Mit dem Alfred-Delp-Quartier entsteht ein Wohnviertel mit gut 30 Hektar Fläche. Wo sehen Sie als Architekt die größten Herausforderungen?
Michael Gebhard: Bei einem Baugebiet von der Größe eines ganzen Stadtteils muss die Planung es schaffen mit ihren Mitteln dafür Sorge zu tragen, dass der neue Stadtteil einen eigenständigen Charakter erhält. Dieser erfordert unter anderem, dass für die einzelnen Bauten eine architektonische Qualität angestrebt und gefördert wird, die dem hohen Standard der städtebaulichen Planung gerecht wird. Solange Planung und Politik dabei in der Festsetzung der Rahmenbedingungen an einem Strang ziehen und das gleiche Ziel im Auge haben sind die Voraussetzungen gut.
Stichwort „Mix der Wohnformen“: In dem neuen Quartier soll ein vielfältiges Wohnungsangebot für Jung und Alt entstehen. Wie setzen Sie das um?
Michael Gebhard: Die Vielfalt der Wohnformen ist bereits in der Planung angelegt. Es sind von sogenannten Panoramahäusern, über Hofbebauungen, bis zu Stadt- und Einfamilienhäusern vielfältige und interessante Wohntypologien für ein breites Spektrum der Bevölkerung vorgesehen. Differenzierte und attraktive Stadträume bilden dabei ein Gerüst, das alle Bewohner gemeinsam nutzen, so dass so etwas wie eine Stadtteilidenität entsteht die alle Bewohner einschließt. Das neue Stadtviertel soll eine „grünes“ Wohnquartier werden.
Beschreiben Sie doch kurz wo Grünflächen für Sport, Veranstaltungen und Erholung entstehen sollen.
Rita Lex-Kerfers: Der nördliche Bereich des Geländes ist für Sport- und Freizeitnutzungen vorgesehen: dort ist Platz für eine Sporthalle, ein Jugendzentrum, attraktive Freiflächen für Jugendspiel und als Herzstück ein großes Fußballfeld mit Rasentribünen. Auch der Rundweg um das neue Quartier herum kann gut als Jogging-Strecke oder Fitnessparkour genutzt und mit entsprechenden Stationen ausgestattet werden.Die zentrale Grünfläche in der Mitte des Quartiers erhält eine Promenade zum Flanieren, einen großen Spielplatz und eine offene Wiesenfläche; der Bereich ist sehr gut erschlossen und eignet sich daher sehr gut für Veranstaltungen. Der Südteil des Geländes ist als klassischer „Landschaftspark“ konzipiert
und bietet ein breites Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsgruppen, aber auch Rückzugsbereiche und „naturbelassene“ Zonen für Flora und Fauna.
Die zentrale Grünfläche sowie der Sportplatz im Norden gab es auch schon zu Kasernen-Zeiten. War es Ihnen wichtig diese Flächen und auch Baumbestände zu erhalten?
Rita Lex-Kerfers: Wir versuchen immer Dinge, die einen Erinnerungswert haben oder signifikant für bestimmte Orte sind, zu erhalten oder mit neuen Nutzungen zu belegen, weil sie Kontinuität und Identität vermitteln. In diesem Fall waren dies vor allem auch die Topografie und der Baumbestand. Die Aufgabe ist, die prägnanten Strukturen möglichst zu erhalten und gleichzeitig etwas Neues zu schaffen, was unseren heutigen Bedürfnissen entspricht.
Wenn in einer 20.000-Einwohner Stadt ein Wohnviertel für gut 2000 Menschen entsteht, ist das eine große Chance für die Zukunftsfähigkeit einer Stadt. Was ist neben der Größe für Sie als Architekten eine Besonderheit an dem Areal bzw. an dem neuen Quartier?
Michael Gebhard: Die Besonderheit liegt zum einen in der herausragenden Lage auf dem Schellenberg mit den vielfältigen Ausblickmöglichkeiten. Dies sollten die Häuser durch die Anlage von Dachgärten und Dachterrassen auch nutzen. Zum anderen eröffnet die bereits bestehende Bepflanzung, u.a. mit großen Bäumen, und ihre Integration in die Freiräume des Quartiers, die
Chance, schon zu Beginn eine Freiraumqualität zu haben auf die andere Quartiere Jahrzehnte warten müssen. Zudem sind die hochwertig gestalteten Grünflächen, wie den Sportanlagen im Norden, der „grünen Mitte“ und dem Landschaftspark im Süden ein herausragendes Angebot für die neuen Bewohner.
Rita Lex-Kerfers: Es war uns sehr wichtig, die vorhandenen Grünbestände möglichst weitgehend zu erhalten. Neben Klima- und Naturschutzaspekten ist es ein unschätzbarer Vorteil, wenn ein neues Wohnquartier von Beginn an eine parkartige Eingrünung und Atmosphäre hat, die sich sonst häufig erst nach Jahrzehnten einstellt. In diesem Fall kann man „mit den vorhandenen Pfunden wuchern“. Die Größe und Vielfalt des Areals ermöglicht es, alle Aspekte der Freiraumversorgung abzudecken und auch
attraktive Angebote für die „Nachbarn“ zu schaffen, um so das „Zusammenwachsen“ mit den umgebenden Wohnquartieren zu fördern. Das Areal war ja bisher nicht zugänglich. So ist es auch für die Alteingesessenen sicher eine spannende Entdeckung.