Sebastian Kneipp wird Wasserdoktor und Kräuterpfarrer genannt. Aber wie kam der Sohn eines bayerischen Webers zu solchen Namen?
Donauwörth - Sebastian Kneipp wurde am 17. Mai 1821 in Stephansried geboren. Schon mit 12 Jahren entwickelte er den Wunsch, Geistlicher zu werden. Erst mit 23 Jahren bekam er die Möglichkeit aufs Gymnasium nach Dillingen zu gehen. 1845 erkrankte Kneipp an Tuberkulose, trotz aller Schwierigkeiten schaffe er es aber, innerhalb von vier Jahren sein Abitur abzuschließen. Durch Zufall entdeckte er ein Buch des Arztes Johann Siegmund Hahn über die Heilkraft von kaltem Wasser. Er machte daraufhin den Selbstversuch in der kalten Donau. Kurze Bäder und Güsse führten zu einem erstaunlichen Ergebnis: Sebastian Kneipp fühlte sich frisch und erholt, sein Gesundheitszustand verbesserte sich. Von der Tuberkulose geheilt, machte Kneipp 1852 seinen Studienabschluss und wurde Priester. Er vertiefte seine bisherigen Erkenntnisse zu Heilkräuten. Sein Wissen verhalf Kneipp zu immer mehr Bekanntheit. In der Bevölkerung machte er sich als „Cholera-Kaplan einen Namen, weil er eine an Cholera leidende Frau heilen konnte. Kneipp gab Schriffen heraus und hielt Vorträge, und so wurde auch jemand in Donauwörth auf Fit und gesund werden und bleiben von Mara Kutzner Sebastian Kneipp aufmerksam. Ludwig Auer senior, besser bekannt als Onkel Ludwig, war vom Wissen Kneipps begeistert.
Die von Auer ins Leben gerufenen Kneipp-Blätter wurden in seinem Verlag gedruckt und 1890 gründete er in Bad Wörishofen den 1. Kneipp-Verein. In Donauwörth gibt es bis heute einen Verein, der Sebastians Kneipps Lehren und das Konzept einer ganzheitlichen Medizin weiterträgt. „Es sind fünf Säulen, auf denen das Gesundheitskonzept nach Kneipp aufgebaut ist, erklärt Armella Bisle, 1. Vorsitzende im Kneipp-Verein Donauwörth. Wasser, Heilkräuter, Bewegung, Ernährung und Leben in Balance sind die wichtigsten Bausteine um gesund zu werden und zu bleiben. „Beim Stichwort ‚Kneipp hat man oft den Pfarrer mit der Gießkanne vor Augen, lacht Bisle. Dass die Kneippsche Gesundheitslehre aber viel mehr ist, hat sie am eigenen Körper auf Kur in Bad Wörishofen erleben können. In den Lehren nach Kneipp hat sie dann genau das Richtige für sich gefunden. Genau wie damals, spielt auch heute kaltes Wasser eine wichtige Rolle im Kneipp-Verein. Im Vereinsheim in der Jennisgasse in Donauwörth gibt es einen Nassraum, in dem die entsprechenden Fußbäder und Armgüsse gemacht werden können. Im Sommer wird aber vor allem die Kneippanlage im Stauferpark genutzt – und das nicht nur von den Kneipp-Mitgliedern, sondern von vielen Donauwörther Bürgern. Armella Bisle und Martina Gerstenmeyer, 2. Vorsitzende, geben Tipps, wie die Kneipp- Anlage auch von Kneipp-Laien richtig benutzt werden kann. „Am besten fängt man mit dem Barfußpfad an, erklärt Bisle. Den Pfad sollte man barfuß und mit geschlossenen Augen dreimal abgehen. „Dann kann man alles ganz bewusst wahrnehmen, stellt Gestenmeyer fest. Wie eine Fußreflexzonenmassage regen Sand, Splitt, Schotter, Korken, Rindenmulch und Rundhölzer über die Fußsohlen den ganzen Organismus an.
