Interview mit Irmi Huber

Körper und Geist in Einklang bringen

Irmi Huber mit Enkelkind Emma. Bild: privat
Irmi Huber sitzt seit 15 Jahren für die SPD im Bäumenheimer Gemeinderat. Die Schul- und Diplom-Psychologin und pensionierte Lehrerin macht sich als Referentin für Bildung und Integration seit Jahren für die sozialen Themen in der Schmuttergemeinde stark. Neben ihrem sozialen Engagement steht bei der 69-Jährigen vor allem der Sport im Mittelpunkt. Unsere Redakteurin Jenny Wagner hat Irmi Huber zum Interview getroffen.

Hallo liebe Irmi, vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst für unser Gespräch. Wir beginnen unser Interview mit einigen persönlichen Fragen. Wo kommst du gerade her und was hat dich heute schon beschäftigt bzw. welche Dinge hast du heute noch zu erledigen?
Irmi Huber: Nachdem ich bereits seit vier Jahren in Pension bin, bestimmt der Tag zuvor oder die Nacht, wann der Wecker klingelt.(lacht) Mittlerweile ist jeder Tag anders, aber morgens ist es mir sehr wichtig, meine Yoga-Routine zu machen. Danach genieße ich es, dass mein Lebenspartner Karl Frühstück macht. Entweder kommt danach mein Enkelkind Emma oder ich arbeite E-Mails ab. Seitdem ich nicht mehr arbeiten gehe, versuche ich mich gesünder zu ernähren.
Daher koche ich nun ausgiebig mittags und führe Telefonate in meiner Funktion als Asylberaterin. Zudem wohnen meine Eltern gleich nebenan, ich unterstütze sie im Alltag. Natürlich besuche ich auch ab und zu meine anderen Enkelkinder in Friedberg. Die Abende sind immer unterschiedlich: Gemeinderatssitzungen, Treffen im Asylbereich, Gymnastikübungen mit meinen Eltern, Tennis spielen oder ab und an auch noch Vorträge halten.

Lieber eine Reise in die Ferne oder Urlaub in der Heimat?
IH: Ich hätte schon noch ein paar Ziele in der Ferne, die ich gerne bereisen würde. Mir fehlen aber leider die Reisepartner! (lacht) Ich liebe es aber auch, mal Wellness in Bayern zu machen. Ein zweites Mal nach Bali zu fliegen, wäre aber wirklich ein Traum!

Logik oder Bauchgefühl?
IH: Immer eine Mischung aus beiden. Ich handle nie ausschließlich nach Bauchgefühl, dafür bin ich ein viel zu rationaler Mensch.

Hast du ein Lebensmotto?
IH: Ja! „Nur in einem gesunden Körper kann sich ein beweglicher und gesunder Geist wohlfühlen.“

Vervollständige bitte folgenden Satz: Typisch für mich ist es, …
IH: ... auf allen Hochzeiten zu tanzen!

Wo bist du geboren und aufgewachsen?
IH: Ich bin ein Bäumenheimer Urgestein!

Welchen Ausbildungsweg hast du nach der Schule eingeschlagen?
IH: Da ich aus einer Arbeiterfamilie komme, war ich immer auf meine Selbstständigkeit angewiesen. Ich war in der Grundschule in Bäumenheim und bin dann auf die Realschule gewechselt. Meinen Eltern war es damals wichtig, dass ich kochen und putzen kann, daher war ich nach der Realschule ein Jahr auf der Frauenfachschule. Das war nicht besonders befriedigend für mich, also bin ich danach auf die FOS gewechselt. Eigentlich hätte ich in die 11. Klasse gehen müssen, aber ich habe mich einfach in die 12. Klasse eingetragen. Diese war eigentlich nur für Schüler gedacht, die schon eine Berufsausbildung absolviert haben. (schmunzelt) Nach drei Wochen kam der Schulleiter auf mich zu und wir haben vereinbart, dass ich in der Klasse bleiben darf, wenn meine Noten passen. Meine erste Mathearbeit ging aber völlig in die Hose! Durch Lernen und Fleiß habe ich es aber dann geschafft und meinen Abschluss gemacht. Danach bin ich für ein Jahr auf die Hochschule München gegangen und habe meine Fachgebundene Hochschulreife gemacht. Anschließend ging es für mich auf die Pädagogische Hochschule in Augsburg. Ich habe dort Lehramt für Grund- und Hauptschule studiert und als 35. Beste aus ganz Bayern mein Studium abgeschlossen.

