Treffpunkt für die Stadtführung mit Theo Knoll ist die Touristinformation am Schlosshof (1). Das Gebäude direkt gegenüber war einst das Kastenhaus einer kleinen Schlossanlage. Heute beheimatet es als Haus des Gastes die städtische Bücherei und das Heimatmuseum. Im Erdgeschoss steht ein sehenswertes Modell der Wemdinger Altstadt. Das Stadtmodell wurde 1993 im Maßstab von 1:250 auf etwa fünf Quadratmetern erstellt und zeigt das Wemding des 19. Jahrhunderts. Stadtführer Theo Knoll erklärt, dass Wemding im Jahr 793 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Fünf Jahre später schenkte König Karl I. den Ort an den Bischof von Regensburg. Wemding bestand zu dieser Zeit gerade einmal aus vier Gehöften: Der Schlosshof, der Pfarrhof, der Sandbichelhof und der Seegartenhof. Knoll erklärt weiter, dass die Bischöfe Wemding im Laufe der Jahrhunderte an mehrere Lehnsherren vergaben. Zuerst gehörte die Stadt dem Grafen Mangold von Werd (Donauwörth). Später besaßen die Grafen von Hirschberg den Ort als Regensburger Lehen und verkauften Wemding im Oktober 1306 an die Grafen von Oettingen. Diese bauten 1318 die kostspielige Wehranlage um die Stadt. 1467 ging Wemding schließlich in den Besitz von Herzog Ludwig dem Reichen
von Bayern über. Am Stadtmodell zeigt Theo Knoll die Stadtbefestigung und so manche Sehenswürdigkeit, der wir auf unserem Spaziergang durch Wemding noch begegnen werden.
Vom Haus des Gastes läuft man vorbei am Mangoldbrunnen hinüber zum doppeltürmigen Wahrzeichen der Stadt: Die katholische Stadtpfarrkirche St. Emmeram (2). Im Jahr 1030 wurde hier eine dreischiffige Basilika erbaut. In den laufenden Jahrhunderten folgte eine Reihe an Um- und Erweiterungsbauten. Weil der damals einzige Turm stark in Richtung Südwesten geneigt war, sollte das schwere Glockenwerk in einem zweiten Turm untergebracht werden. 1619 begann man mit dem Bau des Nordturmes, 1661 wurde er fertiggestellt. Die Schieflage von circa 50 Zentimetern des Südturmes ist bis heute mit bloßem Auge zu erkennen. Da der Nordturm einen Meter kürzer und etwas schlanker als der Südturm ist, bezeichnen die Wemdinger die Zwillingstürme als ungleiche Brüder.
Gleich gegenüber, in der Mangoldstraße, befindet sich die Infostelle des Geoparks Ries (3), die auch eine kleine Ausstellung zum Leben und Wirken des bekannten Wemdinger Botanikers Leonhart Fuchs zeigt. Er wurde 1501 geboren
und nach Schulbesuchen in Wemding und Heilbronn studierte er Naturlehre und Philosophie in Erfurt. In Ingolstadt wandte er sich verschiedenen Sprachstudien zu, absolvierte ein Medizinstudium und war ab 1526 dort selbst Professor. Zu dieser Zeit steckte Deutschland tief in den Glaubensauseinandersetzungen. Fuchs schloss sich bereits 1521 Luthers Reformbewegung an. Seine Wirkungsstätte Ingolstadt bekannte sich allerdings zum katholischen Glauben. Deshalb zog Fuchs schließlich ins protestantische Tübingen. Seinen Ruhm verdankt Fuchs seinen Kräuterbüchern. Darin enthalten sind genaue Beschreibungen von Pflanzen, deren Aussehen, Standort und Wirkung, sowie Illustrationen. Leonhart Fuchs ist außerdem Namenspate der Fuchsienpflanze, welche viele Jahre nach seinem Tod in Südamerika von einem französischen Missionar entdeckt wurde.
Von der Ausstellung im Infozentrum ist es nur ein Steinwurf zum Geburtshaus von Leonhart Fuchs am Wemdinger Marktplatz (4). An das Sparkassengebäude drängt sich ein ungewöhnliches Häuschen. Es ist zwei Stockwerke hoch, gerade mal anderthalb Meter breit und neun Meter lang. Ein in die Fassade eingelassener Stein bezeugt: „Hier ist geboren Leonhart Fuchs – Berühmter Arzt und Botaniker“. Vom Markplatz aus blickt man auf das historische Rathaus, liebevoll restaurierte Altstadthäuser und die Türme von St. Emmeram. Inmitten des Platzes steht der Markplatzbrunnen. Anstelle der Madonna auf der Weltkugel befand sich dort früher das Standbild des bayerischen Löwen.
Vorbei am Fuchshäuschen läuft man leicht bergan in die Pfarrhofgasse und weiter die Huggasse entlang. An der ehemaligen Hauptmauer der Stadtbefestigung angekommen, berichtet Stadtführer Theo Knoll über ein dunkles Kapitel der
Stadtgeschichte. Der Turm, der im 15. Jahrhundertals Pulverturm diente und das städtische Schießpulver verwahrte, wurde im 17. Jahrhundert als „peinliche Befragungsstätte“ vor allem für die Hexenverfolgung genutzt. Bis heute wird der Turm deshalb „Folterturm“ (5) genannt. „38 Frauen und 11 Männer sind hier gestorben“, berichtet Knoll. Zum Gedenken an die Opfer der irrsinnigen und schrecklichen Verfolgung hängt eine Tafel der Mauerwand. Der Turm kann in Rahmen einer Stadt- oder Turmführung besichtigt werden.
