Guten Tag Herr Basting, schön dass Sie sich heute Zeit für unser Regionalgespräch nehmen.
1 Wo kommen Sie gerade her und was steht heute noch an?
Ich komme gerade vom Gymnasium, dort haben wir am Wochenende mit der Stadtkapelle das Abschlusskonzert der Kulturtage. Ich habe mit dem Hausmeister den Bühnenaufbau, die Bestuhlung und andere Dinge besprochen. Später geht es auch mit organisatorischen Dingen für das Konzert weiter.
Beginnen wir mit einigen Entweder-Oder-Fragen.
2 Sind Sie Morgenmensch oder Nachteule?
Nachteule.
3 Dirigieren oder selbst ein Instrument spielen?
Je nach Situation … Selbst spielen ist auch sehr schön, aber der Reiz ist natürlich vor dem Orchester zu stehen.
4 Tracht oder Jeanshose?
Das kommt drauf an, für Tanzmusik auch Jeans. Es muss ja nicht immer Tracht sein.
5 Blasmusik oder Rock?
Blasmusik kann rocken!
6 Welche Rolle spielte Musik für Sie in der Kindheit und Jugend?
Musik hat eine große Rolle gespielt, meine ganze Familie hat Musik gemacht. Mein Papa hat Blasmusik und Tanzmusik gespielt, da war ich sehr oft bei den Auftritten dabei.
7 Würden Sie die Stadtkapelle Donauwörth als Ihre musikalische Wurzel beschrieben?
Ja, ich habe beim Spielmannszug als Trommler angefangen und dann Schlagzeugunterricht bekommen, das war ab 1981.
8 Nach der Schule haben Sie Tuba, Kontrabass und Blasorchesterleitung studiert – war Ihnen immer schon klar, dass Sie es beruflich mit Musik zu tun haben wollen?
Nein, der Weg war nicht vorgegeben. Nach der Schule habe ich erst einmal eine Lehre zum Schauwerbegestalter gemacht. Das Künstlerische, Kreative, aber auch Handwerkliche hat mir sehr gelegen. Auch heute dekoriere ich sehr gerne für die Auftritte der Stadtkapelle, denn die Bühne muss immer stimmig sein. Nach der Ausbildung wäre dann eigentlich die Bundeswehr angestanden. Ich habe dann aber die Möglichkeit gehabt, am Leopold-Mozart-Konservatorium in Augsburg vorzuspielen und dann dort zu studieren. Dort hatte ich das erste Mal einen Lehrer für Tuba. Das Tuba spielen habe ich mir autodidaktisch beigebracht.
9 Was waren Ihre beruflichen Stationen nach dem Studium?
Da gab es einige (lacht). Das gute am Musikstudium ist, dass man schon während man studiert, immer wieder bei Musikschulen und Vereinen unterrichten kann. So habe ich mir dann im Umkreis von 40 bis 50 Kilometern einen guten Markt aufgebaut. Später habe ich die Stadtkapelle in Wertingen und dann in Neusäß geleitet.
10 Seit wann leiten Sie die Donauwörther Stadtkapelle und wie kamen Sie zu dieser Tätigkeit?
2010 habe ich die Stadtkapelle Donauwörth übernommen. Das war immer eine Wunschstelle, weil ich ja selbst hier angefangen habe. Als sie ausgeschrieben wurde, habe ich mich natürlich sofort beworben. Das Besondere ist sicherlich, dass in Donauwörth Musikschulleiter und Leiter der städtischen Kapelle in einer hauptamtlichen Stelle kombiniert sind, das ist nicht überall so.
11 Sie sind außerdem als Komponist bei einem Musikverlag tätig. Wie muss man sich denn diese Arbeit vorstellen?
Ich habe schon immer für meine Kapellen komponiert, Stücke umgeschrieben und arrangiert. Einmal habe ich dann bei einem Musikverlag gefragt, ob sie Interesse an meinen Stücken haben. Später wurde dann auch mal eine CD mit den Stücken veröffentlicht. Aber ich mach das nicht wirklich professionell, eher nebenher. Am wichtigsten ist mir, dass die Musik zum Anlass passt. Demnächst begleiten wir eine Buchvorstellung im Landratsamt. Dafür habe ich zum Beispiel passende Musik aus der Zeit vom Hofkapellmeister von Oettingen aus dem Jahr 1820 herausgesucht. Diese Musik finde ich sehr passend zu dem historischen Thema des Buches.
