Einigen sind sie bestimmt aufgefallen: Die großen grünen Holzkreuze, die auch im Donau-Ries auf Äckern aufgestellt sind. Zum Beispiel zwischen Wörnitzstein und Ebermergen oder bei Flotzheim stehen sie mahnend auf Feldern als stiller Protest der Landwirte. Doch was genau haben die Kreuze zu bedeuten? Auf was soll damit aufmerksam gemacht werden?
Gehen wir zurück in den Herbst letzten Jahres. Zu diesem Zeitpunkt wurde von der Bundesregierung ein Agrarpaket verabschiedet. Ziel des Pakets, das die Bundesministerinnen Julia Klöckner (CDU) und Svenja Schulze (SPD) auf den Weg gebracht hatten, war es, die Landwirtschaft umweltfreundlicher zu machen. Unter anderem sind darin Einschränkungen für den Gebrauch des sehr umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat vorgesehen, mehr Geld für den Umweltschutz, ein freiwilliges Tierwohllabel, sowie ein Aktionsprogramm für den Insektenschutz. Klingt eigentlich nach einem guten Plan. Doch bereits wenige Tage nachdem das Paket verabschiedet worden war, wurde von Nebenerwerbslandwirt und Agrarblogger Willi Kremer-Schillings aus Rommerskirchen in Nordrhein-Westfalen das erste grüne Kreuz als stiller Protest aufgestellt. Bis Ende des Jahres waren es dann nach Schätzungen mehr als 10 000 Kreuze bundesweit. Die Kreuze sollen gegen neue Regulierungen aus Politik und Verwaltung und für mehr Respekt und Wertschätzung in der Landwirtschaft protestieren. Was im September als stiller Protest begann wurde bereits im Oktober lauter, als in Städten in ganz Deutschland die ersten „Schlepperdemos“ stattfanden. Auch aus dem Landkreis machten sich damals Landwirte auf den Weg nach München, um gegen das Agrarpaket der Bundesregierung zu demonstrieren.
Keine Gestaltungsmöglichkeiten
Was genau ist das Problem? Wie überall in Deutschland, so auch im Landkreis, sehen sich die Landwirte durch die engen Regularien mit dem Rücken zur Wand stehen und empfi nden die Thematik als nur einseitig angegangen. Gestaltungsmöglichkeiten würden ihnen durch immer mehr und strengere Regularien gänzlich genommen.
„Es kommen immer und immer mehr Verordnungen hinzu, aber weggestrichen wird nie etwas. Das traut sich in der Politik keiner. Es gibt genügend Landwirte, die keine Lust mehr haben in diesem System weiterzuarbeiten. Der Druck und der Frust sind groß“, erklärt Karlheinz Götz, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands Donau-Ries.
Den mangelnden Dialog zwischen Politik und Landwirtschaft kritisierte auch Kreisbäuerin Ruth Meißler am Landfrauentag im Februar diesen Jahres: „Frau Schulze hat bei der Vorstellung des ‚Berichts zur Lage der Natur‘ zum wiederholten Male gezeigt, dass sie überhaupt nicht Willens und auch nicht in der Lage ist, den notwendigen Dialog zwischen Naturschutz und Landwirtschaft zu moderieren. Wir brauchen aber Dialog statt Diffamierung. Zudem braucht es eine ganzheitliche Betrachtung, anstatt einseitiger Schuldzuweisungen.“ Gerade die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe in Schwaben würden durch das „an den Pranger gestellt werden“, die dauernden Vorwürfe von oben herab mit immer mehr praxisfremden Regelungen und der ausufernden Bürokratie völlig die Lust an ihrem Beruf verlieren, so Meißler.
Landwirte sind nicht gegen Umweltschutz
Der BBV Donau-Ries wehrt sich außerdem dagegen, dass Landwirte per se gegen Umweltschutz sind. Denn Bayerns Bauern sind welt-, europa- und bundesweit Vorreiter bei Agrarumweltmaßnahmen. Rund 43 000 Landwirte in Bayern und damit mehr als 40 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe sind Vertragspartner im Bayerischen Kulturlandschaftsprogramm (KULAP). Hinzu kommt noch das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP): „Mit inzwischen 120 000 Hektar hat sich die Fläche seit 2010 verdoppelt. Auf jedem dritten Hektar in Bayern werden so besondere Klima-, Boden- und Gewässerschutzmaßnahmen umgesetzt“, betonen Karlheinz Götz und Ruth Meißler. Gerade Landwirte müssen mit der Natur arbeiten. „Wir arbeiten in einem riesengroßen Ökosystem. Dafür sind viel Wissen und Erfahrung notwendig. Der Wetterbericht zum Beispiel ist eines unsere wichtigsten Werkzeuge. Landwirtschaft ist ein sehr komplexes Thema.
