Liebe Frau Meißler, Danke, dass Sie sich Zeit für unser Regionalgespräch nehmen.
1 Was trinken Sie lieber? Kaffee oder Tee?
Kaffee, am Nachmittag auch gerne mal einen Espresso.
2 Sind Sie Frühaufsteherin oder Nachteule?
Eher Frühaufsteherin.
3 Tragen Sie eher Tracht oder Trend?
Ich trage gerne Tracht, kaufe aber auch trendige Kleidung. Ohne Jeans geht zum Beispiel gar nichts.
4 Essen oder kochen Sie lieber?
Beides!
5 Bäuerin – Beruf oder Berufung?
Man kann es schon als Berufung bezeichnen.
6 Beschreiben Sie sich doch einmal selbst mit drei Eigenschaften.
Offen für alles, bodenständig, kontaktfreudig.
7 In die Landwirtschaft wurden Sie hinein geboren. Wie und wo sind Sie aufgewachsen?
Ich bin in Ehingen am Ries auf dem Hof meiner Eltern aufgewachsen. Mein Vater ist verstorben, als ich 13 war. Damals gab es keinerlei soziale Absicherung in der Landwirtschaft und ich musste als älteste Tochter mit meiner Mutter zusammen schauen, dass der Betrieb weiterläuft.
8 Bei der Landwirtschaft sind Sie bis heute geblieben. Warum?
Ich habe mit 14 eine Ausbildung im dualen System in der ländlichen Hauswirtschaft gemacht und dann in den Hof meines Mannes eingeheiratet.
9 Was für eine Landwirtschaft betreiben Sie heute?
1966 wurden auf dem Hof die Kühe aufgegeben, danach haben wir Schweinezucht und -mast betrieben und an einen Metzger in Baden-Württemberg vermarktet. Weil wir aber nur zu zweit auf dem Hof waren, gaben wir die Zucht auf. Als dann der Metzger plötzlich verstarb, haben wir uns entschieden, keine Schweine mehr für irgendeinen anderen Schlachtbetrieb zu mästen. Als einer unserer Söhne mit dem Landwirtschaftsstudium fertig war, begann gerade der Biogas-Boom. Er baute zusammen mit anderen eine Biogasanlage. Was auf dem Feld wächst, also Mais, Zuckerrüben und Getreide, geht jetzt in die Biogasanlage. Einen Teil der Rüben liefern wir auch in die Zuckerfabrik nach Rain.
Sie sind seit vielen Jahren im Bayerischen Bauernverband aktiv. Lassen Sie uns doch über den Verband sprechen.
10 Seit 2007 sind Sie Kreisbäuerin und damit gemeinsam mit dem Kreisobmann Karlheinz Götz an der Spitze des BBV. Welche Aufgaben sind mit Ihrem Amt verbunden?
Es ist sehr wichtig, dass wir Bauern organisiert sind und mit einer gemeinsamen Stimme sprechen, denn wir nehmen zwei Prozent der Gesamtbevölkerung ein. Wir stehen im Dialog mit der Politik und können unsere Empfehlungen aussprechen, denn oft sehen Praktiker vieles anders als Politiker am Schreibtisch. Im September organisieren wir im Bauernverband zum Beispiel ein Gespräch mit den Landtagskandidaten, bei dem es um viele brisante Themen in Sachen Landwirtschaft gehen wird. Wir machen auch viel Öffentlichkeitsarbeit, veranstalten den Landfrauentag und geben Informationen des Bezirks an unsere Mitglieder weiter. Gerade läuft auch eine Unterschriftenaktion, denn uns Landwirten nimmt man erst Land weg, um Straßen zu bauen, auf Kraftfahrstraßen darf man mit dem Schlepper dann aber nicht mehr fahren – so gerade in Wallerstein geschehen. Das kann nicht sein.
11 Wie ist der BBV im Landkreis organisiert?
Es gibt jeweils Ortsbäuerinnen und Ortsobmänner auf Ortsebene sowie die Kreisbäuerin und den Kreisobmann auf Landkreisebene. Die Geschäftsstelle in Donauwörth ist zudem Beratungsstelle für Landwirte.
12 Wie viele Mitglieder hat der Kreisverband und wie viele landwirtschaftliche Betriebe gibt es eigentlich insgesamt im Kreis?
