Tu' Gutes

In Würde altern

Theaterbesuch in der Alten Bastei in Nördlingen. Bild: Fürstin Wilhelime Stiftung/Lämmermeier
In diesem Jahr kann die Fürstin Wilhelmine Alten- und Pflegeheim-Stiftung Wallerstein auf eine 215-jährige Geschichte zurückblicken. Im Jahr 1804 gründete I. D. Fürstin Wilhelmine zu Oettingen-Wallerstein eine Krankenhausstiftung, um den Wallersteiner Bürgern eine medizinische Betreuung zu gewährleisten. Im Zuge der Krankenhausreform wurde das Gebäude zu einem Alten- und Pflegeheim umgebaut, später auch erweitert und umstrukturiert. 1994 übernahm Eva Kofler-Poplawsky die Stiftungsleitung von den Ordensschwestern der Armen Franziskanerinnen.

Heute leben 80 Bewohner im Fürstin Wilhelmine Alten- und Pflegeheim. Neben Langzeitpflegeplätzen werden auch Kurzzeitpflege, Tagespflege und Wohnplätze im Rüstigen-Bereich angeboten. „Bei uns ist alles unter einem Dach“, beschreibt Kofler-Poplawsky. Besonders stolz ist sie auf die hauseigene Küche – das ist mittlerweile nicht mehr unbedingt üblich für solche Einrichtungen. „Wir kochen alles selbst“, berichtet die Einrichtungsleiterin. Sogar Hefezopf wird selbst gebacken, an Geburtstagen von Bewohnern gibt es selbstgemachte Torten und der Jubilar darf sich sein Lieblingsessen wünschen.

Besonderen Wert legt man auf regionale Zutaten, zum Teil wird sogar Gemüse aus dem eigenen Garten verwendet. „Wir bauen gemeinsam mit unseren Bewohnern Weißkraut an, ernten und hobeln es und verarbeiten es dann in unserer Küche zu Sauerkraut“, erzählt Kofler-Poplawsky.

Erinnerungen an früher wecken

An Geschmäckern und Gerüchen aus der Küche hängen oft Erinnerungen aus der Vergangenheit, gerade bei an Demenz erkrankten Menschen aktivieren Geschmäcker aus der Kindheit das Gedächtnis. Ein Strauß Rosmarin auf dem Nachtkästchen erinnert an alte Zeiten. Was wurde einst mit dem Kraut gekocht? Hatte man nicht Rosmarin bei der Hochzeit am Revers? „Basale Stimulation heißt dieser Therapieansatz“, erklärt die Einrichtungsleiterin.

Auch ein anderes Therapieangebot weckt Erinnerungen aus der Kindheit oder der Jugend. Bei der sogenannten Biographiearbeit geht es darum, Traditionen, Bräuche und Geschichten aus der Vergangenheit wiederaufleben zu lassen. Beim gemeinsamen Backen von Krapfen entstehen zum Beispiel Gespräche über längst vergangene Tage, die aus therapeutischer Sicht sinnvoll sind und zugleich den Bewohnern Spaß machen. In den Gängen im Alten- und Pflegeheim kommt man an einer alten Schulbank vorbei, auf einer alten Kommode sind Stickereien von früher ausgelegt und regelmäßig werden Heimatpfleger oder Volkskundler zu Vorträgen über das Ries eingeladen. In den Gruppenstunden „Frohe Runde“ bieten sich Gelegenheiten zum gemeinsamen Singen, Spielen, Beten und Sprechen.

„Wir reden auch über aktuelle Geschehnisse aus den Nachrichten. Am Weltfrauentag zum Beispiel haben wir über Wahlrecht und Gleichberechtigung von Frauen gesprochen. Viele unserer Bewohner und Bewohnerinnen haben da ja noch Erinnerung, wie es früher war.“

Herausforderung Demenzerkrankungen und Pflegefachkräftemangel

„Das geht alles nur mit engagierten Mitarbeitern“, sagt die Leiterin stolz. Der Mangel an Pflegekräften macht sich aber auch in Wallerstein bemerkbar. Zwar ist die Situation nicht ganz so prekär wie anderswo, Eva Kofler-Poplawsky sagt trotzdem ganz deutlich: „Die Politik hat absolut versagt.“ Der Fachkräftemangel sei schon vor 25 Jahren absehbar gewesen und der Beruf Altenpfleger sei nicht nur wegen der hohen Belastung, sondern auch aufgrund der Arbeitszeiten unattraktiv für junge Menschen. Kofler-Poplawsky setzt deshalb häufig auf Quereinsteiger, die sich erst später bewusst für die Arbeit im Pflegebereich entscheiden.

Größtes Problem ist aber auch im Wallersteiner Pflegeheim der Personalschlüssel. Wenn sie etwas verändern könnte, würde Kofler Poplawsky den Personalschlüssel anders gestalten und auch andere Berufsgruppen wie Heilerziehungspfleger und Psychologen zum Pflegepersonal miteinbeziehen und Ergotherapeuten und Physiotherapeuten festanstellen. Denn für längere Gespräche mit den Bewohnern bleibt trotz der vielen Therapieangebote oft keine Zeit – und gerade die wären für Demenzerkrankte besonders wichtig.

Gute 80 Prozent der Bewohner leiden unter leichter bis schwerer Demenz. Die Krankheit ist zusammen mit der immer höheren Lebenserwartung eine der größten Herausforderungen für die Mitarbeiter. „Das Verhalten steht nicht im Kontext zur Situation des Erkrankten. Menschen werden grundlos aggressiv, orientierungslos, können nicht umsetzen, was sie sollen. Es ist schwer, die Welt der Demenzerkrankten zu verstehen“, beschreibt die Heimleiterin.

Sommerfest im Fürstin Wilhelmine Alten- und Pfl egeheim

Jubiläumsfeier zum 215-jährigen Bestehen mit Tag der offenen Tür am 14. Juli. Beginn um 11:30 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst. Danach schließt sich ein Grillfest mit Musik an. Ende um 18 Uhr.