Einstiges Faschingsvergnügen: Der Schäfflertanz in Donauwörth

Der Schäfflertanz in Wemding. In früheren Zeiten hat er jedoch auch in Donauwörth stattgefunden. Bild: Friederike Rieger
„ ... in den Jahrbüchern des geselligen Frohsinns höchstlobwerth verewigt!“ Der Schäfflertanz in Donauwörth
Ein Gastbeitrag von Friederike Rieger
„ ... in den Jahrbüchern des geselligen Frohsinns höchstlobwerth verewigt!“ Der Schäfflertanz in Donauwörth
Ein Gastbeitrag von Friederike Rieger
Der Schäfflertanz im Glockenspiel des Neuen Münchner Rathauses ist eine der größten Touristenattraktionen unserer Landeshauptstadt. In unserer Region wird er noch heute in Wemding gepflegt. Kaum bekannt ist, dass einst auch in Donauwörth die Tradition des Schäfflertanzes zur Faschingszeit gehörte. Insgesamt fünf Mal wurde er in Donauwörth aufgeführt, und zwar in den Jahren 1822, 1826, 1831, 1838 und 1845. Friederike Rieger, Autorin und Stadtführerin in Donauwörth, hat sich die Zeit genommen und zu dieser vergessenen Donauwörther Tradition intensiv geforscht:
München und der Schäfflertanz – das sind zwei Begriffe, die zusammen genannt werden. Den Schäfflertanz im Glockenspiel des Neuen Münchner Rathauses täglich um 11 Uhr vormittags, lässt sich kaum ein Besucher Münchens entgehen. Nach der Münchner Volkssage geht der Schäfflertanz auf eine Initiative der Schäffler während der Pest 1517 zurück. Der 1751 in Donauwörth geborene Publizist, Aufklärer und Illuminat Lorenz Hübner spricht in seiner „Beschreibung der Kurbaierischen Haupt- und Residenzstadt München von einem Privileg: „Die Schäffler haben ein altes Privilegium, alle sieben Jahre einen sogenannten Schäfflertanz mit vom Buchs umwundenen Reifen, den großen Achter genannt, durch die Straßen der Stadt zu tanzen ..."
Im Jahre 1795 wurde der Schäfflertanz in München am Vorabend der Vermählung des 71-jährigen Kurfürsten Karl Theodors mit der 19-jährigen Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este, die übrigens auf dem Antoni-Berg bei Steppberg ihre letzte Ruhestätte gefunden hat, aufgeführt. Seither findet er in einem 7-jährigen Turnus statt. Wesentlichen Einfluss auf den Münchener Schäfflertanz hat der Nürnberger Büttnertanz. Hier führt der auf einem Wagen sitzende Gott Gambrinus den Zug an, und am Ende des Tanzes werden kunstvoll Reifen geschwungen.
Einer der ersten Ableger des Münchner Schäfflertanzes: Der erste Schäfflertanz in Donauwörth
Bemerkenswert ist, dass der Schäfflertanz in Donauwörth einer der ersten Ableger des Münchner Schäfflertanzes ist. Im „Königlich-Baierischen privilegierten Donauwörther Wochenblatt" vom 23. Februar 1822, das im Stadtarchiv Donauwörth aufbewahrt wird, ist ein Bericht über die Uraufführung zu lesen. Begeistert schreibt der Herausgeber der Zeitung Johann Baptist Schön unter der Rubrik „Faschingsunterhaltungen" über den Schäfflertanz in Donauwörth: „Am vergangenen Faßtnacht-Sonntage begann nach Mittag um 12 Uhr vor den Wohnungen unserer Herren Beamten, Magistratsmitglieder und anderer Honoratioren der sogenannte Schäfflertanz." Eine Entstehungslegende oder ein Gelübde für den Schäfflertanz gibt es in Donauwörth nicht. Im Wochenblatt ist zu lesen: „Diese selbst in mehreren grossen Städten Deutschlands einheimische Belustigung verfehlte um so weniger ihren Zweck, als sie hier noch nie gesehen wurde und durch exakte Ausführung der Reiftänze, gymnastische Haltungen, und geräuschlose Ordnungsliebe den allgemeinen Beyfall mit Recht in Anspruch genommen hat ..." Im Gegensatz zum Münchner Schäfflertanz, bei dem wie Johann Andreas Schmeller 1802 in seinen Tagebüchern schreibt „eine Rotte junger Binder (gemeint sind Schäffler) beim Getöse einer Trommel und Pfeife ein Wirrwarr untereinander machten, der einem Tanze gleichen sollte ..." herrscht in Donauwörth „geräuschlose Ordnungsliebe". So hat sich nicht nur der Schäfflertanz, sondern „auch die geniale Auswahl unserer heutigen Maskeraden hat sich (ohne mit kleinstädtischen Elogen zu wuchern) in den Jahrbüchern des geselligen Frohsinns höchstlobwerth verewigt." Neben den Reiftänzen – den Gruppentänzen mit geschmückten Halbreifen als Tanzgeräten – die als Verbindungsglieder von Mann zu Mann dienen, waren beim ersten Schäfflertanz in Donauwörth noch „gymnastische Haltungen" zu sehen. Welche Musikkapelle die Tänzer und die „geniale Auswahl unserer heutigen Maskeraden" begleitet hat, verrät der Herausgeber der Zeitung leider nicht.
