Regionalgespräch

Regionalgespräch mit: Markus Kosok

Markus Kosok ist Anschieber im Bob-Team. Bild: privat
Markus Kosok hat schon als Kind mit Leichtathletik begonnen. Später war er erfolgreicher Speerwerfer und nahm sogar an internationalen Wettkämpfen teil. Mittlerweile hat der 27-Jährige seine Heimat Harburg verlassen, denn er hat eine Ausbildung als Polizist absolviert und ist im Spitzensport-Programm der Bayerischen Polizei in Ainring bei Berchtesgaden. Nicht nur den Wohnort hat er gewechselt, sondern auch die Sportart. Wie er vom Speerwerfer zum Bobfahrer wurde, hat er im Interview unserer Redakteurin Mara Kutzner erzählt.

Hallo Markus, schön dass du dir heute Zeit nimmst für unser Regionalgespräch. 

Wo kommst du gerade her und was steht heute noch außer diesem Interview auf dem Programm?

Aus Oettingen, von den Schwiegereltern in spe. Ich bin gerade auf der Polizeidienststelle in Nördlingen im Einsatz. Deshalb wohnen wir zurzeit wieder hier. Heute steht aber kein Dienst mehr an und ich habe frei.

Was hattest du heute zum Frühstück, ein Sportler-Frühstück?

Nein, kein Sportler-Frühstück, sondern Butterbrot mit Schwarzwälder Schinken und Käse.

Berchtesgaden oder Harburg?

Puh, das ist schwierig. Ich lebe momentan mit meiner Freundin und den Kindern in der Nähe von Berchtesgaden und tatsächlich ist das gerade eine Frage, die wir uns stellen, ob wir uns hier in der Heimat oder dort niederlassen.

Bobfahren oder Speerwurf?

Auch eine schwierige Frage – aber wenn es um die Zukunft geht, dann Bob!

Sommer oder Winter?

Obwohl das Bobfahren eine Wintersportart ist, würde ich mich trotzdem für den Sommer entscheiden.

Polizist sein – ein Beruf oder Berufung?

Von meinem Wesen her, wollte ich schon immer Gutes tun und anderen Menschen helfen – aber das könnte ich ja auch, ohne Polizist zu sein. Also ist es wahrscheinlich doch eher nur der Beruf.

Filmabend: Lieber „Cool Runnings“ oder Tatort?

Dann eher „Cool Runnings“, oder „Schwere Jungs“, das ist ja auch ein Bobfahrer-Film.

Beschreibe dich doch einmal selbst mit drei Eigenschaften?

Fröhlich, ehrgeizig und hilfsbereit.

Wie sieht ein normaler Wochentag in deinem Alltag aus?

Ich stehe morgens mit den Kindern auf und frühstücke, dann steht das erste Training von 8 bis 10 Uhr an. Mittags geht es dann nach Hause und ich verbringe den Nachmittag mit den Kindern. Wir gehen dann oft raus, zum Spazieren, oder unternehmen etwas. Am späten Nachmittag wird dann nochmal trainiert. Ich bin im Sport-förderprogramm der Polizei und für elf Monate im Jahr freigestellt für den Sport. Einen Monat im Jahr muss ich auf einer Dienststelle meiner Wahl tätig sein. Im April war das eben die Dienststelle in Nördlingen und ich war als ganz normaler Streifenpolizist im Einsatz.

Du bist zwar Profisportler aber eben auch Polizist. Lass uns doch erst einmal über deinen Beruf sprechen, der ja auch ganz eng mit deiner Sportlerkarriere verbunden ist.

Du warst erst Industriemechaniker und bist nun bei der Polizei gelandet. Wie kam es zu diesem Karrierewechsel?

Ich habe meine Lehre bei Märker in Harburg gemacht und dort insgesamt sieben Jahre gearbeitet, doch irgendwann habe ich mir die Frage gestellt, ob ich das das ganze Leben lang machen will. Zur Polizei zu gehen war auch schon in der Jugend mein Wunsch, also habe ich einfach am Einstellungstest teilgenommen und dann die Ausbildung gemacht.

Wie ist deine Ausbildung und die Zeit danach abgelaufen?

