Menschen & Ideen

Integration in kleinen Schritten

Bild: pixabay
1 000 Schutzsuchende aus der Ukraine sind mittlerweile im Landkreis Donau-Ries angekommen (Stand: Mitte April). Rund 40 Prozent davon sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind in privaten Unterkünften untergebracht. Zwei davon sind Alexander und Viktoria. Das Ehepaar trifft sich mit anderen Geflüchteten beim Integrationstreff in der Volkshochschule in Oettingen.

Sabine Koloska, Quartiermanagerin der „Sozialen Stadt“ Oettingen hat diesen Treffpunkt mit in Oettingen lebenden Frauen aus der Ukraine ins Leben gerufen. Einmal in der Woche wird hier die Möglichkeit zum Austausch und Kennenlernen geboten. Wo werden Integrationskurse angeboten? Gibt es eine Krabbelgruppe für Kinder? Alexander möchte wissen, wie er sein Auto versichern muss und wie lange sein ukrainischer Führerschein in Deutschland gilt. Sein Wunsch: Schnell eine Arbeit finden, um Fahrstunden zu nehmen. Seine Lizenz aus der Ukraine ist nämlich nur sechs Monate gültig. Er, seine Frau und die beiden 15-jährigen Zwillinge haben sich kurz nach Beginn des Krieges mit ihrem Pkw auf den Weg Richtung Deutschland gemacht.

Die Familie ist in einer Unterkunft in Hainsfarth untergebracht. Gerade sind sie aber auf der Suche nach einer Wohnung. In Reimlingen oder Möttingen haben sie sich bereits nach Wohnungen umgesehen.

Beim zweiten Termin des Integrationstreffs in Oettingen sitzen Anfang April zwölf Menschen aus der Ukraine um den Gruppentisch im Raum der Vhs. Die meisten sind Frauen, die sich hier treffen, während ihre Kinder die Schule besuchen.

Zuerst geht es noch hektisch zu. Man unterhält sich über einen geplanten Integrationskurs, der schon bald stattfinden soll. Larissa Freye lebt seit zehn Jahren in Oettingen, sie selbst stammt aus der Ukraine und hat heute alle Hände voll zu tun, um die Fragen und Informationen zu übersetzen. Ohne sie als Dolmetscherin wäre die Kommunikation zwischen den Helferinnen, Deutschdozentinnen und den Geflüchteten wohl kaum möglich.

Erlebnisse aus der Heimat lassen nicht los

Doch dann wird es ruhig, die Stimmung wird ernster. Nachdem die wichtigsten Infos erklärt wurden, haben die Teilnehmer*innen des Integrationstreffs das Bedürfnis zu erzählen, was sie in ihrer Heimat erlebt haben und wie sie sich so schnell wie möglich auf die Flucht raus aus der Ukraine gemacht haben. Alexander und Viktoria stammen aus Lyptsi in der Region um Kharkiv. Zur russischen Grenze sind es nur wenige Kilometer. Ihr Heimatort sei einer der ersten gewesen, in den russische Soldaten eingefallen sind. Nachdem sie sich einige Tage im Keller ohne Strom versteckt hatten, gelang es der Familie über die russische Grenze zu fliehen. Die Route über das Land zu nehmen, das ihre Heimat gerade angreift, war nicht ganz einfach, doch scheinbar die einzige Möglichkeit. Das Ehepaar arbeitete in einem Krankenhaus – sie als Krankenschwester, er als Fahrer von Krankenwagen. Als das russische Militär das Krankenhaus eingenommen hatte, war für Alexander klar: „Für euch arbeite ich nicht!“. Dass er als Mann das Land verlassen konnte, erklärt er damit, dass es in den ersten Tagen des Krieges zwar schwierig, aber möglich war und er die Chance ergriffen hat.

Ein anderes Paar kommt aus Butscha, dem Vorort Kiews, dessen Bilder Anfang April um die Welt gingen. Die schrecklichen Taten, die russische Soldaten dort verübt haben, lassen sich kaum in Worte fassen. Nun, in Oettingen angekommen, erzählen die jungen Eheleute, dass die Bilder das Ausmaß kaum richtig beschreiben können und nur einen Bruchteil davon zeigen, was tatsächlich passiert sei. Zur Ruhe kommen, ist das was viele jetzt erst einmal in den ersten
Tagen und Wochen in Deutschland möchten.

Situation bei der Zuweisung vom Bund hat sich verbessert

Viele der Menschen, die nach Oettingen zum Integrationstreff kommen, wohnen in privaten Unterkünften in Hainsfarth, Munningen und Oettingen. Andere Flüchtlinge, die im Landkreis Donau-Ries angekommen sind, werden erst in der Stauferhalle in Donauwörth untergebracht. Auch die Neudegger Sporthalle ist derzeit für Flüchtlinge aus der Ukraine reserviert. In Rain sind Geflüchtete im ehemaligen Dehner Blumenhotel untergekommen. Wie das Landratsamt
zuletzt berichtete, haben sich die chaotischen Zustände bei der Zuweisung der Schutzsuchenden aus der Ukraine durch den Bund mittlerweile verbessert. Landrat Stefan Rößle hatte die Situation zuvor stark kritisiert, nachdem angekündigte Flüchtlinge in Donauwörth nicht ankamen.