Weitere Aufführungen des Schäfflertanzes in Donauwörth folgen
Nach vier Jahren wird der Schäfflertanz wieder aufgeführt. Im Wochenblatt vom 4. Februar 1826 lädt die hiesige Schäfflerzunft mit „obrigkeitlichem Vorwissen am Fasnachts-Sonntag Mittags 12 Uhr zum Umzug (sogenannter Schäfflertanz) jeden Schaulustigen ein." Dazu gab es am Faschingssonntag Bälle in der Goldenen Krone, im Goldenen Hirschen, in der Goldenen Rose, im Weißen Löwen und in der Goldenen Traube. Nach fünf Jahren fand am 15. Februar 1831 am Faschingssonntag der mittlerweile „herkömmliche Schäfflertanz" wieder statt. In der Bürgerliste von 1834, die im Stadtarchiv Donauwörth liegt, sind sechs Handwerksbetriebe verzeichnet, die sich in der Kronengasse sowie auch in der Reichsstraße, der Eichgasse und in der Hindenburgstraße befanden. Zur Schäfflerzunft gehörten demnach: Ignaz Meir, Georg Kothmeier, Joseph Trabers Witwe, Joseph Müller, Peter Traber und Joseph Haunstetter. Nach sieben Jahren, am 25. Februar 1838, „werden die hiesigen Schäffler am Faßnachts-Sonntage den vor sieben Jahren zum letzten Mal aufgeführten Schäffler Tanz wieder feyern. Zwölf Tänzer und zwei Harlekins werden sich in verschiedenen Reiftänzen und Schwingungen auf dem Platze produzieren und ihren Auszug von der Herberge Mittags 12 Uhr beginnen." Ob es sich bei den zwölf Tänzern um ledige Gesellen der Schäfflerzunft handelte, wie es in München üblich war, und ob der Schäfflertanz vor dem Tanzhaus stattfand, können wir nur vermuten. Leider wissen wir auch nicht, welche der damals 41 Wirtschaften in Donauwörth die Zunftherberge der Schäffler war. Interessant ist der Hinweis, dass zwei Harlekins oder zwei Hanswursten oder Kasperl den Zug begleiteten. Sie hatten vermutlich eine kleine Holzfigur dabei, unter der sich schwarze Schminke befand, mit der die Harlekine die Nasen der Zuschauer schwärzten. Das sollte sowohl an den Tod erinnern, als aber auch Glück bringen.
Der letzte Schäfflertanz in Donauwörth
Beim letzten Schäfflertanz in Donauwörth am Faschingssonntag, dem 2. Februar 1845, „werden vierzehn Schäffler und drei Harlequins sich in verschiedenen Reiftänzen und Schwingungen auf dem Platze produzieren ...". Nebenbei erfahren wir, dass wegen des auch am Faschingssonntagnachmittag in der Stadtpfarrkirche stattfindenden Gottesdienstes die „Produktionen des Tanzes" unterbrochen werden. In den folgenden Jahren konnten keine Hinweise mehr für einen Schäfflertanz in Donauwörth gefunden werden. Was wir allerdings noch wissen ist Folgendes: Im Jahr 1847 eröffnete Joseph Haunstetter in der Kronengasse 145 (heute Kronengasse 32) eine neue Schäfflerwerkstatt, die im Jahr 1896 von dem aus Bopfingen kommende evangelische Schäffler Daniel Stadtmüller übernommen wurde. An der Giebelseite des ehemaligen „Stadtmüller- Hauses" in der Kronengasse sind heute – ähnlich wie beim Wappen des Fachvereins der Münchner Schäffler – zwei Löwen zu sehen, die auf ein Fass schlagen. Dieses Bild ist eine Erinnerung an eine vergessene Tradition in Donauwörth.
Was ein Schäffler macht und unter welchen weiteren Berufsbezeichnungen er bekannt ist: Ein Schäffler übt mit der Herstellung und Reparatur von Holzgefäßen einen sehr alten und traditionsreichen Handwerksberuf aus. Im deutschsprachigen Raum gibt es für diesen Beruf allerdings unterschiedliche Bezeichnungen: Nord- und Ostdeutschland: Böttcher, vom Bottich – einem großen, oben offenen Holzgefäß Nordbayern: Büttner, von Bütten – also kleineren Bottichen West- und Südwestdeutschland, vor allem in Weinanbaugebieten: Küfer, von Kufen – also oben offene und tiefe Holzgefäße Österreich und Niederbayern: Binder, von Binden – dem Anlegen von (hölzernen) Reifen Südbayern: Schäffler, von Schaff – ein oben offenes Gefäß Wie ein Schäfflertanz abläuft: Bei einem Schäfflertanz agieren verschiedene Tänzer, darunter meist auch Vortänzer, Fassschlager, Spaßmacher und Reifenschwinger. Die Kunst der Reifenschwinger ist es, die Holzreifen, in denen ein oder mehrere volle Weingläser stehen, zu schwingen, ohne etwas daraus zu verschütten. Gekleidet sind die Tänzer im Schäfflerkostüm mit schwarzen Schuhen, weißen Kniestrümpfen, schwarzer Kniebundhose, Schurzleder, roter Jacke und grüner Kappe mit weißem Federbusch.