Mein Referendariat habe ich an der Grundschule in Bäumenheim gemacht, ich bekam gleich eine 1. Klasse. Das war schon hart, viele Kinder sind gerade erst aus der Türkei gekommen und konnten kein Deutsch. Das war eine riesige Herausforderung! An Weihnachten, also knapp drei Monate nach Beginn, dachte ich, ich schaffe das nicht mehr. Ich habe es aber durchgezogen, jedoch war immer die Angst da, dass man nach dem Referendariat keine Stelle bekommt. Daher habe ich mich noch im Referendariat für ein Psychologie-Studium eingeschrieben. Das war dann schon eine richtig stressige Zeit, vor allem als ich dann noch schwanger wurde. Im Jahr 1984 habe ich dann meine Diplomarbeit zum Thema „Integration“ geschrieben und das Psychologie-Studium abgeschlossen. Das alles wäre ohne die Unterstützung meiner Familie nicht möglich gewesen.

Warum hast du dich für den Lehrerberuf entschieden?
IH: Es gab mehrere Gründe dafür. Zum einen hatte ich immer schon den Antrieb, mich weiterzubilden, vor allem aber mag ich den Kontakt zu Menschen. Als ich jung war, habe ich schon ehrenamtlich im Sportverein geholfen. Es war dann einfach naheliegend, dass ich nicht in die Verwaltung oder in eine Bank gehe.

Du warst als Schulpsychologin viele Jahre für die Betreuung von zwei Landkreisen zuständig. Wie war diese Zeit?
IH: Ja, ich war nach meinem Studium für die Landkreise Donau-Ries und Dillingen als Schulpsychologin tätig. Ich hatte sozusagen eine Vorreiterrolle und musste alles neu organisieren. Es war eine jahrzehntelange Aufgabe, bei der ich schließlich auch ausgebildet habe und dann nur noch den Landkreis Donau-Ries betreuen musste. Zu Beginn, Mitte der 80er, hatte ich acht Stunden Zeitkontigent für die Schulpsychologie und 20 Stunden habe ich ganz normal als Lehrerin unterrichtet. Irgendwann bin ich dann vollständig in die Beratung gewechselt, weil die Nachfrage nach schulpsychologischen Angeboten einfach sehr groß war und immer noch ist. Daneben habe ich noch viele Fortbildungen gehalten, allein in Dillingen waren es über 180.

Hast du auch mal Freunde oder Familie analysiert?
IH: Ich war für eine Woche auf einer Gesprächsfortbildung und bin dann zurückgekommen. Mir wurde dann gleich gesagt: „So brauchst du nicht mit uns reden!“ (lacht) Obwohl mein Ex-Mann und ich beide Psychologen waren, war das eigentlich aber wenig Thema zuhause.

Du bist ebenso Supervisorin. Kannst du uns darüber mehr erzählen?
IH: Unter Supervision versteht man eine Beratung, bei der Menschen berufsbegleitend wieder berufsfähig gemacht werden. Diese Beratung gibt es sowohl für Lehrer als auch für Führungskräfte wie zum Beispiel Schulleiter. Die Menschen sprechen über ihre Probleme und gemeinsam versuchen wir mit bestimmten Techniken und aus verschiedenen Blinkwinkeln diese Probleme zu lösen. Die Menschen bekommen so eine andere Vision, wie sie weiterarbeiten können.

Lass uns über dein politisches Ehrenamt sprechen

Seit 2007 sitzt du für die SPD in Bäumenheim im Gemeinderat. Was waren deine Beweggründe, in die Kommunalpolitik zu gehen?
IH: Ich bin durch Christian Scholz (Anm. d. Red.: Vorsitzender der SPD Asbach-Bäumenheim) und meinen Ex-Mann Hans Huber in die Kommunalpolitik gekommen. Sie sind eines Tages bei mir angetanzt und haben gesagt: „Irmi, es wird auch mal Zeit, dass du Verantwortung für die Gemeinde übernimmst.“ Die SPD hat mir als Partei schon immer mehr zugesagt als die CSU. Also habe ich „ja“ gesagt und habe ehrlicherweise nicht damit gerechnet, dass der Ruf in die Politik so schnell kommt.