2,5 Jahre war ich in Nürnberg auf der Schule und hatte einige Praktika. Nach der Ausbildung war ich dann ein halbes Jahr bei der Einsatzhundertschaft in Nürnberg. Und seit September bin ich komplett in Ainring bei Berchtesgaden. Die Spitzensportförderung der Bayerischen Polizei ist dem dortigen Fortbildungsinstitut der Polizei angegliedert.

12 Was macht dir an diesem Beruf am meisten Freude?

Das Arbeiten im Team und dass man anderen Menschen helfen kann.

Gab es in deiner kurzen Zeit als Polizist besondere Einsätze, von denen du uns erzählen kannst?

Eigentlich war es bis jetzt, auch durch die Pandemie, sehr ruhig. Aber in Erinnerung ist mir das Relegationsspiel Ingolstadt gegen Nürnberg im letzten Jahr geblieben. Wir sind zur Unterstützung hinzugerufen worden, weil 150 Hooligans angereist waren. (Anmerkung d. Red.: Das Spiel fand im Juli 2020 während der Corona-Pandemie als Geisterspiel statt. Fans durften sich auch nicht im Bereich rund um das Stadion aufhalten, sondern haben das Spiel in der Ingolstädter Innenstadt verfolgt.) Die Stimmung drohte zu kippen, denn der Nürnberger Club schien sich nicht in der Liga halten zu können. Erst in der 96. Minute fiel dann das entscheidende Tor und zum Glück hatten sich alle beruhigt und wir mussten nicht durchgreifen.

Über die Sportförderung der Bayerischen Polizei kannst du dich mittlerweile voll und ganz auf den Sport fokussieren. Besonders spannend ist, dass du vor wenigen Jahren zu einer komplett anderen Sportart gewechselt bist.

Warst du auch als Kind schon sportlich?

Ich habe mit Tennis und Fußball angefangen als ich fünf Jahre alt war. Ein Kumpel hat damals Leichtathletik gemacht und der hat mich dann dazu gebracht auch damit zu beginnen. Da war ich elf Jahre alt, das war 2005.

Warum hast du dich dann auf Speerwurf konzentriert?

Am Anfang probiert man alles aus und irgendwann hat sich dann recht schnell gezeigt, dass ich eben gut werfen kann und mir allgemein die Wurfsportarten liegen. So bin ich dann zum Speerwurf gekommen.

Als Speerwerfer konntest du schon an vielen, teilweise sogar internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Was waren deine größten Erfolge?

2012 war ich bei der U-20 Weltmeisterschaft in Barcelona dabei und habe Platz 15 von 46 erreicht, und 2013 habe ich bei der U-20 Europameisterschaft in Italien teilgenommen.

Danach stand deine Sportlerkarriere aber erstmal auf der Kippe. Du hattest mit einer Verletzung zu kämpfen. Wie war es für dich, nicht trainieren zu dürfen? 

Ich hatte eine Entzündung an der Patellasehne und dann kam noch eine Verletzung am Sprunggelenk hinzu. Zwei Jahre lang konnte ich eigentlich gar nicht trainieren, nur ein wenig Fußball habe ich damals gespielt. Anfangs war das hart, weil ich natürlich weitermachen wollte – aber nicht konnte. Es war auch schwierig nicht den Bezug zum Sport zu verlieren, wenn man so lange nicht trainiert.

Doch du hast es geschafft, wieder zum Speerwurf zurückzukehren. Wie ist dir das gelungen?

2017 habe ich dann die Ausbildung bei der Polizei begonnen und einer meiner Ausbilder war auch Speerwerfer, so bin ich wieder zum Sport zurückgekommen. 2018 habe ich dann die Bayerische Polizeimeisterschaft gewonnen und nach der Verletzungspause sogar fast wieder meine Bestweite geworfen. Bei der Deutschen Polizeimeisterschaft 2019 habe ich dann sogar auch gewonnen.

Wie kam es dann aber dazu, dass du die Disziplin gewechselt hast und deine Sportlerkarriere aufs Eis verlegt hast und vom Speerwerfer zum Bobfahrer wurdest?

