Vom Ursprung des Adels im Landkreis Donau-Ries

Das Märchenschloss Baldern ist im Besitz von Prinz Carl-Eugen zu Oettingen-Wallerstein. Bild: Fürst Wallerstein
Wir haben den Stadtarchivar an seinem Arbeitsplatz in Nördlingen besucht und mit ihm eine Reise in die Vergangenheit unternommen.
Bis heute erinnern zahlreiche Burgen, Schlösser und Ruinen im gesamten Landkreis an den Adel in früheren Zeiten. Welche spannenden Begebenheiten sich dort einst zugetragen haben, können wir heute nur noch erahnen. Besonders das Ries war im 8. Jahrhundert Königsland und daher fortan dicht besiedelt. Dr. Wilfried Sponsel, Stadtarchivar der Stadt Nördlingen, hat 28 Jahre lang auf der Harburg gelebt und lange Zeit dort gearbeitet. Durch seine Arbeit ist er der Experte im Landkreis, wenn es um das Thema Adel im Donau-Ries geht. Wir haben den Stadtarchivar an seinem Arbeitsplatz in Nördlingen besucht und mit ihm eine Reise in die Vergangenheit unternommen.
Nördlingen - Erste schriftliche Aufzeichnungen über den Adel im Landkreis gehen auf das 8. Jahrhundert zurück. In der ältesten bekannten Königsurkunde aus dem Jahr 760 n. Chr., ausgestellt vom Frankenkönig Pippin, wurde erstmals die Ortschaft Deiningen erwähnt. Um das Überleben des Kloster Fuldas zu sichern, schenkte der fränkische König dem Kloster das Hofgut Deiningen. Schriften über die sogenannte „Synode von Hohenaltheim“, eine Kirchenversammlung in Hohenaltheim im Jahr 916, einberufen von ostfränkischen Bischöfen, belegen die Anwesenheit von König
Konrad I. in der kleinen Gemeinde.
„In diesem Zeitraum beginnen die Quellen zu sprechen“, erzählt Nördlingens Stadtarchivar Dr. Wilfried Sponsel. „Ab diesem Zeitpunkt werden die Aufzeichnungen immer dichter und aussagekräftiger“, so Sponsel.
Auf die Frage, ob er auch gern adelig wäre, entgegnete Dr. Wilfried Sponsel schmunzelnd: „Manchmal schon. In einer Burg bzw. in einem Schloss zu wohnen, ist eine uralte Sehnsucht der Menschen.“ Bild: Jenny Wagner
Auch über die Geschichte der Harburg weiß Dr. Wilfried Sponsel einiges zu erzählen, hat er ja nahezu drei Jahrzehnte auf der Burg gewohnt: „Wir wissen, dass die Harburg zum ersten Mal im Jahr 1150 sicher genannt wurde“. Der 13-jährige Staufer Heinrich, Sohn von König Konrad III., schickte von der Harburg aus einen Brief an seine Tante, Kaiserin Irene, und berichtete von der bevorstehenden Schlacht gegen den Welfenherzog Welf IV.. Durch diese Urkunde lässt sich erstmals die Existenz der Harburg schriftlich belegen. „Dass die Harburg jedoch weit älter sein muss, da sind sich viele Historiker einig“, erzählt der Stadtarchivar.
Doch was ist Adel eigentlich?
„Der Begriff bezeichnete anfänglich, das heißt schon in der Antike und dann im frühen Mittelalter, den Anführer einer Gruppe, beziehungsweise einer Sippe mit einem gewissen Vorrang vor anderen. Das Wort selbst stammt aus dem Althochdeutschen und lautete ursprünglich „adal“. Es bedeutete soviel wie: Edles Geschlecht, beziehungsweise die Edelsten“, weiß Dr. Wilfried Sponsel. An oberster Stelle der Gesellschaft stand der König oder der Kaiser. Durch die Verleihung der drei Privilegien Hohe Jagd, Zoll und Geleit und das Landgericht an den hohen Adel – wie z.B. an die Grafen von Oettingen – hatte der König die höchste Autorität inne. Lange Zeit wurde im Mittelalter zwischen dem Ortsadel, der Schicht der Edelfreien und den Grafen, beziehungsweise den Fürsten, unterschieden. „Einen höheren Titel bekam man also nur durch die Erhöhung durch den König persönlich“, so Dr. Sponsel. Der Ortsadel bestand meist aus Familien des niederen Adels mit kleinen Burgen und stand häufig im Dienste von Grafen oder höher gestellten Familien. Bis zum Ende des Mittelalters starb der Ortsadel jedoch weitgehend aus. Über dem Ortsadel stand der Regionaladel in Form der Edelfreien. Im Gebiet des heutigen Landkreies gehörten zur Schicht der Edelfreien zum Beispiel die Familien von Hürnheim, von Hohenburg oder von Lierheim.
Königsland Ries
Das Ries hatte, das zeigt die heutige Forschung, im 8. Jahrhundert den Rang eines Königslandes. Später, also, im hohen Mittelalter waren hier zahlreiche Adelsfamilien ansässig. „Jede Adelsfamilie brauchte natürlich eine Burg. Diese war ein Zeichen von großer Macht“, erklärt der Stadtarchivar und Adelsexperte Dr. Sponsel. „Burgenbau kostete natürlich viel Geld. Wir wissen, dass selbst der Bau eines Brunnens in einer Burg so manche Familie in den Ruin getrieben hat,“ erklärt Dr. Sponsel. Insgesamt, so schätzt der Experte, gab es einmal rund 60 bis 70 Burgen in unterschiedlicher Größe im gesamten Landkreis.
Die Entwicklung des Adels
Im Laufe der Jahrhunderte hat sich natürlich auch der Stand des Adels verändert. Offiziell wurde der Adel in Deutschland im Jahr 1919 abgeschafft. Mit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung wurden alte Vorrechte des Adels abgeschafft. Ein adeliger Titel ist seitdem nur noch ein Namenszusatz. „Der Adel ist heute viel mehr im Bürgertum verankert“, erklärt Dr. Sponsel den Unterschied zwischen dem Adel von damals und heute. „Den Adel von früher gibt es heute schlichtweg nicht mehr“, so der Experte.
Übrigens:
„Adelig“ kann man heute nur noch durch die Geburt in eine Adelsfamilie, oder durch Kauf eines Titel, beziehungsweise durch Adoption werden. Eine Ernennung ist mittlerweile nicht mehr möglich.