Im Landkreis gibt es 2410 landwirtschaftliche Betriebe. Der BBV hat 2480 Mitglieder, die in 123 Ortsverbänden organisiert sind. Es gibt mehr Mitglieder als Betriebe, denn zum Verband gehören auch Jagdgenossenschaften, Molkereibetriebe oder Rentner, die ihren Hof aufgegeben haben.
13 Die Bäuerinnen sind bei den Landfrauen organisiert. Warum ist diese Organisation so wichtig?
Wir, die Landfrauen im BBV, arbeiten als Frauen alle mit auf dem Hof und sollen auch Bescheid über aktuelle Themen wissen. Wir kümmern uns um die Öffentlichkeitsarbeit, organisieren den Tag des offenen Hofes oder laden Kinder auf die Höfe ein. Es gibt auch Lehrfahrten für die Landfrauen, um auf dem aktuellsten Stand zu bleiben. Wir Landfrauen haben dafür gekämpft, dass wir bei den Männern Mitspracherecht haben.
14 Teresa Fenzel aus dem Landkreis Regen ist bislang die einzige Frau im BBV, die stellvertretende Kreisobfrau ist. Die Landfrauen haben ihre Kreisbäuerin und die Männer den Kreisobmann. Ist das eigentlich noch zeitgemäß?
Es ist nicht so, dass die Frauen die Kreisbäuerin wählen und die Männer den Obmann. Bei Wahlen hat jeder Betrieb eine Stimme, egal ob die Frau oder der Mann wählt. In manchen Orten gibt es keine Ortsbäuerinnen mehr, weil das Amt einfach keiner übernehmen will und die Bäuerinnen zusätzlich einem anderen Beruf nachgehen. Dann sollte sich eigentlich der jeweilige Ortsobmann um die Belange der Bäuerinnen im Dorf kümmern.
15 Als Kreisbäuerin ist es Ihnen ein großes Anliegen, dass Kinder schon in der Grundschule Wissen über gesunde Ernährung und Landwirtschaft vermittelt bekommen. Wie erreichen Sie das?
Bei unserem Projekt „Landfrauen machen Schule“ dürfen sich Schulklassen Themen wie Fleisch, Milch, Kartoffeln, Getreide oder Gemüse auswählen. Im Unterricht werden die Themen vorbereitet und unsere Ernährungsfachfrauen kochen mit den Kindern ein kleines Gericht zum Thema. Mit der Klasse besuchen wir einen Bauernhof und schauen uns dort an, wie Lebensmittel produziert werden. Letztes Mal wurde auch das Thema Fleisch gewählt, das ist ja eigentlich immer so ein Tabuthema. Ich finde es aber wichtig, dass Kinder sehen, dass es den Tieren gut geht und sie dann irgendwann geschlachtet werden.
16 Wir leben ja in einer ländlich geprägten Gegend. Ist es trotzdem so, dass viele Kinder nicht wissen, dass Milch von der Kuh kommt – wie man es ja aus Großstädten hin und wieder hört?
Dass die Milch von der Kuh kommt und die nicht lila ist, wissen die Kinder eigentlich schon. Wie viele Eier ein Huhn am Tag legt, wissen viele Kinder nicht.
17 Viele Bauern hatten im August mit Trockenheit und Hitze zu kämpfen. Warum sind da staatliche Subventionen wichtig?
Bei uns in der Region war es zwar trocken, aber wir sind nochmal mit einem blauen Auge davongekommen. Extrem wird es, wenn es zu Futternot kommt. Wenn Bauern unter extremen Trockenschäden leiden, ist staatliche Unterstützung dringend notwendig. In dem Fall wären auch steuerliche Stundungen angebracht.
18 Viele Landwirte klagen über „Bauern-Bashing“ und fühlen sich oft als Sündenbock der Nation. Wie kann das Verständnis für die Landwirtschaft bei den Bürgern und Verbrauchern verbessert werden?
Es herrscht Unkenntnis über Landwirtschaft. Uns wäre es auch lieber, wenn unsere Lebensmittel einen Preis hätten, von dem wir leben könnten. Aber die Preise werden uns diktiert. Außerdem sind viele Feldwege auch Radwege. Da wünsche ich mir dass Radfahren nicht auf ihr Recht pochen sollten, sondern auch mal absteigen und Platz machen. Aber auch Bauern müssen acht geben. Man muss gegenseitig Rücksicht nehmen. Wir Landfrauen sind durch unsere Öffentlichkeitsarbeit nah an der Bevölkerung dran und versuchen viel Aufklärungsarbeit zu machen. Zudem bietet Kreisobmann Karlheinz Götz Feldführungen für die Bürger an.