Vom Folterturm geht es den Sandbichelring in Richtung Westen an der ehemaligen Stadtmauer entlang. An der Kreuzung zur Nördlinger Straße,an der schönen Kapuzineranlage, fi ndet man den Torturm vom ehemaligen „Nördlinger Tor“.
Seinen Namen hat der Fuchsturm (6) nicht vom Botaniker, sondern vom dort ansässigen Café Fuchs. „Die „Stöll“, wie der Platz zwischen Fuchsturm und Langgasse bis heute genannt wird, heißt so, weil es die Stelle von Hufschmieden, Wirtshäusern und Wassertränken war, wo Reisende aus Richtung Nördlingen in Wemding ankamen“, erklärt Theo Knoll.
Die nächste Station ist der sogenannte „Saumarkt“ (7). Man geht die Nördlinger Straße entlang und biegt am Ende der Straße links in die Weißenbachstraße ein. „An dem kleinen Platz an der Straße „Am Büchel“ fand noch bis 1980 ein wöchentlicher Viehmarkt statt“, erzählt Knoll. Eine kleine steinerne Sau erinnert noch heute an die alten Zeiten. Von hier geht es weiter in die Häutbachgasse. Am ehemaligen Spital (8) und an der Spitalkirche erzählt der Stadtführer von einer Überlieferung, nach der die Edle Frau Winpurc aus Nördlingen im Jahr 917 ein Hospital für Arme und Reisende stiftete. „Historische Archivare halten das aber für sehr unwahrscheinlich, da es zu dieser Zeit noch nirgends solche Spitale gab. Beweisen kann es wohl niemand“, so Knoll. Bis 1984 fand das Wemdinger Krankenhaus aber dort seinen Platz. Heute beherbergt das Spital seniorengerechte Wohnungen. Daran grenzt das Kreisseniorenheim an. Von dort fällt der Blick auf den Häutbachturm. Früher arbeiteten hier Gerber. Sie reinigten Häute am früher offenen Wethbach und hängten diese zum Trocknen an der Stadtmauer auf. Von hier läuft man den Rennerring in Richtung Norden entlang und erreicht den Baronturm (9). Woher der Turm seinen Namen hat, weiß selbst der Stadtführer nicht, denn einen Baron gab es in Wemding nie. Ein Stückchen weiter liegt das Amerbachertor (10). Bis ins 19. Jahrhundert stand hier eine mächtige Torburg. Heute ist nur noch der hohe Turm übrig. Bis heute führt die Zufahrtsstraße in die Altstadt durch den Torbogen. Von hier erreicht man über die Wallfahrtsstraße in wenigen Minuten wieder den Markplatz, das Rathaus, St. Emmeram und die Touristinformation.
Programmhöhepunkte:
29. Mai bis 2. Juni 2019: Löwen, Gunst und Gulden – Historisches Stadtfest in Wemding
Mittwoch, 29. Mai
18:30 Uhr: Festabend
Donnerstag, 30.05., Tag der Türme
08:30 Uhr: Historischer Bittgang zur Wallfahrtsbasilika Maria Brünnlein mit Vereinen
10:00 Uhr: festlicher Gottesdienst in der Wallfahrtsbasilika Maria Brünnlein
11:00 Uhr: Beginn des Markttreibens am Festgelände mit Mittagstisch, umherziehende Akteure
14:00 Uhr: Feier der 400-jährigen Doppeltürmigkeit um die Stadtpfarrkirche St. Emmeram
18:30 Uhr: Festvortrag „Die beiden ungleichen Brüder – Zur Geschichte des Wahrzeichens von Wemding“, Stadtpfarrkirche St. Emmeram
Freitag, 31. Mai
17:30 Uhr: Offizielle Eröffnung mit Sternmarsch auf dem historischen Marktplatz
19:00 Uhr: traditionelle Blasmusik (bis 23 Uhr), Marktplatzbühne
20:00 Uhr: Theaterpremiere „Die ungleichen Brüder“ des Historischen Ensembles 2019 auf der Theaterbühne am Parkplatz Langgasse
22:30 Uhr: Turmbesteigung mit dem Türmer „Wemding bei Nacht“
Samstag, 1. Juni
10:00 Uhr: Einzug der Marktleute mit anschließendem historischen Markttreiben
ab 13:30 Uhr: Großes Kinderprogramm und buntes Marktreiben
16:30 Uhr: Der Lufttänzer – Ein Mann zwischen Himmel und Erde (Seiltanz über den historischen Marktplatz, Kindervorstellung)
18:00 Uhr: Nacht der Gaukler
19:00 Uhr: Der Lufttänzer – Ein Mann zwischen Himmel und Erde (Seiltanz über den historischen Marktplatz)
20:00 Uhr: Theaterstück „Die ungleichen Brüder“ vom Historischen Ensemble 2019, Bühne am Parkplatz Langgasse
22:30 Uhr: Turmbesteigung mit dem Türmer „Wemding bei Nacht“
Sonntag, 2. Juni
10:00 Uhr: Festgottesdienst gestaltet von der Jugend- und Stadtkapelle Wemding, Marktplatz
13:00 Uhr: Gauklerfest am Festgelände
13:30 Uhr: Theaterstück „Die ungleichen Brüder“ vom Historischen Ensemble 2019, Bühne am Parkplatz Langgasse
19:00 Uhr: Der Lufttänzer - Ein Mann zwischen Himmel und Erde (Seiltanz über den historischen Marktplatz)
20:00 Uhr: Großer Zapfenstreich mit der Jugend- und Stadtkapelle Wemding, Marktplatz