Gab es kommunalpolitische Entscheidungen, die du absolut befürwortet hast oder absolut dagegen warst?
IH: Die Notwendigkeit eines Neubaus von Schule, Turnhalle und Hallenbad habe ich bereits vor vielen Jahren gesehen. Gut, dass meine Gemeinderatskollegen und der Bürgermeister nun auch dieser Meinung sind. Ich habe jetzt aber schon Bauchschmerzen, weil alle drei Bauprojekte gleichzeitig umgesetzt werden. Die Ausgaben im Bausektor steigen unberechenbar. Ich hoffe, dass alles gut geht, aber da spielt die „große Politik“ natürlich eine Rolle.

Bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2020 wolltest du eigentlich gar nicht mehr antreten, oder? Du hast dich auf den schlechtesten Listenplatz setzen lassen, dennoch hast du die viertmeisten Stimmen bei der SPD erhalten und bist somit wieder in den Gemeinderat gewählt worden. Wie groß war die Überraschung?
IH: Wenn man sich aufstellen lässt, dann muss man natürlich damit rechnen. Aber eigentlich wollte ich nicht mehr antreten. Ich bin aber ein verantwortungsbewusster Mensch und dann sollte man das auch machen, aber natürlich geht die Gesundheit immer vor. Nun sind seit der letzten Gemeinderatswahl wieder zwei Jahre vergangen, wie die nächsten vier Jahre aussehen werden, das weiß ich nicht.

Als gemeindliche Referentin für Integration und Bildung hast du die Flüchtlingskrise 2015 und die Auswirkungen des Ukrainekriegs 2022 hautnah miterlebt. Welche Eindrücke hast du gesammelt?
IH: Ich habe gelernt, dass die Unterbringung von Flüchtlingen nicht bedeutet, ihnen nur Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Diese Menschen sind in vielen
Bereich abhängig. Wir Helfer haben Spielzeug, Möbel oder Fahrräder für sie organisiert. Als dann entschieden wurde, dass das Europahotel in Bäumenheim schließt, war es für uns alle ein Schock. Menschen – Helfer und Flüchtlinge – sind sich über Monate hinweg nähergekommen. Als sie dann mit Bussen in andere Unterkünfte transportiert wurden, durften sie nur das mitnehmen, was sie bei ihrer Flucht dabeihatten. Alle Spenden, die wir für sie gesammelt hatten, mussten sie zurücklassen. Das hat mir das Herz gebrochen! Wir haben dann einen Lkw gemietet und haben ihnen die Gegenstände in ihre neue Unterkunft gebracht.
Nachdem die Arbeit und auch die Bürokratie immer mehr wurde – in den Sommerferien 2016 war jeder Tag vollgepackt und an Erholung vom Schulalltag nicht zu denken – habe ich im Gemeinderat Unterstützung angefordert. Annette Lang wurde dann bei der Gemeinde eingestellt und hat uns sehr entlastet. Als Psychologin habe ich auch bei unseren Helfern die Belastungen gesehen und musste intervenieren. Mittlerweile ist die Situation anders. Das Landratsamt hat nun bessere Strukturen geschaffen.

In Bäumenheim werden in den kommenden Jahren mehr als hundert Wohnungen gebaut werden. Schon jetzt übersteigt aber zum Beispiel der Bedarf an Kindergartenplätzen die Kapazitäten. Wie kann das in den nächsten Jahren funktionieren?
IH: Wir Gemeinderäte überlegen gerade, wie wir die Bauträger an einer Beteiligung in die Infrastruktur einbinden. Wir wollen nicht die privaten Bauherren in die Pflicht nehmen. Eventuell brauchen wir einen neuen Kindergarten, der Abwasserkanal wird mehr belastet und auch der Bau der Schule wird durch mehr Wohnraum beeinflusst. Ich sehe es als absolutes Muss, dass sich die Bauträger beteiligen, dazu braucht es aber eine rechtliche Absicherung. Es kann nicht sein, dass bei den Bauträgern ein großes Plus auf dem Konto steht und zeitgleich ein Minus auf dem Konto der Gemeinde.

Neben Beruf und Familie warst du schon immer eine sportliche Person.

