Warum Nördlingens Handel gut da steht und welche Probleme es aber trotzdem gibt, erklären Susanne Vierkorn, Astrid Grunert und Sandro Weber vom Stadtmarketingverein Nördlingen ist ́s wert.
Nördlingen - "Die Zukunft des Einzelhandels ist nicht in fünf oder zehn Jahren, sondern fängt eigentlich schon morgen an“, ist sich Susanne Vierkorn sicher. Sie leitet die Geschäftsstelle vom Nördlinger Stadtmarketingverein „Nördlingen ist‘s wert e.V.“, der im Jahr 2000 gegründet wurde. „Oberstes Ziel seitdem ist, Nördlingen in der Region zu profilieren und die Attraktivität der Altstadt als Einkaufs- und Erlebniszentrum zu halten und vielleicht sogar zu verbessern“, so der 1. Vorsitzende Sandro Weber. Der Verein hat inzwischen 260 Mitglieder, davon etwa 100 Händler, aber auch circa 60 Privatpersonen. Mit der Stadt herrsche ein „enges Miteinander“und auch gerade deswegen würde in der Einkaufsstadt Nördlingen vieles besser laufen als anderswo.
Ein Mammutprojekt in den vergangenen Jahren war zum Beispiel der Ringschluss der Fußgängerzone. Seit 2013 ist die Löpsingerstraße zwischen Hafenmarkt und Bauhofgasse für Autos gesperrt und schließt damit den autofreien Rundweg vom Marktplatz über die Schrannenstraße über die Kornschranne zurück über die Eisengasse zum Rathaus. Worüber vor einigen Jahren noch heftig diskutiert wurde, darüber freut man sich heute. In der Fußgängerzone Löpsingerstraße gibt es mehrere Straßencafés, einige Filialisten, viele inhabergeführte Geschäfte und Dienstleister, Aufenthaltsorte wie Liegestühle und Sitzbänke, ein öffentliches Bücherregal, Kinderspielgeräte und nicht ein leerstehendes Ladenlokal.
Auch Astrid Grunert, 2. Vorsitzende im Stadtmarketingverein hat ihr Geschäft, ein Reformhaus, ebenfalls in der Löpsingerstraße. Grunert leitet auch den Nördlinger Arbeitskreis „Handel“. Dort treffen sich Händler regelmäßig, um Projekte und Themen, die die Nördlinger Innenstadt betreffen, zu besprechen. Für Grunert ist es wichtig, dass junge und ältere Händler mitarbeiten und Erfahrungen aus den unterschiedlichsten Branchen austauschen. „Da wird auch mal heftig diskutiert“, erzählt die Händlerin. Einig sind sich aber alle: Nur persönlicher Service, Beratung und gute Stammkundenbetreuung können gegenüber dem Internet überzeugen.
Vierkorn, Grunert und Weber loben die Zusammenarbeit mit der Stadt Nördlingen. Mit seinem Grundsatz „Innen vor Außen“ trifft Oberbürgermeister Hermann Faul beim Stadtmarketing voll ins Schwarze. „Die Innenstadt ist das Herz der Stadt und der Herzschlag schlägt bis an die Stadtgrenzen aus“, verbildlicht Sandro Weber. In Nördlingen gibt es selbstverständlich auch Gewerbegebiete und Einkaufsmöglichkeiten außerhalb der Stadtmauer, aber der Handel in der Altstadt bleibt trotzdem bestehen. Vielleicht weil, wie Susanne Vierkorn meint, die Stadt vor den Toren nicht zu viel zulässt.
„Alles, was ich für den täglichen Bedarf brauche, das muss es in der Innenstadt geben“, ist sich Weber sicher. Und das ist in Nördlingen der Fall: Der Drogeriemarkt Müller zog von einer ungünstigen Immobilie in ein modernes Gebäude, es gibt einen Supermarkt in der Innenstadt, mehrere Gemüse-, Feinkost- und Lebensmittelhändler, ein Schreibwarengeschäft und sogar den ein oder anderen inhabergeführten Elektro- und Haushaltswarenladen. Auch mehrere Buchhandlungen, Bekleidungsgeschäfte, Boutiquen und Fachgeschäfte sind zu finden. „Der Angebotsmix muss stimmen. Und in Nördlingen gibt es auch noch echte Dienstleister wie einen Schuhmacher in der Innenstadt“, sagt Grunert.
Wenn man mit Susanne Vierkorn, Astrid Grunert und Sandro Weber spricht, könnte man meinen, Probleme, die es in Städten vergleichbarer Größe zur Zeit gibt, machen Nördlingen überhaupt nicht zu schaffen. Und zum großen Teil haben die Verantwortlichen von „Nördlingen ist‘s wert e.V.“ auch Recht: Die Innenstadt ist belebt, der Handel floriert.
Baulücke am Markplatz soll geschlossen werden
2017 wurde allerdings das Einzelhandelskonzept für Nördlingen erneuert. Dr. Manfred Heider, der in Augsburg ein Büro für Standort-, Markt- und Regionalanalyse betreibt, befragte dafür Händler und Kunden. Heiders Befragungen hatten schon vor einem Jahr gegeben, dass sich viele eine H&M-Filiale in Nördlingen wünschen. Auch der Handelsexperte ist überzeugt, dass ein großes Filialunternehmen Zugpferd in der Innenstadt sein wird.
Möglicher Standort für einen großen Filialisten könnte ein eventuelles Neubauprojekt in bester Lage sein. Direkt am Markplatz, gegenüber dem Daniel, gibt es eine Baulücke. Zwischen Handyshop und der Metzgerei Pisko, wo jetzt eine italienische Bar ist, könnte ein vierstöckiges Haus mit einstöckigem Anbau im hinteren Teil gebaut werden. Dem Nördlinger Stadtrat wurde im Juni vorgestellt, dass dort mehr als 600 Quadratmeter Fläche für den Handel entstehen könnte. Welches Unternehmen Interesse hat und ob es tatsächlich ein Filialist wie H&M oder C&A sein wird, ist noch unklar. Für Susanne Vierkorn spielt das auch erst mal keine wichtige Rolle. Ihr und dem Stadtmarketingverein ist vor allem wichtig, dass die Baulücke geschlossen wird und der Markplatz belebt bleibt.
Leerstände gibt es auch in Nördlingen
Nur zwei Häuser weiter, am Markplatz 6, gibt es ein weiteres Sorgenkind. Das Gebäude, in dem früher der Drogeriemarkt Müller war, steht seit zwei Jahren leer. Nicht der einzige Leerstand in der Innenstadt, viele sind es aber dennoch nicht. Susanne Vierkorn ist guter Dinger, Leerstände aufgrund ihrer guten Vernetzung mit Vermietern, Händlern und Interessenten gering halten und mittelfristig vermeiden zu können.