In den vier Abteilungen des geschlossenen Vollzugs sind in der JVA Niederschönenfeld aktuell 160 Häftlinge zwischen 18 und 26 Jahren untergebracht. Alle haben eine oder mehrere Straftaten begangen, für die sie von einem Gericht verurteilt worden sind. „Daher sind das aber noch lange keine schlechten Menschen. Oft finde ich die Männer persönlich sympathisch“, sagt Gefängnisseelsorger Wolfgang Gronauer. Seit rund fünf Jahren arbeitet der 52-jährige evangelische Pfarrer in der JVA in Niederschönenfeld. Besonders stolz ist er auf die gefängniseigene Kapelle, die als ehemalige Wallfahrtskirche nur noch selten für die Öffentlichkeit zugänglich ist. „Wenn man hier reinkommt, dann merkt man nicht mehr, dass man im Gefängnis ist“, erzählt er. Die kleine Gefängniskapelle gehörte ebenso wie ein Trakt der JVA einmal zum Kloster Niederschönenfeld. Im frühen 19. Jahrhundert wurde das Kloster als Folge der Säkularisation aufgelöst. Zeitweise gab es danach noch Pläne das Zisterzienserkloster wieder neu einzurichten, was jedoch an fehlenden Mitteln scheiterte. Im Jahr 1880 wurde schließlich ein Teil der Anlage zu einer Strafanstalt umgebaut, in der noch heute die JVA Niederschönenfeld untergebracht ist.
Weihnachtliche Stimmung komme vor allem in der Klosterkirche auf, denn diese sei laut Gronauer der einzige Ort im gesamten Gefängnis, an dem echte Kerzen angezündet werden dürfen: „In der Kapelle haben wir einen geschmückten Christbaum und einen großen Adventskranz“. Wie das christliche Fest gefeiert wird, das bleibe jedem einzelnen Häftling selbst überlassen. Rund 35 Prozent der Insassen sind Christen und circa 33 Prozent sind Muslime.
„Viele der Gefangenen haben bei ihrem Haftantritt keine Konfession angegeben. Das ist vollkommen in Ordnung. Meine Gottesdienste sind für alle Häftlinge offen, egal was für einen Glauben derjenige besitzt“, sagt der evangelische Gefängnisseelsorger.
Jeden Sonntag finden in der JVA Niederschönenfeld Gottesdienste statt. Aufgrund von Corona dürfe nur eine gewisse Anzahl an Insassen in das Gotteshaus, daher wird ein Gottesdienst vormittags und ein anderer mittags statt. Auch an Heiligabend finden diese bereits zu vergleichsweise frühen Uhrzeiten abgehalten. „Wir feiern die Gottesdienste bereits am Vormittag und am Mittag, da die Häftlinge an Sonn- und Feiertagen, wenn sie nicht in die Arbeit müssen, bereits um 16:30 Uhr Einschluss haben“, erklärt Gronauer. Neben der musikalischen Umrahmung der Weihnachtsgottesdienste durch auswärtige Musiker*innen oder einem Chor gibt es an Heiligabend oft auch ein Krippenspiel, das Insassen aufführen. „Wenn junge Männer, egal was sie getan haben, mit Ernsthaftigkeit die Weihnachtsgeschichte nachspielen, dann ist das schon etwas Besonderes“, so Pfarrer Gronauer.
Tabak und Lebensmittel stehen auf der Einkaufsliste ganz oben
Abseits der Gottesdienste bietet die JVA Niederschönenfeld den Gefangenen besondere Freizeitaktivitäten an, die vor allem in der Weihnachtszeit gerne in Anspruch genommen werden. „Fast alle Insassen wollen in ihrer Freizeit Sport machen. Bei anderen Angeboten, wie zum Beispiel einer Filmgruppe, sinkt das Interesse aber doch schon merklich“, sagt Wolfgang Gronauer. Da die jungen Häftlinge relativ viel Aufschluss haben, besteht die Möglichkeit gemeinsam Zeit zu verbringen. So können sich die Männer auch außerhalb ihrer Gefängniszelle in einem abgegrenzten Bereich aufhalten. In jedem dieser Bereiche gibt es eine Gemeinschaftsküche und sanitäre Anlagen. Trotzdem kann sich über die Weihnachtstage Langeweile einstellen, weil die Betriebe und die Schule zwischen den Jahren meistens geschlossen sind.