Bei der Vorbereitung zur Deutschen Polizeimeisterschaft haben alle Leichtathleten zusammen trainiert. Und ich habe da zwei Leichtathleten getroffen, die auch beim Bobfahren dabei sind. Sie meinten, ich soll das doch einfach mal ausprobieren und haben mich eingeladen mal vorbeizukommen. Im Oktober 2019 habe ich dann das erste Probetraining absolviert und der Landestrainer hat zu mir gemeint, ich sei gut und dass ich das doch weiterverfolgen sollte. Zwei Wochen später war ich dann das erste Mal im Eiskanal.

Was begeistert dich am Bobfahren?

Die Geschwindigkeiten, die erreicht werden und dass es ein Teamsport ist.

Was ist das für ein Gefühl, wenn es den Eiskanal herunter geht?

Es ist ähnlich wie in einer Achterbahn, nur dass man nichts dabei sieht. Man hat nur die dünne Carbonhaut und einen Stahlrahmen um sich herum, darin macht man sich so klein wie möglich. Ich bin Anschieber, man nennt es auch „Bremser“, ich springe als letztes in den Bob und unten im Auslauf muss ich den Bob bremsen.

Wie oft trainierst du?

Während der Saison sechs Tage die Woche und zweimal täglich. Momentan ein bis zwei Mal am Tag. Ich mache dann Krafttraining und trainiere Sprint- und Lauftechnik.

Was sind deine Ziele für die nächste Saison?

In der letzten Saison konnte ich im 2er-Bob beim Europacup mitfahren. Da wollen wir nächste Saison natürlich anknüpfen und weitermachen. Ich versuche immer das beste Ergebnis rauszuholen, das Beste aus allem zu machen. Ich schaue was geht, ohne einem ganz bestimmten Ziel hinterher zu sein.

Kannst du dir ein Leben ohne Sport vorstellen?

Ganz klar: Nein! Sport war schon immer ein großer Teil in meinem Leben, es ging noch nie ganz ohne.

Wie hat die Pandemie deine sportliche Karriere beeinflusst?

In meinem Fall, Gott sei Dank, nur wenig. Da wir zum Profisport zählen, durften wir immer trainieren und werden natürlich regelmäßig getestet. Aber die Atmosphäre bei den Wettkämpfen ist natürlich eine ganz andere, weil keine Zuschauer da sind.

Welches Lied darf auf deiner Trainings-Playlist nicht fehlen?

Beim Training höre ich ganz unterschiedliche Musik. Rock und Klassiker wie Nirvana und Metallica, aber auch viel Hip-Hop.

Gibt es einen Ort im Landkreis, wo ein Gefühl von Heimat bei dir aufkommt?

Mein Elternhaus in Harburg. Von dort haben wir vom Fenster aus Burgblick. Oder auch der Blick von Harburg aus ins Ries.

Gibt es etwas, das du noch nicht kannst, aber gerne lernen würdest?

Auf jeden Fall will ich mich im Sport verbessern und vielleicht irgendwann einmal den Angelschein machen.

Was machst du, wenn du einfach faul sein darfst und entspannen kannst?

Dann gehe ich spazieren oder mache Ausflüge mit der Familie. Und ich schraube auch gerne an Autos herum.

Kommen wir zum Self-Rating Test. Schätze bitte deine Fähigkeiten von null Punkten – völlig unbegabt – bis zu zehn Punkten – maximale Begabung – ein:

Guter Verlierer?

8 Punkte

Disziplin?

8 Punkte

Familienmensch?

10 Punkte

Risikobereitschaft?

Das kommt darauf an wo. Im privaten Bereich bin ich lieber auf der sicheren Seite. In der Freizeit und im Sport ist das aber etwas ganz anderes. Ich habe sogar einmal einen Bungee-Jump von der Europa-Brücke gemacht.

Was macht dir gerade in den schwierigen Pandemie-Zeiten Mut und Hoffnung?

Viel Durchhaltevermögen und Kraft – im Sport und im Beruf! Und ich hoffe einfach auf den Verstand der Leute.

Vielen Dank für das interessante Gespräch. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg bei deinen sportlichen Zielen!