Lassen Sie uns über die Donauwörther Stadtkapelle sprechen.
12 Was gehört zum Repertoire?
Wir machen alles, was blasmusikalisch realisiert werden kann. Ich würde sagen, wir sind ein konzertantes Blasorchester auf Ober- bis Höchststufe. Immer mal wieder wagen wir uns an anspruchsvollere Spitzenstücke heran. Dann machen wir auch Unterhaltungsmusik, traditionelle und moderne Blasmusik, Stimmungsmusik und haben ein Unterhaltungsprogramm für verschiedenste Feierlichkeiten und Veranstaltungen.
13 Bei gesellschaftlichen Anlässen, zünftigen Festen und Umzügen in Donauwörth und im Umland ist die Donauwörther Stadtkapelle nicht wegzudenken – welche Anlässe sind für Sie die schönsten?
Der Auftritt muss immer zum Anlass und zum Ambiente passen. Am schönsten ist für mich natürlich, wenn sich das Orchester ausleben kann und die Musiker zurückmelden, dass sie zufrieden waren. Das ist zum Beispiel beim Reichsstraßenfest so, wenn wir Marschmusik spielen, Stimmungs- musik machen, und dann natürlich das Frühschoppen begleiten oder beim Schwäbischwerder Kindertag, wenn historische Stücke aus der Zeit gespielt werden. Und natürlich ist es auch am schönsten, wenn wir tolle Rückmeldung vom Publikum bekommen.
14 Sie waren mit der Kapelle schon beim Oktoberfestumzug mit dabei und sogar bei einer großen Parade in New York. Wie kam es zu diesen großen Auftritten?
Kontakt nach New York hatte ich noch von früher. Die Vorbereitungen waren eigentlich noch ganz normal, wie bei anderen Auftritten auch. Wenn man dann aber die 5th Avenue entlang marschiert, die man eigentlich nur aus dem Fernsehen kennt und zehntausende Menschen entlang der Straße bei der Steuben Parade stehen, ist das schon etwas ganz Besonderes. Für den Auftritt beim Oktoberfestumzug haben wir ein Empfehlungsschreiben bekommen, auch weil wir zuvor eben in New York waren. Ich denke, wegen unseren historischen Uniformen durften wir sogar zweimal teilnehmen. Die Organisatoren wollen besondere Kapellen mit dabeihaben. Besonders war es auch 2017 in Rom. Dort hat eine große Parade zu Ehren von 100 Jahren Gottesmutter Maria als Schutzpatronin Bayerns stattgefunden. Es war einfach ein beeindruckendes Erlebnis, als wir mit der Stadtkapelle durch die Hauptpforte in den Petersdom einzogen.
15 Erst in diesem Sommer wurden Sie – zu Ihrer Überraschung – von Oberbürgermeister Jürgen Sorré zum Stadtkapellmeisters ernannt. Was hat dieser Titel zu bedeuten?
Es ist eine tolle Anerkennung für beständige Arbeit, die aber nur funktioniert mit den Leuten, die mitmachen und direkt mitwirken. In diesem Zusammenhang will ich aber auch sagen, dass ich einen Heidenrespekt vor dem Titel „Kapellmeister“ habe. Dieser ist nicht gleichzusetzen mit dem Titel des Stadtkapellmeisters, sondern eines der höchsten musikalischen Titel in Deutschland.
16 Was macht Ihnen an Ihrem Beruf am meisten Freude?
Der Umgang mit den Menschen, die Interesse zeigen, an der Musik und mit der Musik etwas erreichen wollen.
17 Sie leiten außerdem die Werner-Egk-Musikschule. Warum sind Jugendarbeit und die musikalische Erziehung so wichtig?
Zuerst einmal will ich sagen: Es gibt keine unmusikalischen Menschen. Es kommt aber darauf an, wie früh Kinder in Begegnung mit Musik kommen. In der Musikschule haben wir ja sogar den Musikgarten für Babys ab drei Monaten. Die Kinder kommen also ganz früh mit Klängen, Geräuschen und Melodien in Berührung und verbinden sie mit Emotionen. Wenn man das ganz früh mit Kindern macht, kann es sehr prägend sein. Das Ziel kann dann später für jeden individuell sein, es geht aber darum Interesse zu wecken und Wege aufzuzeigen. Tatsächlich gibt es auch immer mal wieder Leute, die dann ein musikalisches Studium machen und beruflich den Weg in die Musik finden.