Anschließend stehen Armbecken und die Wassertretanlage bereit. „Beim Wassertreten ist es wichtig, dass man im sogenannten Storchengang läuft . Man sollte mit den Zehen zuerst ins Wasser tauchen und die Füße beim Laufen komplett aus dem Wasser nehmen, so Bisle. Das kalte Wasser härtet ab, fördert die Durchblutung, kräftigt die Venen, beruhigt und sorgt für guten Schlaf. Anders ist es bei den Armbädern. „Alle Anwendungen unter der Gürtellinie wirken sedierend, alles oberhalb wirkt belebend, weiß Bisle. „Das kalte Armbad ist der ‚Kaffee des Kneippianers, lacht Gerstenmeyer. Im Armbecken soll man die Arme bis zum Oberarm ins Wasser tauchen und das Wasser dann aufwirbeln, indem man die Arme kreisen lässt. Schnell wird man merken, dass das Armbad anregt ohne aufzuregen, bei Abgeschlagenheit und Müdigkeit hilft und sogar den Blutdruck reguliert. Nach den Bädern sollten Arme oder Beine nicht mit einem Handtuch abgetrocknet, sondern das Wasser mit den Händen leicht abgestreift und anschließend an der Luft getrocknet werden. Auch geübte Kneipper sollten Wassertreten und Armbad nicht kurz hintereinander anwenden. Es sollten mindestens zwei Stunden Pause zwischen den Anwendungen liegen.
Im Sommer ist die Kneippanlage ein schönes Ausflugsziel für Radfahrer. Die Kneippanlage ist zusammen mit den Kneipp- Stehlen, auf denen die Kneippschen Prinzipien erklärt werden, ein Ort der Ruhe und Entspannung. Gefegt und gereinigt wird die Anlage ehrenamtlich von den Mitgliedern des Kneippvereins. Ab Mitte Mai, wenn die Eisheiligen vorbei sind, kann man im Stauferpark wieder kneippen. „Man kann sich auch ohne Probleme zu Hause eine kleine Kneippanlage einrichten. Mit einem großen Malereimer zum Beispiel oder in der Badewanne oder im Waschbecken. Das Wasser sollte auf jeden Fall sehr kalt sein, sagt Armella Bisle. Wer den Effekt vom Barfußpfad auch zu Hause erzeugen will, dem rät die Kneipp-Fachfrau, so viel wie möglich barfuß zu laufen. Gut ist auch, am Morgen durch das taufrische Gras zu gehen. Aber Kneipp ist mehr als kalte Bäder, obwohl diese ein Hauptbestandteil der Lehren sind. Im Programm des Kneipp-Vereins Donauwörth gibt es viele Angebote rund um Gesundheit und Fitness. Radtouren, Wanderungen, Walking-Treffs, Pilates-, Yoga- und Qi Gong-Kurse, Gymnastik- und Aqua-Fitness-Stunden sowie Kräuterführungen werden beim Kneipp-Verein angeboten.
Über 400 Mitglieder hat der Kneippverein, die verschiedenen Kurse können aber auch von Nicht-Mitgliedern wahrgenommen werden. „Wir wünschen uns noch mehr jüngeres Publikum, sagt Martina Gerstenmayer. Zwar ist der städtische Kindergarten mit dem Kneipp-Zertifikat ausgezeichnet und schon die Kleinen lernen dort die Grundlagen für ein gesundes Leben nach Kneipp kennen. Junge Erwachsene gibt es im Verein aber wenig. Gesundheit und gesundheitsbewusstes Leben kommen aber immer stärker in den Trend und auch junge Menschen wollen oft bleiben. Egal ob jung oder alt, Armella Bisle sagt: „Gehen Sie immer reizend mit sich um – das drückt für mich das Kneipp´sche Motto am besten aus.