und bin auf eine Stellenausschreibung der JVA Kaisheim gestoßen. Ich habe mich beworben und es hat geklappt. Ich bin nach wie vor sehr zufrieden mit meiner Entscheidung denn ich arbeite gerne hier“, sagt Dieter Trauner. Voraussetzung für den Beruf als Beamter im Justizdienst sind ein guter Hauptschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung und das Bestehen verschiedener Tests beim Auswahlverfahren. Danach erfolgt eine 18-monatige Ausbildung als Anwärter.
Dieter Trauners Arbeitstag beginnt um 05:30 Uhr. Um 06:00 Uhr ist Aufschluss der Zellen. Die Gefangenen werden geweckt. „Wichtig hierbei ist die sogenannte Unversehrtheits- und Lebendkontrolle“, sagt Trauner. Er muss also prüfen, dass jeder Gefangene auf seiner Abteilung am Leben ist und ob er verletzt oder krank ist. Der letzte Selbstmord eines Gefangenen in Kaisheim liegt drei Jahre zurück.
Nach dem Aufschluss gehen einige der Gefangenen zu ihrer Arbeitsstelle in einem der insgesamt 19 Betriebe der JVA. Die Anstalt bietet etwa 270 Arbeitsplätze für Gefangene an. „Nachdem die arbeitenden Gefangenen gegangen sind, kontrolliere ich nochmals den aktuellen Stand auf meiner Abteilung. Nicht dass einer fehlt, der gar nicht zur Arbeit geht“, sagt Trauner. Danach gibt es für ihn eine Vielzahl an Aufgaben zu erledigen: „Einige Gefangene bekommen Besuch und dürfen in den Besucherraum gehen. Andere müssen in die Krankenabteilung oder zu einem Gerichtstermin“, erzählt Trauner. Zu seinen Aufgaben gehören auch die Überwachung der Essensausgabe zu den Mahlzeiten, die Hofgangüberwachung, das Verteilen von Post und die Zellenkontrolle.
Bei der Kontrolle der Hafträume wird nach verbotenen Gegenständen gesucht. Die größten Probleme stellen laut Trauner Handys und Drogen dar, die eingeschmuggelt werden.
Geschmuggelt wird im Körper. Nicht jeder Gefangene kann nach jeder Ausführung, nach Freigang oder nach Hafturlaub durchgeröntgt werden. Dies erfolgt nur in dringenden Verdachtsfällen. „Die Kreativität der Gefangenen was Verbotenes betrifft ist grenzenlos“, bestätigt Trauner. Im Justizmuseum der JVA belegen zahlreiche Funde aus den letzten Jahren diesen Einfallsreichtum. Das reicht von selbst zusammengebastelten Tätowier-Maschinen bis hin zur Mini-Destillieranlage.
In Kaisheim sind die Gefangenen entweder in Mehrbett-Sälen oder in Einzelzellen untergebracht. Die Säle sind im alten Klostergebäude, dem sogenannten Altbau. Die Einzelzellen liegen alle im Zellenneubau. Trauner arbeitet im Altbau. „Da gibt es schon Präferenzen bei den Kollegen. Manche wollen nur im Altbau arbeiten, anderen sagt der Neubau mehr zu. Ich gehöre zu denen, die lieber im Altbau arbeiten. Ich mag auch sehr die Details, die noch an frühere Zeiten erinnern. Im Altbau gibt es noch viele handgeschmiedete Gittertüren mit aufwändig gearbeiteten Figuren und Mustern. So etwas gibt es im Neubau natürlich nicht.“
„Vor allem muss man den Gefangenen als Mensch ernst nehmen, unabhängig von seiner Straftat.“
Mittags ist Essensausgabe. Die Gefangenen aus den Betrieben kommen zum Essen auf ihre Abteilung, danach gehen sie wieder in den Betrieb und kommen am Nachmittag von der Arbeit zurück. Dann gibt es diverse Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Außerdem finden Therapie- und Gesprächsgruppen statt. Vor dem Einschluss erfolgt die Abendessensausgabe und natürlich wird wieder der Stand gezählt. „Gezählt wird hier viel. Der Stand wird mindestens drei Mal am Tag geprüft. Meine wichtigste Aufgabe ist für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Aber ich bin auch der erste Ansprechpartner der Gefangenen bei Fragen, bei Problemen oder bei Sorgen. Da muss man schon zuhören können, Ratschläge geben, Lösungen suchen. Vor allem muss man den Gefangenen als Mensch ernst nehmen, unabhängig von seiner Straftat. Das ist nicht immer einfach, das kann man auch nicht lernen, da muss man einfach der Mensch dazu sein“, erzählt Trauner. Er verschweigt nicht, dass es auch Probleme gibt, die er manchmal auch nach Dienstschluss mit nach Hause nimmt. Die ältere Generation der Gefangenen macht die wenigsten Probleme. Es sind immer häufiger die jungen Gefangenen, die sich mit ihrer Situation nicht zurechtfinden. Viele der Jungen kommen ohne jegliche Disziplin, haben noch nie gearbeitet, kennen keinen geregelten Tagesablauf. Die passen sich nur schwer an. Die Frage, ob sich Gangs bilden, wie man es aus vielen TV Dokus kennt, verneint Trauner. „Sicher bilden sich Gruppen. Sicher kommt es auch zu Übergriffen unter den Gefangenen. Aber das hat in Kaisheim lange nicht die Ausmaße, wie es im TV gerne gezeigt wird. Je weniger Bewegungsfreiheit die Gefangenen haben, desto mehr Druck baut sich auf. Diesen Druck versuchen wir in Kaisheim auch mal raus zu nehmen. Innerhalb der Mauern können sich die Gefangenen zu bestimmten Zeiten relativ frei bewegen. Das hilft“, sagt Trauner.