18 Haben Sie Nachwuchssorgen?
Es gab noch nie so viel Nachfrage wie heute. Das große Interesse hat sicherlich auch etwas mit unserem Projekt „Jeki – Jedem Kind ein Instrument“ zu tun, das zusammen mit der Stadt, Landkreis, der Sparkasse und der Musikschule organisiert wird. In der 2. Klasse gibt es das Instrumentenkarussell, wo jede Woche ein anderes Instrument vorgestellt wird. In der 3. und 4. Klassen haben die Kinder dann die Möglichkeit, Unterricht für Instrumente oder Gesang zu bekommen.
19 Wie ist die aktuelle Situation aufgrund der Corona-Pandemie für die Stadtkapelle?
Veranstaltungen sind ja seit dem Sommer wieder weitestgehend möglich. Ja, möglich, aber in bescheidenen Maßen. Die Stadt kann nun wieder Veranstaltungen durchführen. Viele Vereine sind aber noch zurückhaltend. Wir wissen also noch nicht genau, welche Veranstaltungen im nächsten Jahr anstehen. Im März sind wir aber zu Gast in Holdorf bei Bremen bei einem Jubiläum eines befreundeten Musikvereins.
20 Und wie ist die Stimmung der Musikerinnen und Musikern nach dieser langen Durststrecke?
Wir hatten kürzlich ein Probewochenende in Marktoberdorf, die allermeisten waren mit dabei und spielen wieder mit. Nur ganz wenige haben sich noch nicht wieder gemeldet, oder haben sich nun durch den Beruf woanders hin orientiert. Als die erste Probe stattgefunden hat, waren alle so aufmerksam und konzentriert wie nie.
Lassen Sie uns doch noch über die Privatperson Josef Basting sprechen.
21 Haben Sie ein musikalisches Vorbild?
Da gibt es Tausende. Wer mich sehr geprägt hat, war mein erster Dirigent Willy Koenen. Er war beim Polizeimusikkorps in München. Außer dem Dirigieren hat er mir auch die Blasmusik nähergebracht.
22 Rock, Pop, Klassik – was hören Sie privat?
Im Radio höre ich B24 oder B2 – aber selbst da nervt mich die Musik manchmal. Ansonsten höre ich, was meine Familie gerne hört. Bei meiner Frau sind es die 80er. Meine Töchter sind 14 und 16. Die ältere hört durchaus Musicals und Klassik und durch die Jüngere werde ich immer über alles rund um die Jungs von One Direction informiert (lacht). Mit der Familie höre ich schon auch mal zwei oder drei Blasmusikstücke, aber irgendwer sagt dann schon, ob es denn jetzt nicht wieder genug sei. Es ist aber nicht so, dass ich jeden Sonntag die Blasmusiksendung im Fernsehen schaue. Im Auto kann es auch mal eine Jazz-CD sein.
23 Gibt es einen Auftritt, egal ob mit der Stadtkapelle oder in anderem Rahmen, den Sie wohl nie vergessen werden?
Ein Highlight war Carmina Burana auf dem Rathausplatz in Augsburg. Da habe ich Tuba gespielt.
24 Wenn Sie nicht gerade Musik hören oder machen – wie verbringen Sie ihre Freizeit?
Mit Städtetrips, Reisen oder Ausflügen. Letztens waren wir zum Beispiel wandern bei Ederheim, auf der Höchsten Erhebung im Landkreis.
Kommen wir zum Self-Rating Test. Schätzen Sie bitte Ihre Fähigkeiten von null Punkten – völlig unbegabt – bis zu zehn Punkten – maximale Begabung – ein:
25 Sänger?
10, ich kann singen, aber das wollen nicht immer alle hören (lacht).
26 Familienmensch?
10 Punkte.
27 Zuhörer?
7 Punkte.
28 Organisationstalent?
8 Punkte.
29 Mit Leib und Seele Donauwörther?
Ich bin ja eigentlich Bäumenheimer, würde also 8 Punkte sagen.
30 Partylöwe?
6 Punkte.
Lieber Herr Basting, vielen Dank für dieses interessante und schöne Gespräch.