Im März 2015 rief eine Gruppe von Nördlinger Privatleuten einen Verein mit einem einfachen Ziel ins Leben: „Wir wollten einen Verein haben, bei dem man völlig zwanglos Hilfe bekommen kann“, berichtet Dr. Sigmund Böckh, 1. Vorsitzender der Nördlinger Nachbarschaftshilfe e.V. Nach 30 Jahren als niedergelassener Arzt und 24 Jahren als Nördlinger Stadtrat kennt der 78-Jährige die Probleme älterer und hilfsbedürftiger Menschen genau. Hilfsbedürftige sind in der Regel ältere Menschen, die mit der Zeit Schwierigkeiten bekommen, selbstständig in ihren eigenen vier Wänden zu leben, den Einkauf zu erledigen, kleine Reparaturen im Haushalt zu erledigen oder schlicht und einfach mit anderen Leuten in Kontakt zu kommen. Hier setzt die Nördlinger Nachbarschaftshilfe an.
Viele helfen ohne Gegenleistung
Circa 130 Mitglieder, davon 55 aktive Helfer*innen im Alter zwischen 24 und beachtlichen 83 Jahren, zählt die Nördlinger Nachbarschaftshilfe mittlerweile. Das ist viel, und darauf sei man auch stolz, so Dr. Böckh. Laut dem Jahresbericht 2019 haben die Vereinsmitglieder in einem Jahr 1200 Stunden für ihre Mitmenschen aufgewendet und dabei 5000 Kilometer an Fahrleistung angesammelt. Viele der Helfer*innen verzichteten dabei auf ein Honorar, das sie in Anspruch hätten nehmen können: Pro Stunde wird von den Hilfsempfänger*innen ein Beitrag von fünf Euro erhoben, Inhaber eines Tafelausweises zahlen 3,50 Euro. Wer auch das nicht aufbringen kann, dem wird unentgeltlich geholfen.
Für 2020 liegen noch keine genauen Zahlen vor, durch die Corona-Pandemie und entsprechende Kontaktbeschränkungen habe man aber weniger tun können, so der 1. Vorsitzende. Dennoch seien die Hilfeleistungen auch im vergangenen Jahr weitergelaufen.
Alles hat seine Grenzen
Die Hilfeleistungen des Vereins sind nicht an eine Mitgliedschaft gebunden. Alle Personen, die Hilfe benötigen, können sich an die Nachbarschaftshilfe wenden. Zumeist sind nur punktuelle Unterstützungen notwendig, circa 30 Personen jedoch werden vom Verein regelmäßig besucht. Für die angebotenen Dienste gibt es Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Die Nachbarschaftshilfe kann nicht in Konkurrenz zu Handwerksfimen und Taxibetrieben treten, Pflegetätigkeiten sind schon rein rechtlich nicht möglich. Auch Schneeräumen im Winter kann der Verein nicht leisten, das ist mit der rechtlich geforderten Zeit vor 7:00 Uhr morgens von Freiwilligen nicht zu verlangen. Mit der Entwicklung des Vereins ist Dr. Böckh äußerst zufrieden: „Ich freue mich sehr, dass der Verein in den fünf Jahren so gewachsen ist.“ Stolz ist er auch, dass es eine rein private Vereinigung ist, die freiwillig handelt: Nur bei der Gründung gab es eine Finanzspritze vom Landkreis Donau-Ries, seither sind weder Politik noch Kirche involviert.
Jeder ist willkommen
Wer sich in Nördlingen für seine Mitmenschen engagieren möchte, kann das jederzeit tun, die Nördlinger Nachbarschaftshilfe freut sich immer über neue Mitglieder. Mit dem Jahresbeitrag von zwölf Euro finanziert der Verein seine Leistungen, als eingetragener Verein kann die Nachbarschaftshilfe einmaligen Sponsoren auch Spendenquittungen ausstellen. Wer aktiv helfen möchte, ist im „Einsatz“ unfall- und haftpflichtversichert, zudem gibt es eine Fahrtkostenpauschale.
Eine Verschwiegenheitspflicht für die Mitglieder stellt sicher, dass die Daten der Hilfsempfänger*innen geschützt bleiben. Für die Zukunft ist angedacht, Fortbildungen für die Helfer*innen anzubieten, damit diese den Hilfsbedürftigen kompetent Auskunft zu verschiedenen Themen geben können, zum Beispiel zum Erben und Vererben oder zu gefährlichen Telefonbetrügern. Im Allgemeinen bleiben die Ambitionen des Vereins bescheiden: „Wir wollen so weiter machen, neue Mitglieder akquirieren und an den Zielen der Satzung festhalten“, so Dr. Sigmund Böckh – es wäre schön, wenn das weiter so gut gelingt wie bisher.