19 Ihr Wissen gaben Sie bis zu Ihrem Renteneintritt auch an die Schüler der Liselotte-Nold-Schule in Nördlingen weiter. Wie kam es dazu, dort tätig zu sein?
Ich war schon länger im Meister- Prüfungsausschuss für ländliche Hauswirtschaft und so nahe an der Ausbildung dran. Kontakt hatte ich zur Schule schon durch Praktikanten. Weil keine Fachlehrerinnen gefunden wurden, suchte man Hauswirtschaftsmeisterinnen und ich wurde gefragt, ob ich unterrichten möchte.
20 Was unterrichteten Sie da?
Ich habe erst Raummaterial- und Textilpflege unterrichtet und später Kinderpflegerinnen im Bereich hauswirtschaftliche Erziehung. Wichtig war mir dabei die gesunde Ernährung, dass die angehenden Kinderpflegerinnen lernten, beim Einkaufen auf regionale Produkte zu achten, Grundnahrungsmittel und keine Convenience-Produkte zu verwenden und kindgerechtes sowie gesundes Essen zubereiten können und bei Reinigungsarbeiten auch Umweltaspekte mit einfließen lassen.
21 Ist der hauswirtschaftliche Berufszweig bei jungen Menschen überhaupt noch gefragt? Bedarf gibt es ja sicherlich großen.
In großen Fremdenverkehrsregionen ist der Berufszweig gefragt. Bei uns hängt es immer etwas vom Arbeitsmarkt ab. Der Ausbildungsberuf ist aber wichtig, weil die Bevölkerung immer älter wird und es deshalb im pflegerischen und hauswirtschaftlichen Bereich gut ausgebildete Leute geben muss, die Menschen im Alter unterstützen.
Stichwort Direktvermarkter: Sprechen wir nun über regionale Lebensmittel.
22 Schaut man sich Werbeschilder und Prospekte von Supermärkten an, wird mit Begriffen wie „Landmilch“ und „Bauernbrot“ um sich geworfen. Die Produkte kommen aber aus großen Industriebetrieben, denn die Bezeichnung „regional“ ist ja nicht geschützt. Ist das ein großes Problem?
Da gibt es zum Beispiel Begriffe wie Äpfel vom Bodensee – da kann man sich die Frage stellen: Was ist regional? Bei den Direktvermarktern weiß ich, dass die Produkte tatsächlich auf den Höfen regional hergestellt werden.
23 Das Vorurteil, Lebensmittel vom Hofladen oder Wochenmarkt könne man sich kaum leisten, hält sich hartnäckig. Was kann man gegen dieses Vorurteil tun?
Da fährt man mit den größten Autos vor, Lebensmittel sollen aber am besten nichts kosten … Ich bin dafür, dass es ein Preislimit geben sollte und Lebensmittel nicht billiger als dieses Limit sein dürfen. Außerdem sollten diese Werbeangebote für Billig-Lebensmittel, die jede Woche ins Haus flattern, gesetzlich verboten werden – auch wenn man bedenkt, dass 30 Prozent der Lebensmittel in der Mülltonne landen.
24 Sie selbst haben keine Direktvermarktung. Warum eigentlich?
Wir haben ja unseren Hof auf Biogas ausgerichtet. Direktvermarktung hätten wir zu zweit gar nicht geschafft. Das wird durch viele Auflagen immer schwieriger.
Sie sind auch politisch aktiv und sitzen für die CSU im Kreistag. Schneiden wir noch kurz das Thema Politik an.
25 Zuletzt war das Thema „Nationalpark Donau-Auen“ groß im Gespräch. Mittlerweile ist das Thema vom Tisch. Auch weil Sie sich im Kreistag und der BBV öffentlich dagegen ausgesprochen haben?
Wir haben schon so viele ökologisch ausgewiesene Vorrangflächen, das sollte reichen. Die Au-Wälder sind uns natürlich trotzdem wichtig. Ich nehme schon an, dass unser Protest Gewicht in der letztendlichen Entscheidung hatte.