Oft werden Verordnungen für die gesamte Landwirtschaft festgelegt, ohne die unterschiedlichen Betriebe und Betriebsformen zu beachten“, so Götz. Von einer Krise will keiner der beiden sprechen. Es handle sich vielmehr um Theater, aus dem man nie mehr herausgekommen sei, seitdem es immer mehr Auflagen gebe – zumindest in Deutschland. Bei Handelsabkommen mit anderen Ländern seien die Vorgaben dann aber plötzlich nicht mehr wichtig. „Es wird zum Beispiel Rindfleisch aus Argentinien importiert, wo 50 000 Rinder in Feedlots stehen, und nicht auf das Tierwohl geachtet wird“, so Götz. Ein großes Problem der Landwirtschaft sei außerdem, dass es in Sachen Preisgestaltung kein Gleichgewicht mehr gebe. „Der ganze Markt wird im Wesentlichen von vier großen Einzelhändlern bestimmt. Die Konsequenz: die Preisspirale geht nach unten. Das würde sich nur ändern, wenn wir nicht mehr so viele Bauern wären. Aber das wollen wir ja nicht. Wir wollen viele unterschiedliche Betriebe und vielfältige Produkte“, stellt der Kreisobmann klar.
Mitten in die Proteste fiel dann die Corona-Krise. Vor allem bei Sonderkulturen standen die Landwirte dann vor Problemen. Keine Erntehelfer waren in Sicht. „Das war natürlich ein großes Problem. Denn die Ernte kann man nicht aufschieben oder anhalten. Allerdings gab es hier auch Solidarität aus der Bevölkerung. Es gab tatsächlich Menschen, die in ihrem Beruf in Kurzarbeit waren und dann auf Feldern mitgeholfen haben“, erzählt Götz. Nicht nur auf Sonderkulturen, sondern auch auf den Rindfleischpreis und die Abnahme von Kartoffeln wirkte sich die Corona-Krise negativ aus. „Schon allein dadurch, dass plötzlich keine Pommes in den Stadien verkauft wurden, ging der Absatz massiv zurück. Aber ewig lassen sich die Kartoffeln nun auch nicht lagern“, erklärt Götz. Weil man auch nachhaltig produzieren wolle, habe man dann eine ethisch vertretbare Form der Entsorgung gewählt und die Kartoffeln an einen Betrieb verkauft, der daraus Stärke produziert. „Stärke wird ja auch für die Produktion von Kassenbons gebraucht“, fügt Karlheinz Götz hinzu.
Eine andere Beobachtung machte Konrad Großhauser, der in Hainsfarth den Kreuzhof bewirtschaftet und selbst Direktvermarkter mit eigenem Hofladen ist. Während der Corona-Hochphase hat er bemerkt, dass es bei den Kunden zu einer Bewusstseinsänderung gekommen ist: „Die Kunden hatten plötzlich Zeit zum Hofladen zu fahren. Es war auch eine Art neue Freizeitbeschäftigung. Die Menschen hatten dann plötzlich auch die Zeit,wieder mehr zu kochen und sich bewusster zu ernähren. Außerdem hatten sie vermutlich auch mehr Geld zu Verfügung, das in Lebensmittel investiert werden konnte, da ja niemand Essen gehen konnte“, erklärt Großhauser. „Als ich zum ersten Mal mit meinem Stand auf dem Wochenmarkt war, als es die Beschränkungen gab, habe ich mir schon Sorgen gemacht, was und wie viel ich verkaufe. Und die ersten zwei Märkte, nachdem die Beschränkungen in Kraft getreten sind, waren dann auch katastrophal. Ab dann ging es wieder bergauf. Es kamen auch neue Kunden dazu, die seitdem regelmäßig kommen. Insgesamt sind es mehr Kunden geworden. Das Bewusstsein der Menschen für Ernährung und regionale Lebensmittel wächst wieder. Das ist auch eine Chance, die uns bei den bestehende Problemen helfen kann“, ist sich Konrad Großhauser sicher. Dass die Wertschätzung wieder zunimmt, erfuhr Großhauser am eigenen Leib: „Viele Kunden haben sich bei uns bedankt, dass wir auf den Markt kommen und einige haben dann auch schon mal den Betrag aufgerundet. Mittlerweile normalisiert sich der Andrang aber auch schon wieder und wir haben wieder relativ normale Märkte.“