„Über einen Teil ihres Arbeitslohns – das sogenannte Hausgeld – können die Gefangenen jeden Monat frei verfügen. Das sind meist so circa 100 Euro. Davon können sie einmal im Monat im Gefängnis einkaufen gehen. Die meisten kaufen sich davon Lebensmittel, Tabak oder elektronische Geräte, der eine oder andere auch mal ein Buch“, erklärt der 52-Jährige. An Weihnachten und auch an Ostern können die Insassen zusätzlich zu ihrem normalen monatlichen Hausgeld für den Einkauf eine Geldzuwendung von ihren Angehörigen bekommen, um sich davon etwas zusätzlich leistenzu können. Da viele Insassen, zum Teil aufgrund ihrer Konfession, kein Weihnachtsfest feiern, können sie über diesen Sondereinkauf auch zu einem anderen Zeitpunkt verfügen. Einige, erzählt der evangelische Pfarrer, nutzen das Geld auch für das islamische Zucker- oder Opferfest.
Kleine Aufmerksamkeiten für die Inhaftierten
Besondere Besuchsregelungen gibt es hingegen an Weihnachten nicht und auch Geschenke dürfen die inhaftierten jungen Männer nicht von ihren Familien und Freunden außerhalb der Anstalt geschickt bekommen. Damit nichtsdestotrotz ein klein wenig Weihnachtsstimmung aufkommt, gibt es in jedem Zellenblock und im Innenhof einen geschmückten Christbaum. Zudem gibt es für alle Inhaftierten an Weihnachten ein besonderes Essen. „Auf der Speisekarte stand in den vergangenen Jahren schon Putenkeule oder Schweinshaxe. Außerdem gibt es immer eine leckere Nachspeise und ein besonderes Getränk“, sagt Gronauer. Bezahlt wird die weihnachtliche Mahlzeit vom Gefangenen-Fürsorgeverein. Zudem gibt es in einigen Arbeitsbetrieben im Gefängnis eine kleine Weihnachtsfeier. „Die inhaftierten Männer bekommen eine Kleinigkeit geschenkt, wie zum Beispiel Tabak oder Lebkuchen“, so der evangelische Pfarrer weiter. Außerdem überreicht auch er selbst den jungen Männern jeweils ein kleines weihnachtliches Geschenk, das von kirchlichen Spenden finanziert wird: „Das sind meist ein Kalender, ein Feuerzeug, Schreibutensilien, Lebkuchen und etwas Besinnliches.“
Nördlinger Rotarier beschenken Strafgefangene
Seit fast 30 Jahren setzt sich der Rotary-Club Nördlingen für alle Inhaftierten ein, die kein Geld von außerhalb geschickt bekommen oder nicht an die Arbeit gehen. Jahr für Jahr bringen die Rotarier liebevoll verpackte Geschenke zu den Strafgefangenen in die JVA Niederschönenfeld. Ganz im Sinne der christlichen Weihnachtsbotschaft wollen die Nördlinger mit dieser Aktion den Gefangenen eine kleine Freude machen und Hoffnung geben auf eine gute Zukunft. Laut Leonhard Dunstheimer, Initiator der Geschenkeaktion, sollen die Geschenke nur in zweiter Linie eine materielle Zuwendung sein. Hauptsächlich gehe es darum, den Inhaftierten zu zeigen, dass zu Weihnachten jemand an sie denkt. Rund 60 Häftlinge durften sich so zum Beispiel im Jahr 2020 über ein Weihnachtspäckchen freuen. Darin befinden sich unter anderem Kaffee, Schokolade, Würste oder Chips. Trotz all der kleinen Aufmerksamkeiten liegt gerade zu Weihnachten Wehmut in der Luft. Viele inhaftierte Männer vermissen ihre Kinder, die Familie oder Freunde.