Nachruf

Mach’s gut, Hadde: Abschied von einem Nördlinger Idol

Gerd Müller (1945-2021) Bild: Fotohaus Hirsch
Am 15. August 2021 verlor die Stadt Nördlingen ihren bekanntesten Sohn: Im Alter von 75 Jahren starb Gerd Müller, einer der besten Stürmer aller Zeiten und das Idol von ganzen Generationen von Fußballfans auf der ganzen Welt. Nördlingen, wo man ihn in Anlehnung an seinen Vornamen Gerhard stets "Hadde" nannte, wird immer seine Heimat bleiben.

In der Nördlinger Altstadt nahm die Weltkarriere des am 3. November 1945 in einfachen Verhältnissen geborenen Gerhard Müller ihren Anfang. Hier, wo er als Schuljunge mit Gleichaltrigen barfuß auf dem Kies Fußball spielte, zeigte sich bereits seine einmalige Ballkontrolle. Sein Instinkt und seine Finesse als Torjäger waren schon damals berüchtigt: Alle wollten mit ihm zusammen kicken, keiner gegen ihn. Selbst wenn nicht Fußball gespielt wurde, trat Hadde meist trotzdem etwas durch die Nördlinger Gassen, eine Dose oder einen Stein etwa. Ohne Fußball konnte er eben einfach nicht.

Schon in der Jugend ein Phänomen

Gerd Müller (rechts), mit Wolfgang Overath. Bild: Bert Verhoeft

Mit zwölf Jahren kam Müller zum TSV 1861 Nördlingen in die C-Jugend. Die Jugendmannschaften des TSV durchlief Hadde bis 1963 mit sagenhaften Erfolgen, in seiner letzten Jugendsaison schoss er 240 von 314 Toren. In der Saison 1963/64 lief er für die Herrenmannschaft auf und erzielte 49 von insgesamt 109 Treffern der ganzen Mannschaft, wodurch der TSV in die Landesliga aufstieg. Dann standen auch schon die Profivereine vor dem Elternhaus in der Bergerstraße 4. Dass sich die Vertreter des TSV 1860 München und des FC Bayern am gleichen Tag in Müllers Wohnzimmer vorstellten und einander nur knapp verpassten ist längst eine legendäre Geschichte. Weil sich Müller beim FC Bayern mehr Einsatzzeiten versprach, kamen die Roten zum Zug: Für 4400 Mark Ablöse, und zusätzlich 5000 Mark für Müllers Mutter Christina Karoline, wechselte der Hadde nach München.

Wie es mit dem Nördlinger Ausnahmefußballer weiterging, ist bekannt: Unsterbliche Rekorde prägten seine Karriere.

Lewandowski hin oder her: Gerd Müllers Leistungen und Rekorde sind für die Ewigkeit. 365 Tore in 427 Bundesligaspielen, sieben Mal Torschützenkönig, 40 Treffer in der Saison 1971/72, dreifacher Europapokalsieger der Landesmeister, Weltpokalsieger, Europa- und Weltmeister und noch viele Titel mehr hat der Nördlinger in seiner Karriere als Vereins- und Nationalspieler gesammelt. Seine Tore erzielte er meist aus kurzer Distanz und mit jedem Köperteil, das gerade verfügbar war, gerne auch mit einer schnellen Drehung, im Sitzen, im Liegen, wie es eben gerade ging.

Der bekannte Beiname „Bomber der Nation“ wirkte vor diesem Hintergrund damals wie heute unpassend, Müller war ein Mann der kleinen Tore, nicht der großen Hämmer. Mit der legendären Bayernmannschaft der 70er Jahre und Mitspielern wie Franz Beckenbauer, Sepp Maier, „Katsche“ Schwarzenbeck, Uli Hoeneß und Paul Breitner ebnete Gerd Müller den Weg für den Aufstieg des FCB zum internationalen Top-Club. Ohne ihn, so sagte es der „Kaiser“ Franz Beckenbauer einst treffend, würden die Bayern heute noch in der „alten Holzhütt’n“ in der Säbener Straße sitzen.

Für Nördlingen war er mehr als ein Fußballer

Nach der Rückkehr von seinem sanften Karriereausklang in den USA im Jahr 1984 fiel Gerd Müller in ein Loch namens Alkoholabhängigkeit. Nur mit Hilfe seiner Freunde Hoeneß und Beckenbauer sowie seiner Frau Uschi kam Hadde wieder in die Spur und verbrachte circa 20 glückliche Jahre als Trainerassistent der Amateur- und A-Jugendmannschaft des FC Bayern, an der Seite seines guten Freunds Hermann Gerland. In den frühen 2010er Jahren allerdings schlug Alzheimer bei der Nördlinger Legende zu. Die letzten Jahre verbrachte er in einem Pflegeheim in Wolfratshausen, wo er am 15. August 2021 verstarb.

In seiner Heimatstadt nahm man die Nachricht von seinem Tod zutiefst erschüttert auf, die Trauerfeier im Stadtsaal Klösterle fand am 21. August statt. Der stets bescheidene, zurückhaltend und menschlich auftretende „Bomber“ hatte bei allen, die ihm begegnet waren, einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Seinen Freunden aus Jugendtagen und der Stadt Nördlingen blieb er immer verbunden, er hatte keine Star-Allüren. Er war leben ein besonderer Mensch. „Wir werden Gerd Müller stets ein ehrendes Gedenken bewahren. Er bleibt auch in Zukunft einer von uns, ein Nördlinger“, so Oberbürgermeister David Wittner: „In unseren Herzen lebst du weiter.“ 

2008 wurde das Fußballstadion im Rieser Sportpark nach Gerd Müller benannt. Zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister Hermann Ffaul drehte er eine Ehrenrunde. Bild: Fotohaus Hirsch

Redakteur. Mit Block, Stift und Kamera vor Ort wenn etwas Spannendes passiert. Themen im Ries ist er immer auf der Spur. Zuständig für PR-Texte und Sonderthemen. Im Ries tief verwurzelt. Begeisterter Schafkopfer. 

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