Mit der Damenfußballmannschaft des TSV Bäumenheims konntest du in den 1970er und 80er Jahren auch gemeinsam mit deinen Schwestern große Erfolge feiern. Erzähl uns doch ein bisschen davon.
IH: Ich war sehr gut im Leistungsturnen und bin dann anschließend in die Leichtathletik gewechselt. Als ich zum ersten Mal – nahezu ohne Training – bei den Nordschwäbischen Meisterschaften mitgelaufen bin, habe ich gleich den ersten Platz beim 100 Meter-Lauf belegt. Irgendwann hatten wir die Idee, auch mal Fußball spielen zu können. Natürlich durften wir nicht auf dem Hauptplatz des TSV Bäumenheim spielen, das war den Männern vorbehalten. Am Anfang hat es einfach nur Spaß gemacht, so richtig Fußball konnten wir natürlich nicht spielen. Aber irgendwann haben sich feste Strukturen entwickelt, wir haben eine Damenfußballmannschaft gegründet und hatten unter dem Gelächter der Männer unsere ersten Fußballspiele. Das hat sich schnell publik gemacht und wir sind nach einigen Jahren Bayerischer Pokalmeister geworden. In der Bayernliga haben wir dann auch gegen den FC Bayern gespielt. Von den Spenden der Fans, die uns zu den Auswärtsspielen begleitet haben, konnten wir die Miete für einen Mannschaftsbus bezahlen. Wir waren zu dieser Zeit sehr erfolgreich und hatten sogar Spielerinnen aus Ingolstadt und Augsburg bei uns im Team. Ich habe sogar einmal beim DFB einen Vortrag über unsere Damenmannschaft gehalten. Das war mein schlimmster Vortrag! (lacht)

Seit vielen Jahren stehen aber nun andere Sportarten – ist Yoga für dich überhaupt eine Sportart? – im Mittelpunkt. Du bist ausgebildete Yoga-Lehrerin und hast viele Jahre an der Vhs unterrichtet. Wie bist du zu Yoga gekommen?
IH: Es ging los mit der beruflichen Fortbildung „Entspannung für Kinder und Jugendliche“, die ich bei einer Yoga-Lehrerin in München absolviert habe. Da bin ich zum ersten Mal auf das Thema Yoga gestoßen. Ich war begeistert und habe als Ausgleich zum Fußball meinen ersten Yoga-Kurs besucht. Ich habe mich dann dazu entschieden, Yoga-Lehrerin zu werden und bereits während meiner Ausbildung habe ich Kurse gegeben. Insgesamt habe ich 28 Jahre Yoga-Unterricht gegeben, bei der Vhs und auch bei der Aok. Als Sportart würde ich Yoga nicht bezeichnen, es hat ja nichts mit Leistung zu tun, sondern mit Wohlfühlen und Selbstwahrnehmung. Nur wenn man die Signale des Körpers früh wahrnimmt, kann man etwas für sich tun. Das bedeutet, aber natürlich nicht, dass man die schulmedizinische Seite vernachlässigen darf. Mittlerweile spüre ich es, wenn ich zwei Tage kein Yoga mache, wie mein Körper danach ruft. Ich würde jedem dazu raten, das Wichtigste ist die Selbstfürsorge.

Gibt es eine Yoga-Übung die du unseren Leser*innen zur Entspannung empfehlen kannst?
IH: Ja, da gibt es eine schöne Dehn- und Atemübung: Tief einatmen, die Arme nach oben nehmen, sich Zeit lassen und beim Ausatmen an etwas Schönes denken und die Arme langsam wieder nach unten nehmen. Die Übung ein paar Mal wiederholen.

Mehr als 28 Jahre hat Irmi Yoga an der Vhs unterrichtet. Private Kurse bietet sie auch heute noch an. Bild: Jenny Wagner

Kommen wir zum Self-Rating Test. Schätze bitte deine Fähigkeiten von null Punkten - völlig unbegabt - bis zu zehn Punkten - maximale Begabung - ein

Zuhörerin?
IH: 9 Punkte.

Genießerin?
IH: 5 Punkte.

Organisationstalent?
IH: 9 Punkte.

Abenteurerin?
IH: 4 Punkte.

Mit Leib und Seele Bäumenheimerin?
IH: 10 Punkte.

Liebe Irmi, vielen Dank für das interessante und schöne Gespräch.
 

Redakteurin. Recherchiert und schreibt für online und im blättle. Immer unterwegs, ob bei einer politischen Diskussion, einem Unfall oder im Eins-zu-eins Gespräch mit ihren Interviewpartnern. Zimmerpflanzenbeauftragte im Redaktionsbüro. Steht in ihrer Freizeit auf dem Tennisplatz.
Telefon: 0906 / 977 598 - 22,  E-Mail: jwagner@donau-ries-aktuell.de